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Ich übergebe Unserm erhabnen Kaiser dieses vaterländische Gedicht, das sehr warm aus meinem Herzen gekommen ist. Nur Hermann konnte seine Schlacht wärmer schlagen. Sie, gerecht, überdacht und kühn, wie jemals eine für die Freiheit, und deutscher, als unsre berühmtesten, ist es, die gemacht hat, daß wir unerobert geblieben sind.
Niemanden oder dem Kaiser mußte ich ein Gedicht zuschreiben, dessen Inhalt uns so nah angeht. Und diese Zuschrift soll zu denen seltnen gehören, welchen man ihr Lob glaubt. Was sage ich, ihr Lob? Wenn der Geschichtschreiber redet, so lobt nicht er, sondern die That. Und ich darf That nennen, was beschlossen ist und bald geschehen wird.
Der Kaiser liebt sein Vaterland, und Das will Er, auch durch Unterstützung der Wissenschaften, zeigen. Nur Dieß darf ich sagen.
Aber ich wage es noch hinzu zu setzen, daß Er die Werke, welchen Er Unsterblichkeit zutraut, bei den Bildnissen Derer, die sie geschrieben haben, aufbewahren wird.
Mit gleichen Gesinnungen schätzte Karl der Große die Wissenschaften, indem er die Geschichte zu seiner Wegweiserin machte, die Bewegung der Gestirne untersuchte, die Sprache bildete und die Gesänge der Barden nicht länger der mündlichen Ueberlieferung anvertraute, sondern sie aufschreiben ließ, um sie für die Nachkommen zu erhalten.
Die Zeiten Karls waren seiner nicht würdig; ihr eigner geringer Nachlaß und der Verlust des von ihm gesammelten
Ich kenne keinen stärkern Ausdruck der Verehrung, mit dem ich mich, bei Ueberreichung dieses Gedichts, Ew. Kaiserlichen Majestät nähern könnte, als daß ich meinem Vaterlande und Ew. Majestät Selbst zu Dem, was Sie für die Wissenschaften thun wollen, Glück wünsche. Niemals bin ich stolzer aus mein Vaterland gewesen, als bei dieser Vorstellung. Und mich däucht, ich höre schon mit dem frohen Beifalle Aller, welche von Werthe urtheilen können, die unentweihte Leier der Dichtkunst erschallen und sehe die Geschichte aufstehn, sie den goldnen Griffel nehmen und sich dem dauernden Marmor nahen. Dieser ganze Erfolg wird desto gewisser seyn, je gerechter es ist, Die, welche sich zudrängen, zu entfernen, und je edler, Die aufzusuchen, die unbekannt zu seyn glauben. Diese wird die schönste der Blumen in dem Kranze Ew. Kaiserlichen
Majestät seyn.
Ich würde es nicht wagen, hier von mir zu reden, wenn ich nicht zugleich Ew. Majestät den Namen eines großen Mannes nennen könnte. Ich war Wenigen bekannt, und ich kannte den Grafen Bernstorff gar nicht; dennoch war er es, er mich zu dieser Zeit einem Könige empfahl, dessen Andenken mir auf immer theuer und unvergeßlich seyn wird.
Ich bin mit jeder Empfindung der Aufrichtigkeit und des Vergnügens, welche die freieste Verehrung hat,
Ew. Kaiserlichen Majestät
allerunterthänigster
Friedrich Gottlieb Klopstock.
Unsre Stadt hatte sechshundert und vierzig Jahre gestanden, als wir, unter Cäcilius Metellus und Papirius Carbo Consulate, das erste Mal hörten, daß die Cimbrer gegen uns in Waffen wären. Von dieser Zeit an bis zu dem zweiten Consulate Trajans sind zweihundert und zehn Jahre. So lange überwinden wir Deutschland. In diesem großen Zeitraume, welcher Verlust auf beiden Seiten! Nicht der Samnit, nicht der Karthager, nicht der Spanier oder Gallier, selbst der Parther hat uns nicht öfter an sich erinnert. Denn der freie Deutsche ist kriegerischer, als der beherrschte Parther. Und kann uns der Orient, der durch den Sieg des Ventidius sogar seinen Pacorus verlor, etwas Anderes vorwerfen, als Crassus Niederlage? Aber die Deutschen haben die Consuln Carbo und Cassius und Scaurus Aurelius und Servilius Cepio und Marcus Manlius geschlagen oder gefangen genommen, ihre fünf Armeen der Republik und Varus mit drei Legionen dem Kaiser vertilgt. Und nicht ohne Verlust haben Cajus Marius in Italien, der große Julius in Gallien und Drusus, Nero und Germanicus sie in ihrem eigenen Lande besiegt. Hierauf wurde Cajus Cäsar wegen seiner triumphirten wir in den folgenden Zeiten vielmehr über sie, als daß wir sie überwanden.
Ja, Siegmar, hier ist der Fels eben, auch sind Trümmer eines zerfallenen Altars darauf, wie du mir es sagtest.
Weiter zu deiner Linken hin, wo es weniger unwegsam ist, findest du die Felseneingänge, die wir fehlten.
Es ist das Thal, Horst! Nun, Wodan und alle Götter, dort unten aus diesem Quell sollen sie mir das letzte Blut abwaschen! Römerblut, Jüngling, und meins! Hier ist die Opferstätte. Rufe nun den Druiden und den Barden, hier wollt' ich sie herführen.
Hauptleute aus Cheruskawald! Wer den schroffen Abhang genau kennt, wer den Strauch am Schnellsten haut, Der halle durch, gerad' aus durch, und führe die heiligen Priester und Sänger heraus! Hier, hier ist der Opferfels!
Fünf Reiter sprengen das Thal herauf! Die Weichlinge mit dem Kissen auf dem Rosse! Sie sehn sich überall ängstlich um. Einer fällt von einem Wurfspieß aus dem Busch – nun noch Einer, noch Einer, Siegmar!
Nun, wir Cherusker, meine ich, wollen auch nicht fehlen, wenn wir erst unten sind; meinst du nicht auch, Horst?
Wie ich's meine, Cberuskafürst? Wurf! und Tod! so meine ich's. Ha, nur Varus kann diese Lanze suchen! Sie ist scharfgespitzt! Meine Barthild spitzte sie mir an dem röthlichen Hange des Sandberges, als sie mir nach meinem letzten Schlafe unsern Sohn mit den großen trotzigen Augen zum Abschiedskusse gebracht hatte. Aber auch nur Varus kann sie treffen! Denn er, der uns diesen stolzen Urtheilsprecher mit Stab und Beil hersandte, hält es für sicherer, daß er im Capitol für seine Legionen opfert, als daß er sie führt!
Siehst du noch keine Lanze? Hörst du nichts von der Schlacht? Lege dein Ohr an den Felsen. Der Waffenklang der Sinkenden und der Huf der Rosse schallt besser aus der Erde herauf.
Die Römer halten irgendwo länger Stand als vorher; sonst würdest du die Schlacht lauter hören. Du weißt, daß es unsre kühnste Jugend ist, die ich führe. Was sagten sie von der Schlacht, da du sie verließest?
Sie sagten: Siegmars Silberhaar glänzt heller, als der Mähnenbusch auf der Römer Helm! Aber vorn, vorn sollst du nicht seyn! Sie wollen vorn seyn und sich nach deinem Blick' umsehn, wenn ihr Arm die Mähnen in das Blut stürzt.
Das sollst du nicht, du theurer Alter! Wenn der Beifall deines Auges die Jünglinge entflammt, darin ist mehr Römertod, als wenn dein Arm wirft.
Enkel meiner Brüder, sprich nicht von der Schwere meines Arms! Sobald mein Auge den Blick gegen mir über sieht, so fehlt mein Arm das Herz gegen mir über nicht. Rächen soll an der Hand des unerbittlichen Todes diese Schlacht die Schlacht des Artovist! Ich will ihre Blume brechen! Mein Hermann sogar soll mich neiden! Da, wo das Thal am Breitesten ist, wo die Legionen, mit ihrer letzten Hoffnung Seufzer, nach dem Wodan hinseufzen werden, der auf dem Capitol die Donner hält, da, Jüngling, ändert die Schlacht durch mich ihre Gestalt! Tod war bisher auf beiden Seiten: dann ist auch diesen Beilträgern gerade gegenüber Tod!
Gut denn! Wenn ich dort unten die Adler in meines Sohnes Hand nicht sehe, so seh' ich sie von oben her, aus der glänzenden Mondwolke, näher bei den Göttern!
Ach, mein Vater, es däuchte mir, als ob du schon unter den Barden Walhalla's sängst! Ihr Götter, bei denen er so nah seyn will, erfüllt die Weissagung von seinem Tode nicht!
Wenn ich herunterblicke, so schimmern mir Augustus Adler heller, und röther wird mir das Römerblut an der Lanze meines Sohns! Wodan und alle Götter! habe ich geweissagt, so habe ich Sieg geweissagt! Mein Leben oder mein Tod war keiner Weissagung werth!
Ich will noch mehr von dir lernen, ehrwürdiger Greis. Hermann ist jetzt mitten in der Schlacht. Denkst du an seinen Tod?
Ich muß mich der Freude enthalten, an seinen Tod zu denken. Denn ich lebe nicht lange mehr, und so wäre ich bald wieder bei ihm! Fiele er jetzt, so siegten wir vielleicht nicht! Mit dem Träger des letzten Adlers, den wir nehmen, mag auch er fallen, aber eher, eher nicht! Von dort an, wo die Schlacht anfing, bis dicht an seinen Grabhügel müssen alle Thäler einst von Gebeinen weiß seyn! Wenn Hermann umkommen soll, so falle er zuletzt!
Zu diesem Grabe, an dem die letzte weiße Legion liegt, will ich jeden Frühling meines Lebens hinziehn, es mit Blumen ohne Zahl bestreun und des besten Barden besten Gesang mit allen meinen Freunden, die dich und einen solchen Sohn gekannt haben, unter der glänzenden Mondwolke singen!
Jüngling, du weißt nicht, wie lieb du mir bist! Du labst einen alten guten Mann, Jüngling! Es war
Sie wollen hier durch! Das sind keine Flüchtlinge, es sind Ausgeschickte, die untersuchen sollen, wo die Legionen nun hinkommen; aber sie bringen die Botschaft dem Minos! Wie furchtbar wird euch die Urne des ernsten Gottes tönen, wenn er's euch nun sagen wird, daß euer Krieg ein Krieg der Herrschsucht und nicht der Gerechtigkeit ist.
Aber, ach, mein Vater, könnten die Legionen nicht auch zurückgehn? Welcher Schmerz für dich und deine Jünglinge unten im Walde!
Zurück in das schmälere Thal, wo noch mehr Tod auf sie wartet? Sie wollen, und sie müssen vorwärts.
Denn wir müssen auch hier die meisten haben, jetzt bald zum Opfergesang und zur Aufmunterung meiner lieben Cherusker unten im Walde, die da fechten werden, wo die Schlacht am Blutigsten seyn wird, und hernach für alle unsre Heere! Denn, sobald sich die Legionen unten im Thal' ausbreiten, tönt der Gesang hinunter in die Schlacht.
Ach, Hermanns Vater! Streit wie Wodan, Hermanns Vater! Zu den andern Opferknaben. Stellt euch zum Kriegstanze!
Ja, und auch zum Kriegsgesang. Denn dort unten ist das Thal, von welchem ich mit dir sprach, und hier gingest du mitten durch meine Cherusker. Die letzte Nacht, Barden, da ihr näher bei den Römern wart, machten sie die Bardenburg, und ihr habt gewiß daran gedacht, daß ich euch sagte, sie müßten heut' an der blutigsten Stelle der Schlacht lang' aushalten!
