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Heute wirst du wieder viel Holz anlegen müssen, Cathringen, sogleich wird das ganze Haus voll Fremde seyn, welche alle von dem morgenden Kirchmeßbraten satt werden wollen.
Ich glaube, du Tagedieb sähest es wol recht gern, wenn heute Abend noch die ganze Welt her zu Gaste käme; denn nun kanst du dich wieder mit dem Herrn besaufen. Aber, was sind denn das für Fremde, welche mir heut meine Küche wieder unrein machen wollen, die ich erst vor einer halben Stunde aufgeputzt habe?
Ich habe eben nicht Lust, dir die Fremden zu nennen, weil du mich einen Tagedieb gescholten hast. Aber still! ich will sie dir dennoch herrechnen, du wirst dich darüber ärgern, und mich an dir rächen. Aus Birkenhayn kömmt die Frau von Birkenhayn, Magister Philosophi seyn, das ist so viel gesagt, ein andrer Magister, als der Magister gewesen ist, welcher der Kanzel gegen über mit dem langen Barte abgemahlt steht.
Was geht mir dein Magisterkram an? meinst du nicht, daß ich was anders als deine Narrenspossen im Kopfe habe? Wann du nur heute Abend alle Hände voll zu thun kriegtest, so sollte dir auch wol anders zu Muthe werden. Ich werde mich nicht so zum Bierkruge setzen können, wie du.
Was geht dir mein Trinken an? unsre beyde