Was sagst du, weiser Greis? werden wir in dieser furchtbaren Schlacht siegen, die nun schon über den dritten Mittag fortdauert?
Steig' an dem Felsen hinab. Es ragt da ein Ueberhang hervor, von dem du weiter an dem Walde hinuntersehen kannst. Sobald du eine Cohorte erblickst, die nicht flieht, sondern in Schlachtordnung vorrückt, so komm wieder herauf.
Hermann, denk' ich, legt auch Adler bei dem Altar nieder. Und vielleicht, daß Wodan meinen Cheruskern und mir auch einen gewährt.
Du hättest mich fragen sollen, warum ich noch nicht darin gewesen bin, und so hätte ich dir vielleicht geantwortet, vielleicht auch nicht!
Ich seh, du hast dich und deine kühnen Jünglinge für die blutige Stunde der Entscheidung aufbehalten. Ehrwürdiger Greis, es ist genug, wenn du Befehl hinunter sendest.
Wer Muth genug hat, Hermann zu gleichen. Denn, ach, mein Sohn – ich mag weder den Namen, den ich ihm gab, aussprechen, noch den sie ihm gaben – er ist unter den Römern.
Stolzer Mann! streiten können wir nicht, wie ihr, aber sterben können wir. Verwünschungen will ich den Römern mit meinen Barden von Wodans Altar entgegen singen und sterben!
Unterjocht nicht, denn sie können nur sehr kümmerlich siegen, wenn sie siegen. Und werden sie denn
Dank sey's den Göttern, daß mein Sohn noch kühner ist! Die Römer kannten diesen Jüngling nicht: nun lernen sie ihn kennen; jetzt in diesem Augenblick, da ich von ihm rede, Brenno, lernen sie ihn immer mehr kennen!
Wenn die Götter es wollen, so will ich es auch. Ich werde wie in meiner Jugend streiten, mich wagen, wie ehmals, nicht mehr und nicht weniger!
Es war schön anzusehn, wie er hoch aus der Luft mit dem blutigen Pfeil' herunterfiel; aber nun ist sein Flammenblick verloschen, mit dem er Römerleichen suchte.
Reich mir den Adler, Barde. Er hält den Adler in die Höhe. Nun, Wodan, laß die andern des Bluts der Säuglingsmörder trinken!
Ihr Druiden! und ihr Barden! es ist heut' ein feierlicher Tag. – Ich bin alt geworden und habe noch keinen solchen Tag erlebt! – Wir müssen heut mit mehr Ernst, als jemals, opfern. Wodan fließt viel Römerblut, aber Jupitern auch deutsches.
Breitet den Adler zum Opfer aus. Weihet die Flamme und bringt sie in der großen Opferschale. Einige Druiden gehen ab. Opfert sehr ernstvoll, Druiden! und ihr, o Barden, überlaßt euch heut' eurer Begeistrung ganz! Unsre Väter und Brüder bluten! Eure Gesänge stärken des Streitenden Arm. Viel Blut der Eroberer müsse heut durch eure Gesänge fließen! Die wiedergekommenen Druiden setzten die Schale mit dem Feuer vor dem Adler nieder. Auf beiden Seiten des Altars stehen die Druiden, und bei den Felseneingängen die Barden. Brenno tritt vor den Altar. Beginnt, Chöre!
Die Barden. Alle.
Der Gesang hat mein Herz erquickt. Es ist seit langer Zeit der erste, den ich wieder in einer Römerschlacht höre. Denn in unsern Schlachten mit uns blutet mir mein Herz, und ich mag dann den Bardengesang nicht hören. Schneidet mir den Eichenzweig: ich will mein Haupt, heut das erste Mal zu früh, mit dem heiligen Laube kränzen.
Da die Barden mit Hermann in dem Lager der Römer gewesen waren, und hernach mit uns bei dem Opfermahl, wo Hermann den großen Eid zu Mana schwur, da dichteten sie gegen die Römer ein heißes Vaterlandslied. Ich habe das Rasen ihrer Hörner gehört, als sie es sich einander sangen.
Wir müssen erst das heilige Laub um deine Schläfe sehn. Er ruft es in den Wald. Komm! komm! schneid' eilend den Zweig! Nachdem der wiedergekommene Druide den Kranz um Siegmars Haupt gewunden hat. Siegmar, dein Silberhaar schmückt den heiligen Kranz.
Mach mich in meinem Alter nicht stolz, Werdomar. Nun denn! ich will heut' auch stolz seyn: denn Augustus soll es nicht seyn, wenn er von dieser Schlacht hört, aus der wir ihm der Boten nicht allzuviel schicken wollen. Aber, wenn es denn der Kranz nicht thut, Werdomar, Blut würde doch das graue Haar des alten Mannes schmücken? Doch beginnt euer Lied, Barden.
Ein Katte. Zu Brenno. Unser Fürst sendet mich zu dir herauf, ich bringe dir seinen Dank, daß du hier opferst und hier singst. Wir haben die hohe Flamme gesehn und den Gesang in den Felsen des Widerhalls gehört. Ihr habt unsre Jünglinge so entflammt, daß sie aus
Du weißt, mit welchem Blick' er schwieg, da Hermann bei Mana schwur. Sein Gesicht ist seitdem wie in einem Gewölk', und er will's nur über liegenden Adlern enthüllen.
Ha, Das wußt' ich von dem Schweiger nicht, daß ihm so viel Feindesblut fließen sollte. Weh den Cohorten auf eurer Seite! Höre, Hauptmann, sage deinen Jünglingen und meinen, daß heut' ein sehr festlicher Tag ist! Ihr sollt noch mehr Gesang hören! Und der Thaten, weissage ich euch, werdet ihr nicht weniger thun, und Das, eh der heilige Mond aufgeht. Der Hauptmann geht ah. Singt meinen Jünglingen, Barden!
Die Legionen säumen lange! Wenn ich nur erst euer Lied unten im Thal' hörte! Dort, denke ich, soll es noch besser hinunter schallen, als es hier durch den dicken Wald den Cheruskern zuschallt.
Der Wald hält das Rufen der Hörner nur wenig auf. Ich habe deinen Namen in der Kluft des Widerhalls gehört.
Nun, Barden, fahrt fort und laßt die Namen der Tyrannen und unsre Namen in allen Felsen des Widerhalls laut tönen. Ihr helft uns siegen, edle Jünglinge! Euer Gesang fliege den blutigen Flug der Lanze!
Hermann schickt dir diesen Helm, Siegmar. Es ist des kühnen Eggius Helm. Er bittet dich, daß du nicht eher mit deinen Jünglingen hervorbrecht, als bis die Legion bei dem großen Quell' ist. Er hat auch zu den Katten und Marsen gesandt. Er hofft, ihre Fürsten werden, ehe die Legion bis zum Quell kömmt, nicht wenig in ihren Seiten gewüthet haben. Er hat Einen von uns auf einen Felsen gestellt, von dem man in das ganze Thal hinab sehen kann. Sobald du angreifst, will auch er, durch einen neuen Angriff, den sechs Cohorten im Rücken der Legionen den Beistand wehren. Diese Cohorten sind lauter Veteranen und haben die wenigsten Todten. Hermann ruht jetzt und läßt die Wunden saugen.
Das hab' ich auch um meinen Sohn verdient, daß er mir diese Erstlinge des Siegs zuschickt. Denn ich lieb' ihn. Ha, Brenno, Das ist reiche Beute, wie sie der Römer Jupiter bringt. Wodan soll auch reiche Beute haben, Brenno!
Siegmar, sie kommen! Eine Cohorte rückt kühn vor. Er und Hermanns Hauptmann geben sich die Hand. Wie geht's uns?
Jüngling, ja bein Quell! geh! Nun, so kommen sie denn endlich! – Kühn, sagtest du? Taumelt's in ihren Seiten nicht?
Ja, die Seiten schwanken, und der Helme sinken dort viele ins Blut; aber der Lebenden seyn nach den Todten nicht hin.
Bald sollen sie noch mehr vorwärts sehn! Die erflehte Stund' ist gekommen, Wodan. Jüngling, Jüngling, du sangst mir ein Walhallalied! Sie kommen! Gehab dich wohl, mein alter Freund.
Du scherzest, alter Mann. Abschied? ein Greis von einem Greise? Laß mir die Opferknaben ... Kommen noch mehr Cohorten, Horst?
Brenno, laß mir die Opferknaben das Lanzenspiel tanzen! Ich muß es noch einmal sehn. Es könnte ja wohl seyn, daß ich es nicht wieder säh'.
Es ist genug. Brenno, sag meinem Sohn' Hermann, daß mich Wodan endlich auch der Schlacht gewürdigt hat!
Erleb', erlebe sie auch, du Freund meiner Jugend und meines Alters! Ach, Siegmar, etwas Trübes, eine Ahnung schwebt vor mir. Mich dünkt, ich werde dich nicht wiedersehn.
Weil sie blutig besser aussehn wird! und Das bald! und weil ich mehr an Varus Tod denke, als an meinen. – Drei Grabstätten wären mir lieb. – Ich kann jetzt darunter nicht wählen. Entweder hier bei Wodans Altar – oder da, wo ein Adler vor den Cheruskern sinken wird oder auf dem Felsen, wo mir Bercennis meinen Sohn Hermann geboren hat.
Auf dem hohen Berge Cheruska's entspringt ein Bach. Der stürzt durch den Bergwald herunter. Der zweite Fels des Thalwaldes, bei dem der Bach vorbeifließt, ist der Geburtsfels meines Sohns.
Ach, mein Freund Siegmar! Nun ist er hingegangen. – Jetzt gilt's Entscheidung. – Kommen die Katten schon aus dem Wald' hervor?
Sie ziehn sich, wie ein dicker Nebel, langsam in den Vorderbusch. Ihr kühner Fürst ist vorn. Ich seh' ihn rufen!
Blutig, blutig wird's entschieden werden! Kedmon, in der Bardenburg bist du näher bei den Legionen. Geh' hinab, o, bring' mir oft Botschaft, wie Wodan die Schlacht lenkt. Kedmon geht. Barden, tretet mehr seitwärts, dicht an den Rand des Felsen, daß der Kriegsgesang lauter ins Thal schalle. Wartet noch: bekränzt euch mit dem heiligen Laube, eh' ihr anfangt. Unsre Krieger unten sollen euch bekränzt sehn, wenn sie herauf sehn. Geht, Druiden, schneidet ihnen den Zweig. Mein Herz schlägt mir laut vor Freuden, Druiden! Einen Tag, wie dieser ist, erlebt man nur einmal! Aber, ach, mein alter Freund, Siegmar! Ich hört' ihn oft von der Schlacht des Ariovist erzählen. Er konnte das Blut der Jünglinge nicht vergessen, mit denen er das Lanzenspiel getanzt hatte. Ihr habt's gehört, mit welcher Rache er es rächen will. Die Barden und Druiden kommen nach und nach zurück. Ach, wenn er nur nicht auch von dieser Schlacht heut' in Walhalla erzählt! Nun, ich höre ihn ja bald wieder erzählen! So ist es recht, so ganz vor an den Rand des Felsen. Von daher rufen eure Hörner lauter ins Thal. O Schlacht, Schlacht, blutige schöne Todesschlacht, wie ungestüm klopft mein Herz nach dir hin! Singt, Barden!
Erhabner Priester Wodans, ich habe geglaubt zu einem Opfer zu kommen, denn der Sieg hat sich nun zu den Römern gewandt.
Sie scheinen sich zurück zu ziehn – um mit mehr Tode umzukehren, meinst du doch? Warum willst du bei dem Opfer seyn, Segest? und es nicht lieber von unten her aus der Schlacht sehn?
Ich nahm nicht viel Antheil an der Schlacht. Das Los hat meine kühnsten Jünglinge Siegmarn zugeführt. Ich fürchte, daß es ein Todeslos gewesen ist.
Vielleicht ist mehr Vaterlandsliebe darin, als du glaubst, wenn ich immer gewünscht habe, daß wir Bundsgenossen der zu mächtigen Römer seyn möchten.
Bundsgenossen? Einen alten Mann und Wodans Priester unternimmst du durch Worte zu täuschen? Weichheit ist in diesem Wunsch' und zu heiße Lebensliebe.
Aber, o Brenno, wenn du die Römer kennen lernen wolltest, wie ich sie kenne, so würdest du die Sicherheit des Friedens dem ungewissen Kriege vorziehn.
Dein ganzes Volk will Freiheit, und du willst Sklaverei! Laß mich keine harte Worte gegen dich aussprechen.
Ein Fürst, und hast nicht selbst überredet! Doch, es war Keiner da, der Deß bedurfte. Warum bist du nicht in der Schlacht? und zwar jetzt, da sich der Sieg wendet, wie du glaubst? Ich seh' es, du traust keiner der Anworten, die du mir geben möchtest. Ich will meine Frage noch kürzer und dir die Antwort entweder leichter oder schwerer machen. Bist du ein Verräther, Segest?
Kanu ich bleiben, wer ich bin, da ich einen Fürsten der Cherusker vor mir sehe, der zur Zeit der Entscheidung nicht in der Schlacht ist, und in dessen Herzen es vielleicht von dem Entschlusse, zu den Römern überzugehen,
Du nennest mich einen Verräther; betrugen sich denn etwa die andern Fürsten weniger schmeichelhaft gegen die Römer, als ich? Durst' ich sie denn nicht mit einschläfern helfen?
Hilf ihnen auch das Blut dieser Tyrannen vergießen, und ich will dir mit Reu gestehn, daß ich ein ungerechter Beschuldiger bin.
Wie kannst du Den einen Tyrannen nennen, welcher seine Freunde belohnt und, die es nicht seyn wollen, mit Weisheit und sanfter Strenge beherrscht?
Ist hier kein Hauptmann, durch den ich seine alten Cherusker bei den Wunden ihrer Söhne anflehen kann, daß sie den Benarbtesten unter ihnen zum Führer machen und sich in die Legionen stürzen?
Beantworte mir meine Frage erst, so will ich dir deine auch beantworten. Wenn ich dir denn zugestehen soll, daß du deßwegen nicht in der Schlacht bist, weil du zu viele Alte unter deinen Hunderten hast, warum kamst du gleichwohl hierher, da du weißt, daß wir an einem Tage nur sehr selten zweimal opfern?
Warte, ich habe dich noch mehr zu fragen. Bist du nicht gekommen, um zu sehn, ob hier noch Hinterhalte
Er hat dafür gesorgt, daß seins nicht fließen kann. Laßt ihn den fürchterlichen Klang unsrer Lieder hören. Sie helfen seiner Freunde Blut vergießen.
Verzeih, Brenno, daß ich zum Altar komme, da nicht geopfert wird. Ein gefangner Römer hat uns mit der Nachricht geschreckt, daß Hermann verwundet sey. Der Ruf breitet sich immer weiter aus. Ich will von mir nicht reden; aber, wenn ihn nun die Cherusker hörten, die Siegmar zur Schlacht hinunter geführt hat!
Todesrache, Thusnelda, wie die wegen Hermann wäre, machte ihnen den eisernen Arm schwerer, stärker, die Lanze blutiger!
Es ist nicht lang' her, da Hermann zu Siegmar sandte. Der Hauptmann sprach von der Schlacht mit Siegmar.
Der Hauptmann sprach nur von der Schlacht. Du weißt, daß Hermann und unsre Hauptleute von der Wunde nicht reden, die nur blutet, und die ihnen ihre Stärke läßt.
Ich kenne dieß fürchterliche Aushalten. Wie oft wurde es tödtlich! Ach, Brenno, du verschweigst mir doch nichts?
Ich habe gesagt, was ich weiß. Aber warum glaubt ihr denn diesem Römer? Entweder kennt er Hermann nicht, oder er will uns zaghaft machen. Hermann
Und ich erinnre mich, wie Die denken müsse, die Hermann gewählt hat! Sein Schicksal sey Wodan überlassen!
Du triffst sehr sicher, Werdomar. Nimm deine schnellste Lanze. Wenn der Priester still steht und herauf sieht und dann umkehrt, so tödt' ihn.
Jetzt scheint er mich zu sehn. Er arbeitet seitdem noch lebhafter durch das Gesträuch, um herauf zu kommen.
Du bist hier, Thusnelda! Sey denn auch du Zeugin, meine Schwester! Brenno, ich überlasse mich dir ganz! Tödte mich auch ohne Los, aber erst nach der Schlacht. Die wenige Zeit, die sie noch dauern kann, will auch ich fechten! Habt ihr keine Waffen hier? Endlich, endlich haben mich die Götter hierher gebracht. Ich entschloß mich schon
Unsre Götter hab' ich angefleht, und sie haben mir geholfen. Auf welcher Seite ist die Bardenburg? Dort werd' ich Waffen finden.
Ach, Brenno! würdigst du meinen Arm keiner deutschen Lanze? Das ist hart. Das verdien' ich nun nicht mehr. Ich will ja nach der Schlacht sterben, wenn sie mich leben läßt. Wenn ich ein Schwert hätte, so schwür' ich euch laut bei dem Schwert', daß ich nach der Schlacht um die Lose nicht bitten will.
Da du Augustus Priester wurdest, schwurst du ihm da bei dem Schwert' oder bei dem Donnerkeil' in des Adlers Klaun? Bleib!
Peinige mich armen Jüngling nicht so. Ich bin ohne Das elend genug. Ach, ich bin umsonst wiedergekommen, wenn ich nicht in die Schlacht gehen darf!
Wir haben sehr warnungsvolle Beispiele, Thusnelda! Ich führe nur eins an. Deines Hermanns Bruder, Flavius, ficht jetzt unter den Römern, wenn anders Wodans Rache den Verräther bis heut leben ließ.
Ich schwör' es euch Allen: Gleich nach der Schlacht will ich ohne Loswurf sterben. Er gibt das Schwert zurück. Ohne deinen Willen, Brenno, will ich keine Waffen haben.
Ich will dir denn traun und den Siegern sagen, wenn sie aus der Schlacht kommen, daß ich dich für redlich halte. Dieß wird dir bei ihnen für Thaten gelten, deren ohne Das wenige zu thun übrig sind.
Ich halte den Anblick der Sieger nicht aus, wenn ich nicht mit ihnen aus der Schlacht komme. Tödte mich jetzt hier.
Flavius, Flavius! und .. Du kennst die Menschen noch nicht, Thusnelda! Ich bin ein Greis geworden, ehe ich sie habe kennen gelernt. Die Menschen drüben über den Eisgebirgen meine ich: auch die meine ich, die unter ihnen ihre deutsche Stammart ausrotteten. Ha, Jüngling, ist dir noch Muth zu sterben übrig geblieben? Führt ihn hinunter an den Bach, weit von dem Auge seiner Schwester weg, und tödtet ihn!
Gib ihm Waffen, gib ihm Waffen, Thusnelda! Such' ihm die besten Waffen aus, Thusnelda! Er ist unschuldig! Siegmund! Siegmund umfaßt Brenno's Knie. Steh' auf, mein Sohn! Ich will dich mit deinen deutschen Waffen sehn, Thusnelda's Bruder! Komm' hieher zurück. Du kannst von hier, die Felsen hinunter, in die Schlacht gehn! Waffen, wie sie Siegmar und Hermann tragen, sind schön. Ich will dich damit sehen. Gebt ihm den Blumenschild! Windet ihm den Eichenkranz um! Er hätte schon Thaten gethan, wenn er sich früher hätte losreißen können. Thusnelda und Siegmund gehen ab. Ich erschrecke noch davor, Druiden! Bald hätte ich diesen reuvollen Jüngling verurtheilt,
Nun, ich hab' ihn Wodan überlassen! Geh zurück. Komm, komm, mein lieber Siegmund, den ich verkannt habe! Hat dir Thusnelda diesen Schild gewählt? Laß mich ihn sehn. Er nimmt den Schild. Warum schattet's nicht auf deine Stirn? Bringt mir einen Kranz des heiligen Laubes. Diese Blumen hier sinken vor der Sichel. Ja, so sollen deine Feinde sinken!
Tritt näher zum Altar. Du weißt nicht, wie sehr du mir in den Waffen deines Vaterlands gefällst! Aber dein Haar fliegt!
Ich mußte eilen. Es mag fliegen. Es ist mir genug, daß ich den Schild und die Lanze meines Vaterlands habe.
Tritt ganz dicht an den Altar, Siegmund! Hier hat vor Kurzem ein weissagendes Opfer geflammt, ein
Mein ganzes Herz dankt dir, mein Vater Brenno! Ach, wie wird mir nun der Gesang von dem Altar' heruntertönen!
Brenno, Brenno! Siegmar ist von einer Lanzenwunde hingestürzt. Kaum konnten sie ihn aus der Schlacht führen.
Sie wichen, aber der junge Bojorich ließ sich schnell hervortragen. Kaum sahn ihn die nächsten Hunderte oben auf dem Schilde stehn, als sie ihm gleich zuriefen: Wodan mit dir, Bojorich! Er sprang schnell herab und eilte mit dem schreckenvollen Blicke seiner großen Augen vorwärts.
Barden, so oft sich der Gesang wendet, so ertönen eure Hörner von Ausrufen des Kriegsgeschreis! Barden, ihr müßt keins der Völker Deutschlands vergessen! Meine Cherusker sind es zwar, die sich vor Allen und in großen Schaaren dem Tode fürs Vaterland hingestellt haben; aber auch aus vielen andern Völkern sind nicht kleine Haufen da, diesen elenden Tod zu sterben, und aus Allen rief unser gerechter Zorn und Hermanns Heldenname die Jünglinge herbei, welche die ersten Waffen oder Blutringe tragen.
Haltet nun ein Wenig inne, Barden! Wir zeigten ihnen bisher durch unsre Lieder, was für Thaten wir von ihnen erwarteten. Wir müssen sie auch durch unser Stillschweigen ehren!
Erster Priester und erster Richter unsers Volks, verzeih', daß ich dich anrede! Wir drei können der Barden Lieder nicht mehr aushalten. Ach, dürfen wir nicht hier den Felsen hinunter steigen und hinter den Schilden unsrer Väter irgend einem fallenden Römer auch unsre Lanzen ins Herz werfen? Ach, du blickst uns sehr ernstvoll an! Sieh nur, wie blank und wie leicht unsre Lanzen sind! Dürfen wir nicht wenigstens einen Helm aufnehmen und ihn uns an dem Felsen herauf reichen und ihn dir bringen? r soll nur dort wo in die Sträuche hingelegt werden und nicht an den heiligen Altar.
Ach, wir stehen ja hinter unsern Vätern! und, kommen wir auch einmal hervor, wird einer von diesen Männern mit den schweren Wurfspießen nach uns zielen?
Dank sey's Wodan, daß dich mir mein Weib geboren hat! Aber hinunter in die Schlacht sollst du nicht gehn! Sie ist heut zu blutig!
Auch du, mein Vater, verlässest mich? Er weint. Nun, o Hertha, eine solche Römerschlacht erlebe ich nie wieder, wenn ich auch alt wie Siegmar werde, und ich Aermster darf sie nicht sehn! keine Rüstung tönen hören! keine Rüstung eines fallenden Römers tönen hören. Mein Vater? mein bester Vater?
Brenno, nun kann ich nicht mehr! Er nimmt ihn bei der Hand. Ich bring' ihn Wodan und dir! Thu, was du willst.
Halt mich nicht so! Reich mir deine Hand und versprich mir: Du wirfst deine Lanze nur nach Römern, die schon bluten!
Erhabner Priester Wodans, ich kann keine Unwahrheit sagen! Das Blut glüht mir ins Gesicht herauf, ich habe schon eine gesagt! Ich kann hinter den Schilden nicht bleiben!
Ha, kommt! kommt! hier den Fels hinab! Nachdem sie schon nicht mehr gesehen werden, kehrt er wieder um und nimmt Schild und Lanze. Ich bringe meiner Mutter goldne Ringe mit, mein Vater! Dank dir, großer Richter deines Volks!
Mein Sohn, mein Sohn, komm zurück! Indem er sich umwendet. Ihr Götter, diese zarte Blume soll doch nicht jetzt schon wegblühn?
Die Cherusker Hauptleute führten gut, aber sie hatten keinen Feldherrn. Mit kleinen Schritten zwar und mit toddrohendem Stillschweigen, allein sie wichen gleichwohl zurück. Die Hauptleute der Bardenburg riefen mir zu: Eil' hinauf und fordre Schlachtgesang! Indem kamen Reiter über die Büsche hergesprengt, einer stürzte und starb. Sie schrien: Hermann kommt! Gleich darauf sah ich ihn mit seinem jüngsten Kriegsgefährten kommen. Ich hab' ihn noch nie so gesehn. Lang, wie die junge Tanne, war sein gestrecktes Roß! Sein Haarbusch wehte fürchterlich! Er hatte Thusnelda's Brautschild mit den Purpurblumen. Eine Römerlanze, denke ich, hatte er; aber er flog zu schnell vorbei, und die Lanze war zu blutig. Ich konnt's nicht unterscheiden.
Seine Wunde ist noch tödtlicher dadurch geworden; aber wir mußten ihn herauf führen. Er will bei Wodans Altar sterben.
Führt mich zum Altar'. Ich fühle sie schon nicht mehr! Es ist eine Todeswunde, Brenno! Lehnt mich an den Altar.
Ich will keinen Teppich. Halt mich, Horst. Ich will nicht eher liegen, als bis ich todt bin. Was weißt du von der Schlacht, Brenno? Wie rächt mich mein Sohn?
Wodan, ich bin (ja, es ist eine Todeswunde!), ich bin zu deinem Altar gekommen. Laß meinen Sohn nicht zu früh sterben! Welche Glückseligkeit meines Lebens, ein letzter Labetrunk im heißen Durste würde mir Das seyn, wenn ich die Botschaft von unserm völligen Siege noch hörte!
Brenno! Ach, Siegmar, du bist todesbleich von deiner Wunde! Brenno, Hermann sendet mich zu dir herauf, er sagt: Die Legionen können noch durchkommen, und er sterben! Er wählt dich Er tritt herauf. ich soll Das vor allen diesen Zeugen hier oben sagen, er wählt dich zum Wergobreth!
Nicht lange, hoffe ich, und ich kann es ihm nicht mehr sagen: denn rächen, rächen will ich dein Blut, edler Greis!
Was trauerst du denn, Brenno? Es sind zu viele Römer verwundet, zu viele todt! Wir siegen gewiß. Die Zeit ist ganz nah, daß Hermann auch fallen kann. Auch sagt mir mein Herz laut, daß Wodan den alten Siegmar aus keiner Niederlage seines Volks nach Walhalla hinübergehen läßt! Barden, singt mir den Gesang Derer, die ihr Vaterland mehr als ihr Leben liebten. Nein, singt nicht mir, singt hinunter in die Schlacht. Ermuntert sie nicht zum Siege. Davon singt, daß kein Römer entrinnen muß!
Ich kenne deinen Muth, Siegmar, der dich auch im Tode nicht verläßt. Ich kenne aber auch den oft schnellen Umsturz menschlicher Dinge. Ihr wißt den unbekannten Weg, Druiden, der um den spitzen Felsen herum zum Walde führt. Den nehmt, wenn die Römer noch siegen. Vielleicht nehme ich ihn auch, vielleicht sterbe ich lieber hier. Ich bin noch nicht entschlossen, ob ich Wergobreth seyn will.
Es ist nun Zeit, Siegmar, daß ich hinunter geh' und deinen Tod räche. Ich sterbe lieber in der Schlacht, als bei deinem Grabe.
Diese Sitte unsers Volks liebe ich nicht, daß der Freund mit dem Freunde stirbt! Du sollst nicht sterben, Horst!
Du sollst aber wegen der Legionen leben, die
Und man sollte von mir sagen, daß ich vielleicht aus Zaghaftigkeit (auch nur Vermuthung ist bitter!) länger gelebt hätte, als Siegmar?
Und ich sag' hier laut, daß dieser Jüngling wegen der Legionen, die kommen werden, leben bleibt! Schwöre mir's, oder ich hasse dich in meinem Tode!
Wißt ihr, Barden, wie mir gewesen ist, daß ich diesen Leichengesang der Legionen noch gehört habe? Es ist mir gewesen, wie dem Jünglinge, der am Tage seiner ersten Waffen die Waffen blutig sieht. Ach, es war schon der dritte Tag, da einst meine bluteten. Aber ich hatte gleichwohl auch der Freuden viel! Ich zögerte, da ich zum Bache gehn mußte, das Blut von meiner schönen Lanze zu spülen. Ich mußte hin! Mein Vater wollt's! Sein Vater hatt' es auch so gewollt! Es ist gleichwohl eine gute Sitte! Ich mußte hin. Aber ich fiel in jedem Strauche, weil ich die schöne blutige Lanze immer ansah. Ich hab' es wohl eher erzählt. Erst mit dem letzten Strahle der Sonne floß das letzte Blut in dem Bache fort. Und so kam ich mit blinkender Lanze zum Siegsmahle! Aber singt mir nun das Lied Derer, die ihr Vaterland mehr als ihr Leben liebten. Denn ich sterbe!
Mildert den Schall der Hörner nicht und wendet euch von mir mehr nach dem Thal' hin. Denn das Lied ist auch für Die, welche unten in der Schlacht sterben.
Stärker! sag' ich. Verzeih mir, Werdomar! Ich schlummre schon hin! Wenn ich hinauffühle, so däucht mich's, daß der Kranz in der Schlacht gewelkt ist. Ja, es däucht mich, daß ich auch Blut daran fühle! Bringt mir andres Laub, bringt mir junges Laub, bringt mir frisches, helles Sommerlaub von Thuiskons großer Schatteneiche!
Du guter Brenno, ja, ich sterbe! Reich mir deine Sichel her! Das ist eine große, goldne Sichel! Die Tribunen haben nun goldne Schilde! Ich hab' einen solchen Tribun gesehn, Brenno! Sterben sollen sie auch! sterben! Brenno geht. Wo ist mein alter Freund Brenno hingegangen?
Ist er in die Schlacht gegangen? Will er auch sterben? Wo ist mein Sohn Hermann? Ist er schon todt? Nun, Hermann, Hermann! Siegmar und Bercennis Sohn! (Flavius muß zu Minos hinunter! Lass' ihn Walhalla selbst nicht von fern sehn, Wodan: denn zu furchtbare Ahndung träfe ihn dann!) Nun, Hermann, mein Sohn Hermann, du Knabe mit dem großen blauen Auge! Habt ihr einen Jüngling das Lanzenspiel tanzen gesehn, wie ihn? Du guter Hermann, wärst du bei mir gewesen, so hätte ich sie nicht, diese Todeswunde! Nun, so bist du denn mein Genoß bei dem Siegesmahle Wodans!
Den Kranz, den du in der Schlacht getragen hast, wollen wir bei dem ersten Opfer mit in die Flamme werfen! Siegmar, ich bin glücklich in meinem Leben gewesen. Weil ich Das war, so habe ich mir wenig
Du! und ich! und Hermann! meinst du? Aber du kömmst uns ja bald nach. Barden, ihr habt den Grabgesang nicht vollendet.
Du mein Vater? Du bist der blutige Centurio! Geh'! Ist Das der schreckliche Varus dort am Altar? Warum faßt Varus Wodans Altar an? Du sollst Wodans Altar nicht anfassen, du Feldherr der Tyrannen!
Was naht sich mir für eine Jünglingsgestalt aus Walhalla? Ist Das der Geist meines Sohns Hermann? Ist mein Sohn nun todt? Mein Sohn Hermann, geht der Weg nach Walhalla hier bei dem Altar vorbei, so nimm mich mit, mein Sohn Hermann!
O Siegmar, sieh' hin! Es ist Werdomars Sohn. Wodan würdigt sogar diesen Knaben, daß er ihn aus der Schlacht zu sich ruft.
Soll denn Varus immer hier bei dem Altare stehn? Er sprach von Walhalla. Er muß nicht von Walhalla sprechen. Hat er die Barden alle getödtet? Hat er meinen Vater auch nach Walhalla gesandt? Soll er denn immer noch hier bei dem Altare stehn? Die Jünglinge haben genug geblutet, daß er den heiligen Altar nicht anfassen sollte. Ich hab' auch geblutet!
Ja, du blutiger Varus! Verloren hast du sie, die Schlacht, und alle deine Schilde und alle deine Adler verloren und alle deine Lanzen und alle deine Beile! Gleichwohl dulden sie dich immer noch hier bei Wodans Altar! Was haltet ihr mich so? Wer hat meine Lanze? Der blutige Mann ist ohne Schild! Wer hat meine kleine, schöne Lanze? Ich traf wohl eher den Geier im Fluge! Ich will's nicht fehlen, dieß Römerherz. Denn hat ihm nicht Hertha den Schild vom Arm heruntergeschlagen?
Verloren, sagst du? was denn verloren? Wo bin ich denn? Verloren hätten wir sie, diese lang berathschlagte, kühne Schlacht, die so schön begann und so schön fortschlug? Nein, o Erscheinung dort, du bist der Geist meines Sohns Hermann nicht! Ha, bei Wodan, der bist du nicht! Von seinem Stammeln an hat mein Sohn Hermann keine Unwahrheit gesagt, und er sollte auf dem Wege nach Walhalla eine sagen?
Am Abhange, denke ich, sind Mooshügel, daß ich mein armes Kind darauf legen kann und ihm die Wunde saugen.
Was faßt ihr mich nun so stark an? Ja, stoßt mich nur hinunter, weil ihr den blutigen Varus nicht hinunter stoßen wollt.
Nein, nein, mein Auge trügt mich nicht! Sie weichen, auf allen Seiten weichen sie! Ja, ja! Ihr Götter, ihr täuscht mich doch nicht, o ihr Götter? Ja, sie weichen!
Was führt ihr mich denn auf dem Schlachtfeld' umher, wenn ihr die Bilder und die Adler zwischen den Leichen nicht aufheben wollt? Was zögert ihr denn? Sollen die großen Denkmale unsers Siegs nicht in den Hain gestellt werden? Das ist ein schwerer Schlummer gewesen! Ich weiß nicht, wie lang' er gedauert hat, Brenno. Werden wir bald siegen? oder haben wir schon gesiegt?
O Wodan, dem wir opferten! Sie fliehn! sagt ihr? sagt ihr? O Wodan! nur Wenige. Bei der Mäßigkeit, in der auch unsre Söhne nach mir leben werden, brauchen sie auch der Sklaven nicht viel.
Mein theurer Siegmar, vernimm der Siegsfreuden eine! Sogar unsre Knaben sind nah bei den Römerlanzen gewesen! Werdomar saugt seinem Sohne eine Todeswunde!
Ihr Götter, ihr gebt mir liebe Gefährten nach Walhalla mit! Das thun die Götter, daß wir solche Knaben haben! O mein Vaterland, an uns, an uns wollen sie die Kette nicht klirren hören!
Hermann sendet mich. Es ist geschehn! Sie ist vollendet, die blutige Schlacht, wie keine war! Fürchterlich war unser letzter
Bleib', Hauptmann. O Wodan! Dank dir, o Wodan! Einen schönern Tag konnte kein Deutscher erleben, und den lassest du mich sterben! Wie sanft wird der Mond auf meine Leiche scheinen! Barden, vergeßt meines Namens nicht! Ich liebte mein Vaterland, ich liebt' euch auch, und ihr mich!
Ich weiß nicht, ist es die Freude oder die Wunde, daß ich schon jetzt sterbe? Deine Hand, deine Hand, Brenno! Ich fühle den Tod, Brenno! Nun, bis zum Wiedersehn! Laß meinen Sohn Hermann erst das Siegsmahl halten, eh du ihm meinen Tod ...
Nein, nein! – denn du hast Recht, Siegmar, – du bist an dem schönsten Tage deines Lebens gestorben – nein, ich will nicht weinen! Bleib', Hauptmann, du sollst es seinem Sohn nicht sagen! Keiner soll es seinem Sohne sagen. Ich will Das thun. Geh du, Druide, zu Bercennis, daß sie ihre Thränen schnell trockne und es ihrem Sohne nicht sage. Bringt einen Teppich. Legt ihn hier seitwärts, hier weiter hin nach dem Gesträuche zu. So, Horst. Der Schild und die Lanze müssen bei dem gefallnen Sieger liegen!
Breitet den Teppich über ihn aus. O Siegmar, Siegmar, nun kann es deines Volkes Dank nicht mehr, nun kann dich nur Wodan belohnen!
Und er belohnt dich! Du bist nun da, wo die Freude keine Wolken hat. So kennen wir sie nicht. Mir bewölkt sich sogar die Freude über unsern Sieg. Mir erfochten sie ihn nicht! Ich kann seiner nicht genießen! Denn ich weiß nicht, ob Hermann nach diesem Traueranblick' es können wird, weiß nicht, ob der furchtbare Jüngling, um den Genuß zurückzurufen, beschließt, daß er durch die Schatten der Legionen, welche Augustus senden wird, seinem Vater Leichenbegängniß halten will.
Sie bringen einen Römer herauf. Ja, Alles, alles ist entschieden, weil sie Zeit haben, Gefangene zu führen.
Es ist keine Schlacht mehr. Ganze Manipeln werfen die Schilde und die Lanzen weg. Der Gefangne kömmt. Dieser Römer muß nicht weit vorgedrungen seyn. Er hat keine Wunde.
Er hat gewollt, daß wir ihn zu Hermann führen sollten. Wir bringen ihn hier herauf, weil Hermann bald hierher kommen wird.
Du bist kein Deutscher! Wir fechten nicht gegen unser Volk! Und ohne Blut kommst du aus einer solchen Schlacht?
Wenn es dir scheint, daß ich nicht sterben gelernt habe, so werde ich hier bei euch bald zeigen können, daß ich es weiß.
Wenn du wirklich ein Deutscher bist und also wider dein Volk gestritten hast, so bist du uns zu gleichgültig, um zu bemerken, wie du stirbst! Aber wer bist du?
Wir, sagst du? Ich sehe, daß du uns durch diesen deinen Stolz noch verächtlicher werden und so dem Tode entgehen willst! Fliehn hast du gelernt, aber nicht sterben! Sehet den Verworfensten unsers Volks, weil er Hermanns Bruder ist!
Ich dachte, unsre Lanzen würden euch bald in das Reich des Stillschweigens hinabsenden, weil auch ihr dieß kleine Volk – klein ist es gegen die Römer – anfeuert, sich immer unglücklicher zu machen.
Dieß kleine Volk, elender Mann, hat heut die drei ältesten Legionen Roms vertilgt! Bald wirst du eure Adler sehn und unsern Hermann, der dein Bruder nicht mehr ist!
Alles, was ich euch zugestehen kann, ist, daß dieser volkschmeichelnde stolze Jüngling die drei Tage her nicht wenig kühn gewesen ist. Mein Blut wallet mir heiß auf, wenn ich daran denke, daß ich diesen jüngeren Sohn meiner Mutter jetzt sehen muß.
Meinst du, die siegenden Fürsten werden sich zu dieser Aufmerksamkeit auf ihn herablassen? Sie, die das Todesurtheil über drei Legionen so laut aussprachen, daß es in allen Palästen Augustus und um jeden Altar des Capitols wiederhallen wird!
Der Tod schwebt über dir! Ein Wort, und keins der Schwerter hier, das nicht gleich gegen dich wüthe! Soll ich seinen Namen nennen, Werdomar?
Nah schwebt der Tod über dir, sage ich. Ein Name, sage ich, oder auch ein Anblick, und du bist nicht mehr!
Mit Dem, der alle diese Schwerter hier gegen dich zücken kann. Ich weiß nicht, wie hart das Herz eines Verräthers ist, aber auch dem härtesten unter allen könnte der Tod selbst nicht bittrer seyn!
Nun, nun bin ich wieder die Glücklichste unter allen meinen Gespielinnen! Denn Hermann lebt, und den größten von allen Siegen über die Römer erfochten Deutsche! Gestatte mir, Brenno, daß ich mich dem heiligen Altar nähere. Ich will hier unsern Hermann erwarten. Denn so muß ich den Liebling des Vaterlandes heut nennen, obgleich mein Herz ihn niemals lauter meinen Hermann genannt hat! Glücklicher, glücklicher war nie ein Weib eines ehrenvollen Mannes, als ich heute bin! O Hertha, welch ein Tag ist dieser! Jungfrauen, eure Blumen sind doch die schönsten unter allen Blumen?
Stolz deines Mannes, so wie der edle Jüngling der Stolz seines Volkes ist, Thusnelda, ja, du bist sehr glücklich, Thusnelda!
Ungestüm schlägt mir mein Herz, daß ich kaum weiß, wo ich mich hinwenden soll! Eure Blumen, Jungfrauen, sind doch die schönsten unter allen Blumen?
Ihr Gefährtinnen meines Lebens, meine Gespielinnen, als ich ihm den ersten Kranz wand, habt ihr's gehört, was Wodans oberster Priester von ihm sagte? O Mond, wie gehest du heut' in unsern Hainen auf! Hat er jemals so schön durch das heilige Laub geschimmert, meine Gespielinnen? Wer ist dieser Römer in der Kette?
Ihr Götter! Hermanns Bruder? und er ist hier? und er entweiht Wodans Altar so nah'? Er soll doch nicht sterben, Brenno?
Gesiegt, gesiegt, wie sie selbst niemals siegten, bis zur Vernichtung der Legionen gesiegt! Römerschilde, Barden! Er schlägt sie zusammen. Römerschilde! Doch ich bin nah bei dem Altar. Verzeih, Brenno, daß ich seiner und deiner vergaß. Ich glaube, ich vergaß in dieser Freude des Gottes selbst, wenn er hier stand!
Hermann kömmt! O Vater Brenno, welch ein Sieg! Hermann, der ihn erfochten hat, Hermann der Retter seines Vaterlands, kömmt, Vater Brenno! Hier sind die Beile der Blutrichter.
Meine Mutter pflegt des ehrwürdigen Greises, sonst wäre sie gewiß hier. Horst, erst an Mana's Felsen herum! Dann durch die Wasserkluft! Dann durch den Bach bei der neunten Eiche! Dann das verwachsne steinige Thal hinauf. Am Ende des Thals kömmt Vala vorbei. Arbeiten sich euer Viele durch, so fesselt Sklaven; aber, sind eure Haufen nur klein, so müssen er und seine Reiter ohne Schonen alle sterben. Du hast mich gehört, Horst? Bei der neunten Eiche. Denn der Bach ist sonst überall zu reißend und zu steinig im Grunde.
Edles Weib meiner Jugend! Ja, ich lebe, meine Thusnelda! Steh' auf, du freie Fürstin Deutschlands! Es war heiß und blutig in der Schlacht! Steh' auf, Thusnelda! ich habe dich noch nie geliebt, wie heut! Blumen hat mir meine Thusnelda gebracht?
Nein, Hermann, deine Thusnelda, die freie Fürstin Deutschlands, soll noch nicht aufstehn. Meine Liebe zittert hier wohl in meinem Herzen; aber ich wage es heut nicht, dich anders als mit Ehrfurcht anzusehn!
Steh' auf, mein edles Weib! Bald will ich bei dir in deinem Kriegswagen sitzen. So eilen wir an dem Rhein hinauf und sehen vor uns und hinter uns die Schlösser der Römer brennen. Barden! Ihr habt noch nie so viel Theil an den Ehren der Schlacht gehabt. Doch, ich erzähle euch Das alles bei dem Mahle. Eilt jetzt und singt Wodan den Siegsgesang!
Ist hier kein Felsensitz? Die Legionen haben mich müde gemacht. Wer den schattigsten Quell kennt, Der
Jupiter hatte Rom hoch erhöht. Unsre Schlacht lehrt mich von Neuem, daß es über seinen Gipfel weg ist und herunter steigt. O du Edelster unsrer Fürsten, unterjochen sollen sie uns nun nicht!
Wähl' und weihe die Eichen, Brenno, in deren Schatten du diese hohen Adler und diese Cohortenbilder hinstellen willst. Ich verberge es euch nicht, meine Stirn glühet mir, und mein Herz schlägt mir laut, wen ich diese Denkmale unsers Siegs ansehe.
Ich kann dir's nicht aussprechen, Hermann, was mir diese Adler jetzt für ein Anblick sind. Wie furchtbar kamen sie mir vor, wenn ich ins Lager der Römer hinunter sah! Und wie wenig sind sie es hier! Gib mir deinen Adler, Hauptmann! Sie besieht ihn mit Aufmerksamkeit. Hermann wird Wasser in einem Helme gebracht. Nimm ihn, nimm ihn! er hat im Blute gelegen!
Wie ich ihn nahm? Wir waren Zwölf, sieben Brüder und fünf Brüder. Wir schwuren bei Thuiskon, daß wir einen Adler nehmen wollten. Da nun mein
Meine Braut sagte zu mir: Einen Adler, oder ich mag dich nicht wiedersehn! Es war mir, als sänge sie mir Bardengesang; aber ich antwortete ihr nicht. Ich hab' auch nur in der Schlacht gespielt, als wär's Waffentanz gewesen. Allein, da die Adlercohorte von Neuem vordrang, und der Kriegsgesang eben sehr stolz herunter scholl, da wüthete ich, daß ich nicht mehr weiß, wie ich ihn nahm! Nun habe ich ihn, und meine Braut seh' ich auch wieder.
Diese Jünglinge, Brenno, müssen künftig dicht hinter den Fürsten stehen, wenn du opferst. Thusnelda, den Adler des Bructerers hatte die neunzehnte Legion. Sieh' ihn an, Thusnelda! Er ist uns merkwürdig. Sie erzählen seine Geschichte wie eine Göttergeschichte. Ich begleitete einmal Varus zu der Legion, die in Waffen stand, und er war kühn genug, sie mir zu erzählen!
Bei Hertha, dieser Adler muß sehr merkwürdig seyn. Denn dein Auge glüht ja, und du bewegst die Lanze, als du thust, wenn du es bei meinem Wagen nicht mehr aushalten kannst und zurück in die Schlacht sprengen willst!
Bewegte ich die Lanze, Thusnelda? Einer der Adler aus jener Vertilgungsschlacht, da Marius ... da
Sie rinnt der Freude und dem Blute, dem der Tod verstummt! Nach einigem Stillschweigen. Aber sage mir, wer sind diese Römer auf den Cohortenlanzen? Sind's Kriegsgefährten Marius'? oder ihre Söhne? Wer sind sie?
Ja, um besser durch eure Gebirge und Wälder fortzukommen. Hätte Varus die Legionen geführt, wie wir jungen Hauptleute unsre Manipeln, so stünde ich nicht hier!
Der Sieg war also euer, wenn Einer von euch die Legionen führte? Höre, Centurio, eh wir die Gerechtigkeit unsers Kriegs und eures Kriegs ausmachen, werden erst noch andre Dinge ausgemacht: Ob du, und zwar jetzt gleich, sterben sollst? Oder ob ich die Druiden das Todeslos über dich werfen lassen soll? Ob ich dich, als Hüter einer meiner kleinsten Heerden, in eine Hütte oder nach Rom schicken soll, damit Augustus durch den Ausforscher unsrer Wälder recht genaue Botschaft von der Schlacht höre?
Was, wenn ihr nun aus dem Taumelkreise eurer Herrschsucht herausgestoßen seyd, was dann Jupiter, die Rache des Donners in der rechten Hand, zehntausend Meilen in den Abgrund hinunter so nennen wird!
Ich bin jung; aber du irrst, wenn du glaubst, die Begierde, in dem Taumelkreise zu bleiben, sey so heiß bei mir, daß ich, von ihr verführt, aufhören werde zu reden, wie ich denke. Gerecht ist ein Krieg, wenn ..
Schweig' hiervon. Du sollst bei Wodans Altare von dieser ernstvollen Sache nicht sprechen, von der du ohne Das nicht sprechen kannst. Sonst irrst du auch noch so sehr in einer andern, und die, da du glaubst, es liege mir daran zu wissen, wie du denkst. Ich habe mit dem Feldherrn und den Legaten geschlagen: sie und die Legionen sind vertilgt: wie kann ich auf das Geschwätz einiger Hauptleute hören, die das Schwert vergaß?
Jüngling, käme Scipio selbst aus seinem Walhalla herauf und träte hier vor uns hin, so antwortete ich ihm, daß der stärkste und der tiefste Grundpfeiler eurer Größe Ungerechtigkeit ist, daß ein Sturmwind der Götter das Felsengebäu niederstürze wird, und daß der dann vielleicht aus dem Norde stürmt!
Zu stolzer Sieger, ich bin aus einem Stamm großer Männer, ich heiße Valerius und kann ein Feldherr werden, der weder sich, noch seine Legionen vertilgen läßt.
Und du fühltest nicht, daß mir der Römer sehr gleichgültig seyn müsse, der an einem Tage, wie dieser ist, seine Zuflucht dazu nimmt, daß er von künftigen Feldherrn und von künftigen unzuvertilgenden Legionen spricht?
Du willst mich überreden, daß du Muth zu sterben hast. Aber du wußtest so gut als ich, daß es das Schweigen nicht allein ausmacht. Du bringst auch Botschaft!
Ihr Jünglinge von hohem Geschlecht – denn viel andre Vorzüge habt ihr nicht, ihr Jünglinge ohne Wunden – Hermann, der Liebling seines Vaterlands, ist diese drei furchtbaren Tage Heerführer der Deutschen gewesen!
Ihr wollt, daß ich mit dem Stolz' eurer Triumphatoren nur leise und einsylbig von meinem Siege reden soll. Vor der Schlacht red' ich niemals; aber nach der Schlacht rede ich, wie mir's aus dem Herzen zuströmt. Nennt mir ein Volk, das euch besiegt hat, wie wir heut? Die Parther etwa? Mein ganzes Herz dankt den edeln Parthern für ihre Schlacht; aber wie wir fochten sie nicht! Crassus und seine Legionen starben in der Sandwüste vom. Durste, und so tödteten sie die Parther vollends, die ohne
Du schmeichelst dir doch nicht etwa, daß Tiberius säumen werde, mit neuen Legionen zu kommen? Darum rathe ich dir, daß du deine Bitte um andre Waffen bald erhören lassest.
Du sprichst wieder von Dem, was geschehen soll. Weil du so gern vom Künftigen sprichst, so sage mir: Wie wird Augustus die Boten von Teutoburg aufnehmen? Werdet ihr ihm das neue Kriegslied bei dem Nektar nach der lydischen Flöte vorsingen? oder ihm bei Livia's geheimsten Hausgöttern die unvermuthete Staatsvorfallenheit ins Ohr anvertraun?
Wird er die Beschließung selbst ausführen? Höre, Sohn der Valere, bring' uns euren großen Imperator in unsre Wälder, und du sollst belohnt werden, wie man selten belohnt wird. Einen Blumenschild sollst du tragen, sollst bei dem Opfer nah' am Altare stehn, und im Bardengesange soll dein Name tönen! Führt diese Gefangnen zu den andern, doch legt ihnen keine Ketten an.
Erst bringt ihr Botschaft. Wenn ihr sterben wollt, so kommt mit Tiberius wieder! Indem sie weggeführt werden. Bleibt. Zu Valerius. Du wärst unten in Gefahr! denn du würdest des Gesprächs zu viel machen!
Ich muß dir meinen Fehler gestehn, Hermann. Ich hätte ihn wegführen sollen. Es ist dein Bruder Flavius.
Ach, Thusnelda! Siegmars ältester Sohn, Flavius! O, hätte dich die Schlacht getödtet! Das wäre mir und dir besser gewesen!
Denke daran, Sieger, wie ich gegen dich handeln würde, wenn du in Rom so in meiner Gewalt wärst, wie ich hier in deiner bin!
Lass' uns nicht daran denken, wie der Verräther seines Volks gegen seinen Bruder handeln würde! Hättest du ihn von der Begleitung des Triumphwagens befreit? Doch ich mag deine Antwort nicht hören.
Du weißt, ich kann ihn freilassen. Aber spreche ich ihn dadurch von dem furchtbaren Lose der Druiden los?
Hattest du etwa Mitleid mit Denen unter deinem Volk, deren Blut deine Lanze heut geröthet hat? Bringt die Lose! Zu einem der Opferknaben. Was zitterst du, Knabe? Du sollst sie werfen! Lerne früh, daß man gut ist, wenn man gerecht ist. Zu einem Druiden. Führet das Roß zur Götterfrage in das Schlachtfeld hinab keins von unsern geweihten, ein Römerroß: seine Rosse werden ihm schon antworten! Führt's über .. Wie viel deines Volkes hast du getödtet? rede! wie viel? Führt's über fünf Leichen!
Breitet den Teppich aus, Druiden! Ein weißer Teppich wird ausgebreitet. Wie viel Lebenslose sind drin?
Reiche ihn mir. Ich hebe dir die Lose empor, Wodan. Drei sind Rettung. Laß keines von diesen fallen! Die sechs sind den ruhenden Lanzen gleich, das eine geworfne gleichet der blutigen. Gewähr' uns ein solches Los, Wodan, Gott der Schlacht! Denn hier stehet ein Deutscher vor dir, der sein Volk verrieth und von Sonne zu Mond, noch ein Mal von Sonne zu Mond, das dritte Mal noch mit der sinkenden wider uns focht, da es uns Allen für die Freiheit bis zum Tode galt, und so Viele (Thränen euch, die hinwandelten!) Er sieht mit halbem Blicke nach Siegmar. so Viele von uns der Tod traf! Tritt herzu, Knabe? Das Gesicht ganz von den Losen weg! Greif hinein und wirf hinter dich!
Tragt den Helm weg. Wer kann dir, Hermann, heut nicht gehorchen? Zu einem Druiden. Ruf' hinunter, daß das Roß nicht geführt werde.
Ach, mein Bruder Hermann! Im Weggehen. Rom, Rom! o, daß du mich so fest an dich gekettet hast! Er geht.
Ach, Hermann! ach, Brenno! nun bin ich wieder ganz glücklich! Er lebt. Was säumen wir, meine Gespielinnen, unser Siegslied zu singen?
Soll der große Sieger nicht bleiben, Brenno, und hören, wie warm das Herz seines ganzen Volkes von ihm ist? Bleib, mein Hermann! Deine röthere Wange wird die Sängerin deiner Thaten noch mehr begeistern.
Thusnelda, meine Thusnelda! Aber Das verdiente ich nicht! Du weißt nicht, wie unsre Fürsten gefochten haben. Und hat nicht mein Vater sogar eine Wunde? Geh' Einer von euch hin, Druiden, und nehme Heilungskräuter mit und helfe Bercennis. Ein Druide geht. Warum säumen die Fürsten? Hast du sie noch nicht zum Siegsmahl eingeladen, Brenno? Ein Siegsmahl, wie unser heutiges seyn wird, hielten wir nie. Augustus ist ein Gott geworden! Ihm mag Hebe den Taumelsaft in der goldenen Schale reichen. Reicht ihr uns nur das rathschlagende Trinkhorn,
Ich habe in der großen Freude noch nicht daran gedacht, die Sieger einzuladen. Geht, ihr vier Barden dort, in das Schlachtthal hinab. Singt ihnen Brautlieder, indem ihr sie einladet.
Da die Römer gestern in den Wald umkehren mußten, konnte ich in der Bardenburg nicht mehr bleiben. Mein Köcher klang mir viel zu schön, und meine Pfeile kamen mir viel zu leicht vor. Ich mußte fort und ein Wenig unter dem Wilde spielen. Erzähl' es den Fürsten, Hermann, daß deine Thusnelda so gut für das Siegsmahl gesorgt hat, als sie dafür, daß es könnte gehalten werden. Aber, wie du, hab' ich nicht gesorgt. Ich floh vor einem Ur, der durch das Gebüsch herabrauschte.
Ich danke dir, Brenno. Wodan ehre dich, wie du mich ehrst! Wenn ich wählen soll, so werd' ich unter denen wählen, die nach dem Thale zu stehn. Denn dort hinunter sollen diese Römer auf den Lanzen sehn! Mich däucht, unsre Denkmale hier um uns her werden den Fürsten noch mehr gefallen, wenn ich einen Nachtgefährten darunter stelle. Ich nähme gern einen von unsern Cheruskern; aber werden die Fürsten den frohen Blick des Festes behalten, wenn der Nachtgefährt den Cheruskern zugehört?
Nimm ihn, nimm ihn. Du mußt heut stolz seyn, Hermann! Wer darf es denn jemals seyn, wenn du es heut nicht seyn darfst?
Kennst du den Fürsten der Katten? und der Semnonen? Nur der Fürst der Bructerer wird es dulden, denn er hat einen Adler!
Und hat denn nicht dein Vater bei dem Nachtgefährten der Cherusker geblutet? Geh', Hauptmann, und bring' ihn! Der Hauptmann geht. Sie ruft ihn zurück. Hauptmann! den großen schimmernden, der aus die festeingezogne Klaue herabsieht, und den Hermann seinem alten Vater aus dem Feldzug in Illyrien mitbrachte! Er geht. Lehre mich diese Römer ein Wenig kennen, die nach dem Thal' hinunter sehn sollen.
Papirius Carbo! Das ist der tapfre Consul, den wir sehr blutig von Noreja zurücksandten. ... Lucius Cassius! Auch diesem Consul kam eine unsrer Schlachten sehr ernsthaft vor. ... Dieser ist Cäsar!
Jener ist Marcus Junius Silanus! Auch er und seine Legionen lernten unsre Lanzen kennen. Cajus Manlius! Servilius Cäpio! Wir sind dicht und lang' an ihrer Ferse gewesen. Ihre Flüchtigen stürzten in den Rhodan. Aurelius Scaurus! Unser zu jugendlicher Fürst Boler tödtete ihn, weil er zu viel von Künftigem sprach.
Mehr als scheinen, Römer! Ihr scheint! Ich bin, und ich will seyn (schließ' hiermit deine Botschaft an Augustus) ein Krieger für die Freiheit meines Vaterlands; kennst du einen gerechteren? aber auch – denn wie sehr seyd ihr Das – ein blutiger! Du siehst, Thusnelda, wie sie die Cohorten zur Rache entflammen wollten, weil sie ihnen diese Bilder gewählt haben.
Künftig also Varus auch mit vor den Cohorten, damit der Reizung zur Rache noch mehr sey! Doch sey du nur wieder vorn unter den Fürsten, Hermann, so wollen wir den Brauttanz ruhig hinter dem Heere tanzen!
Ich liebe dich, meine Thusnelda, ich liebe dich! Welch einen fröhlichen Tag hab' ich er lebt! Ha, Thusnelda, nun können die Bräute wieder Blumenkränze winden! Tanz mir zum alten Liede von Mana! Ein Barde soll's singen, und, weil's Thusnelda tanzt, so will ich auch ein Wenig mit drein singen. Du weißt, daß ich den Kriegern in der Schlacht besser zurufe. Barden, wurd' Einer von euch verwundet, da ihr gestern mit euren Beschützern zwischen die Cohorten kamt?
Was meinst du, Thusnelda, wenn die hohen Römerinnen den Nachtgefährten der Cherusker, zwischen der Weser in der Kette, und der Elbe in der Kette, vor den Triumphwagen gesehn hätten?
Wie würden Brenno und Deutschlands Fürsten sich freun, ließe sich mein ehrwürdiger alter Vater, wie kurze Zeit es auch seyn möchte, zum Siegsmahl herauftragen! Denn er hat ja, wie ihr Alle sagt, nur eine leichte Wunde. Ich kenne diese Art des Ernstes nicht an dir Brenno, mit dem du mich ansahst. Warum seht ihr mich Alle mit diesem
Du weinst, Brenno! Ich habe dich nie weinen gesehn! Ich will hingehn! Indem er die etwas hervorragende Lanze schnell aufnimmt, entdeckt er den Todten, wirft seine und seines Vaters Lanze weg, stürzt sich auf ihn und küßt ihn. Nach ziemlich langem Stillschweigen. Todt ist er? Ich, mein Vater! O Wodan, Wodan, du gabst mir der Freuden viel. Aber dieser Schmerz ist wüthend wie eine Todeswunde ... Ach, mein Vater! ... ach, mein Vater Siegmar! ... Wo hat er die Wunde? Er springt auf. Wer warf ihm die Wunde? Ist er todt, der sie ihm warf? ist er todt? ... Ach, mein Vater, an diesem Tage ... du ... todt! ... Wer hat ihm die Wunde geworfen? Will mir Keiner sagen, wer ihm die Wunde geworfen hat? und ob er todt, todt, todt ist, dieser Verhaßteste unter diesem verhaßtesten aller Völker? dieser Letzte unter allen Thronkriechern Augustus?
Schweig'! Ach, mein Vater, an diesem Tage. Hat mein Vater den Sieg erlebt, du dort, der der Lanze nicht entgegen sprang? Sage mir, Brenno, ob mein Vater den Sieg erlebt hat, oder dieser Zögerer muß sterben!
Wenn du noch ein solch Donnerwort sprichst, so sieh nur her! Er legt sein Cohortenbild nieder und weist auf seine Lanze. Sieh' her! sie kann's auch! und dieß Herz hier fürchtet sie nicht!
Hat seinen Sieg erlebt! Reiche mir deine Hand, Hauptmann, du bist unschuldig. Du weinest gewiß mit mir über unsern Vater! Aber ist der Tribun todt?
Bringt mir diese Römer weg, sie sollen meinen todten Vater nicht sehn! Indem er schnell auf Valerius zugeht. Ha, Valerius, bist du eines Tribuns Sohn?
Das gab ihm Jupiter ein, seiner Kinder Leben zu retten, daß er kein Tribun ward! Geh'! Sie werden weggeführt. Ach, Siegmar! Mein Vater Siegmar! Und todt lagst du schon damals hier, als ich mit allen Freuden des Sieges herauf kam? todt hier, als über Flavius das Todeslos nicht geworfen ward? Aber deins haben die Götter, um Wodan her versammelt, geworfen! Fürchterlich hat Wodans hohler Schild geklungen, als ihn die Götter mit den Losen darin schüttelten. In Wolken hüllte sich Hertha, griff in den Schild und warf und Tod fiel aus ihrer Hand! Denn
Wenn du wüßtest, mit welchen Freuden über unsern Sieg dieser große Mann, der dein Vater und der Freund meiner Jugend war, den Tod herankommen sah, so trauertest du nicht.
Wie starb mein Vater? Schweig'! ich will es nicht hören. Ich halte seinen Anblick nicht mehr aus. Deckt ihn zu ... Nein! nicht mit dem Teppiche, deckt ihn mit den Adlern zu! ... Nein, nicht ihr! Gebt mir die Adler. Er wirft sich nieder und küßt ihn und bedeckt ihm das Gesicht mit den Adlern. Indem er aufsteht. Ach, Wodan, und all ihr Götter! der älteste und der kühnste und der furchtbarste deiner Krieger, o mein Vaterland, hat diese Adler nur in der Schlacht und nicht hier gesehen!
Brenno, du Freund seiner Jugend, begrab' ihn bei einer der Eichen, die ich für die Adler wählen werde. Welcher ist der Adler der Legion, unter der der Tribun war?
Der der schönste seines Lebens war, auch deßwegen, weil er sein letzter war! ... Geht hinunter zu den Fürsten und sagt ihnen, daß heut kein Siegsmahl ist.
Ja, und daß Der, welchen sie zu ihrem Feldherrn erhuben, den schönsten Tag seines Lebens mit Trauern endiget!
Meinest du, daß ich Wodan nicht verehre, weil ich traure? Warum verbargst du mir seinen Tod, Brenno? Warum ließest du mir zu, daß ich mich freute?
Dein Vater wollte es so, als er starb. Mein Sohn Hermann soll erst das Siegsmahl halten! sagte er. Es war sein letztes Wort.
Wo ist denn mein Schild und meine Lanze? Führe mich nicht, ich wanke nun nicht mehr. Nur ist mir's noch ein Wenig dunkel vor den Augen. Wo ist meine Lanze und der Römerhelm, den ich nahm? Wer ist denn Das dort? Ach, Hertha, es ist Hermann! Indem er zu Hermann hineilt, wankt er. Er sinkt bei Hermann nieder und küßt ihm sein Schwert und hält's mit beiden Händen. Ach, Hermann, Hermann, dich seh' ich wieder! Bist du auch verwundet, Deutschlands großer Heerführer?
Warum sagst du es nicht laut, was du zu Hermann sagst? Darf's Hermann nicht wissen, daß ich
Nun so sieht ihn sein Geist von der Abendwolke! Knabe, Bruder meines Sohns, wenn mein Sohn deiner würdig wird, wie liebe ich dich!
Bei dem Blute, das ich an deiner deutschen Lanze gesehen habe, küss' ihn! Siegmund bückt sich nieder und küßt ihn auf die Stirne. Ihr Götter, welch ein Tag ist dieser! und Siegmar ist todt!
Ach, so haben wir denn die Adler! Mein Auge wird manchmal so dunkel. Aber ich mag ihn auch nicht sehn. Darf ich mich wohl noch ein Wenig an deinem Schwert' halten, Hermann? denn ich wanke wieder so sehr. Wie ist mir denn jetzt wieder? und wo bin ich denn wieder?
Ja, Das ist meine kleine schöne Lanze! Ha, du Mähnenbusch, wie wehtest du in der Schlacht! Nein, nein! Das ist meine Lanze nicht! Das ist das Schwert des Centurio, welches er mir in die Brust stieß!
Verzeih' es seinem Schmerze, daß er dich unglücklich nennt. Das bist du nicht. Denn dein ehrenvoller Vater ist aus der größten unsrer Schlachten nach Walhalla gegangen.
Aber wir sind unschuldig: wir konnten ihn nicht zurückhalten! Ein Centurio wollte sinken, da rannte er ihm mit seiner Lanze gerade nach dem Herzen zu und traf ihn auch; aber der Centurio riß die Lanze heraus und stieß sie ihm in die Brust: allein er nahm dem Römer doch den Helm, so sehr er auch selbst blutete.
Ach, daß mein Vater diese Knaben nicht sieht! Kühne Knaben, ihr helft meines Vaters Tod rächen! Ihr Blumen des Vaterlands, ihr seyd dann vorn und fechtet mit den Veteranen! Wo sind eure Lanzen?
Sie sind auch blutig geworden, aber die Schlach' ward auf Einmal so heiß, daß wir sie nicht wieder finden konnten, und die großen Lanzen konnten wir nicht werfen.
Das ist nur ein Spiel, über diesen Bach zu springen, denn ich will meine Lanze an dem Felsen drüben wetzen. Mein Vater, bitte du Brenno, daß er mir nur drei Blätter des heiligen Laubes in die Locken flechte! Nun, so weht nur ohne heiliges Laub, meine Locken! Aber blutig soll Hermann, soll Siegmar, soll Brenno, sollen alle Hauptleute der Narisker, soll Thusnelda, sollen alle Hauptleute der Semnonen, blutig sollen sie meine Lanze sehn. Ach, ach, welch ein Schmerz! Aber wo bin ich denn? Welcher Todte liegt dort, auf den die Adler aus der Wolke heruntergestürzt sind? Tanzt zum Siegsliede, Knaben! Das sind die Adler Wodans! Das ist Varus! Das bist du, Varus, auf dem die Adler sitzen. Nein! nein, er ist es nicht, er lebt noch! dort stehet er! Er weist auf Hermann. O du Römerfeldherr, warum sitzen Wodans Adler nicht auf deiner Leiche? Ha, nimm nur dem Centurio sein Schwert und stoß' es mir noch einmal ins Herz! Wie kriegerisch tönen die Hörner der Barden! Ich will auch singen, Barden! Ich kann nun nicht wieder in die Schlacht gehn.
Einen Blumenschild hast du, Varus? Wem hast du den Blumenschild genommen, Tyrannenfeldherr? Ihr Götter, Das ist ja Hermanns Schild! Ist Hermann todt? Nun, so will ich auch sterben!
Guter, kühner, tapfrer, liebenswürdiger Knabe! ich bin Hermann, und ich lebe. Sieh' her! dieser ist mein Schild, der Schild, den mir Thusnelda gab, da sie meine Braut war.
Kennest du meine Stimme nicht? Ich bin Hermann, und ich sage dir mit dieser Stimme, die du kennst, daß ich dich sehr lieb habe, und daß ich dir danke, daß du in der Schlacht gewesen bist!
Ach, du bist Hermann und nicht Varus! Hermann küßt ihn. Warum weinest du denn, da du doch gesiegt hast?
Sprich etwas weniger, mein Liebling, mein Kriegsgefährt, mein Sohn! Wenn du zu viel sprichst, so blutet deine Wunde wieder. O Brenno, könntest du mir sagen, daß du Hoffnung hättest!
Ich will dir gern gehorchen, du großer Feldheer Deutschlands: denn ich trage heut meine ersten Waffen.
Du bist nicht mehr, mein Vater! ach, und ich kann mit dir nicht mehr von den Freuden reden, die ich habe!
Wenn nur dein Herz erst nicht mehr von dieser heftigen Wehmuth fortgerissen wird, so rede ich mit dir von den Freuden dieses Tages und vornehmlich von dieser größten unter ihnen, daß dein Vater an diesem Tage
Sind diese Schatten um mich her die Schatten der Haine Walhalla? Und sind es die Barden dieser Haine, die von Siegmar singen? Haben die Römer meinen Vater auch zu ihren Chören ...
Ich habe dem Römer die Todeswunde geworfen, und dieser Cherusker Jüngling hier streitet mir's, daß uns Marsen der Adler zugehöre!
Hermann, Hermann, o du bester Fürst unsers Volks, der Adler ist unser! Ich rannte dem Träger den Spieß in das Herz!
Ja, ja, aber viel zu spät, da der Römer schon hinschlummerte, da! Sprich nur nicht viel mehr, du Jüngling, der nur von der Jagd und nicht von der Schlacht sprechen sollte, dieser fürchterlichsten von allen unsern Schlachten. Schweig, sag' ich! Den Marsen, sag' ich, gehört der Adler und nicht den Cheruskern!
Ist er todt, so kann er die Schlacht in Walhalla erzählen! Wenn du den Adler deinen Cheruskern zusprichst, Hermann, so eile ich hin und erzähle dort mit Siegmar, erzähle, daß du sehr ungerecht gegen die Marsen gewesen bist!
O Siegmar, du Krieger, wie Mana war! Dieser Stolzeste, dieser Ungerechteste unter Marsens Jünglingen will mir den Adler nehmen, der dir gehört!
Sprecht mir diesen theuren Namen nicht wieder aus, Jünglinge! Mein Herz blutet, wenn ich ihn Zu dem Marsen. Du warfst die Todeswunde? und hast den Adler?
Näher bei die Schulter warf er; ich stieß in das Herz! Glück war's und nicht mehr Schnelligkeit, als ich habe, daß er ihn zuerst ergriff. Ich rang ihn dir aus deiner schwächeren Faust, machte mich die Wuth über deine Ungerechtigkeit nicht kraftlos! Bleich, wie die Espe bei den Grabhügeln, ward ich! Du hast es gehört! Sie sagten es laut, die Hauptleute, die um uns her standen! ... Siegmar, Siegmar, der Adler gehört unserm Volke zu!
Ha, ich habe den Adler, ich hab' ihn! Das ist genug! Sprich du nun von der Todeswunde, bis der Mond untergeht!
Hauptleute, ich freue mich, daß ihr uns mit dieser ungestümen Hitze siegen halft! aber reden müßt ihr anders, sonst kann ich nichts entscheiden, und der Adler wird bei dem Altare niedergelegt, bis ich euch wieder zu mir rufe.
Verzeih mir's, wenn ich nicht rede, wie ich soll. Aber todt, todt will ich lieber seyn, als den Adler lassen, den ich genommen habe. Deine Cherusker taumeln heute vor Stolz! Was brauchen sie Adler? Sie haben dich!
Ja, Hermann haben wir, und den habt ihr nicht ...! und der Adler ist auch unser, du wüthender Jüngling! Ich habe den Römer getödtet!
Brenno! ... o Brenno! wie würde mir dieser Streit gefallen, wenn ihn der ehrenvolle Greis dort erlebt hätte und ihn entschiede! Jetzt nimmt mein Herz zu wenig Antheil daran. Untersuche du ihn, Brenno.
Hauptleute! Ihr seyd bei dem Altar', und dort ist Siegmar, und hier Hermann! Redet nicht mehr mit einander! Antwortet mir.
O Priester Wodans! Wenn ich an Dieß alles denken muß, so laß mich zu unserm Fürsten hinuntergehn, aber mit dem Adler! Wenn er ihn den Cheruskern zusenden will ... Er kann thun, was er will, und ich auch, was ich will!
Durch Hülfe dieser Lanze, die den Adlerträger mit seinem Todesblute gefärbt hat, hingehn und Wodan und Mana und Siegmar fragen, wessen Forderung gerechter war.
Er hatte den Adler an den Gürtel befestigt und ließ sich zwischen Sträuchen in das Wasser. Ich warf und sah gleich die Todesblässe in seinem Gesicht.
Die kam erst, als ich ihm gleich daraus meine Lanze ins Herz stieß. Ich rief gleich: Der Adler ist mein! Denn er war mein! Wir zogen den Römer zugleich aus dem Wasser. Da über unserm Ringen der Gürtel riß, rang mir dieser Marse den Adler aus der Hand, weil ich zu sehr vor Zorn zitterte!
Geh zu deinem Vater und sage ihm von mir, daß ihm sein Weib einen edeln Sohn geboren hat! Nimm diesen Schild mit! Er ist dein!
Ich mag den Schild nicht! Er war nur Varus Stolz und würde nur meiner seyn. Der Adler war der Stolz der ganzen Legion und würde der Stolz unsers ganzen Volks gewesen seyn! Er geht.
Ich und meine Jungfrauen bewahren ihm den Schild. Bei dem ersten Brauttanze des Frühlinges soll er ihn nicht verschmähn. Sie gibt ihn einer ihrer Jungfrauen.
Thusnelda, Belohnerin der Tapfern, ich vertraue dir den Adler an, steige die Klippe hinab und sage meinen Marsen, daß er unser ist.
Reich' ihn mir her, Hauptmann! Der Marse geht. Das sind gute Jünglinge, Hermann! Und dieser Adler ist schön. Sieh, wie er schwebt, Hermann!
Er liegt unter seinen Turmen! Denn ich hatte Lust zu sterben! Nun weißt du, ich seh' ihn dort wohl, den ich blutig heraufführte; nun weißt du, warum ich Lust zu sterben hatte.
Ach, Horst! Ja, Das ist mein Vater! Doch ich muß mich von diesem bitteren Schmerze losreißen, wenn ich kann. Focht Vala vorn? oder bei den letzten Turmen?
Wir haben viel Gefangne, vier Tribune! zwanzig Centurione und mehr als zweihundert andre Tyrannensklaven!
Geweint? Ich hört's, und mein Auge starrte hin! ... Sie hauen die Tannen schon um zu seinem Todtenfeuer. Ich lasse diesmal der Tannen viel mehr als sonst in den Bach stürzen!
Vier! sage ich, und Zwanzig! und Zweihundert! Verstehest du nicht, was Die von dir fordert, deren Auge nicht geweint hat, und die sein Weib und deine Mutter ist? Thusnelda legt vor Schrecken den Adler vor sich nieder.
Die unsre Knaben erwürgt, die unsre Jungfrauen gezwungen haben, daß sie gegen ihr eignes Leben wütheten, die ihn getödtet haben, Die lägen nicht um seine Leiche her in dem Dampfe des Todtenfeuers?
Und ich weiß, daß die Göttin der Rache mit glühendem Blicke geschworen hat, daß kein Römer leben soll, der den Bluttritt in unsre Haine wagt!
Siegmar! Sie geht auf die Leiche zu. Ach, er ist todt! Siegmar, dein Sohn will dein Blut nicht rächen!
Ja, und deine Sklaven seyn, deine Heerden hüten, deine Hürden tragen, dir den Bach leiten, den Strauch durchhauen diese Söhne der hohen Geschlechte, diese künftigen Senatoren!
Diese künftigen Feldherrn! denn frei lässest du sie auch, die wiederkommen und mich und dich zu ihren Triumphwagen fortschleppen!
Lebend soll ich Die vor mir sehn, die deinen Vater getödtet haben? Liegt etwa den andern Völkern Deutschlands unten ein Siegmar im Blute? Und doch müssen ihre
Dank sey's Hertha, daß ich nicht vor dir niedergefallen bin! denn ich wollt's thun, du Unerbittlicher, Unerbittlicher gegen dein Volk und deine Mutter und deinen todten Vater! Sie geht.
Nein, ich halte diesen Anblick nicht mehr aus! Entfernt meines Vaters Leiche von mir! .. Legt die Adler auf den Altar! .. Eilt! .. Du, Horst, und dreihundert Cherusker, ihr umringt diese Nacht den Felsen. Du sollst bei der Leiche stehn! Ich kann jetzt die Eichen nicht wählen, Brenno.
Ruf mir, Brenno, wenn du wieder opferst, so will ich die Eichen wahlen! Ich kann jetzt hier nicht mehr weilen! Ich bin immer noch dem Todten zu nah! Er geht hin und her. Du sollst gerächt werden, mein Vater! ja, du sollst gerächt an den neuen Legionen werden, an allen ihren Tribunen und Legaten und Feldherrn! ... Ha, an ihren hohen Tribunen gerächt mit Todesrache! Horst, eile, fleug hinunter zu den Cheruskern und sag' ihnen, ruf' es ihnen laut zu, daß es alle, alle wissen! Dieß ruf' unter die blutigen Lanzen hinein: Wenn ihr auf dem Altarfelsen die Hörner wüthen hört und singen hört aus Wodans Gesang, dann schwören Hermann und Alle, die um ihn sind, bei demHermann reißt einem Barden das Schwert von der Seite. Horst, bring Segest dieß Schwert von mir! Horst geht. Ha, Das erluftet mein Herz, daß wir Cherusker Dieß schwören. Er geht hin und her. Nein, nein, Das ist noch nicht genug! Werdomar, tritt ganz auf dem Felsen vor und ruf's in das Thal hinab den Fürsten Deutschlands zu, daß kein Schonen seyn soll, und daß wir's bei dem Schwert schwören!
Komm du, dein Horn wüthet, komm! Indem er den Barden schnell mit sich fortführt, etwas leiser. So stell dich! so! blas jetzt ins Thal hinunter. Kriegsgeschrei, Barde! Nachdem der Barde geblasen hat. Ihr Sieger, ihr Rächer, ihr Fürsten Deutschlands! wenn hier die Hörner wüthen, hier oben bei dem Altar, wenn's tönt ans Wodans Gesang: dann schwört Hermann bei dem Schwert, schwört Siegmund, schwört der Bructerer, der den Adler nahm, der Marse, der den Adler nahm, schwört der Cherusker, der den Adler nahm, schwören alle Jünglinge mit den Cohortenlanzen, alle Kriegsgefährten Hermanns, schwören alle Cherusker bei dem Schwert, bei dem Schwert, zu rächen an den neuen Legionen Siegmars Tod, der ein Mann de Vaterlands war, ein ganzes Heer er, der Eine, mit nie vergessender, nie verzeihender Rache, durch Fessel oder Blut, zu rächen Siegmars, Siegmars Tod! Siegmars Tod!
Werdomar, so im Walhallaton' hat mir nie eins deiner Lieder geklungen! Beschließ' es auch, o Wodan, was wir beschließen!
Hermann, alle deine Cherusker haben ihre Hand an das Schwert gelegt! Sie drücken fest am Griffe und werfen glühende Blicke der Rache umher!
Halt' Einer meinem jungen Kriegsgefährten dort ein Schwert in der Hand! Er soll's auch schwören! Vielleicht lebt er, und, wenn nicht –
Was soll das schwere Schwert hier? Ist es das Schwert des Centurio? Will mich der blutige Mann vollends tödten?
Hörtest du nicht, du lieber Sohn, was ich hinunterrief? Du sollst Das auch bei dem Schwerte schwören. Hermann hat's geboten.
Ja, ich hörte es wohl, wie du auf der Harfe herunter rauschtest und meiner Mutter ein Siegslied vorsangst.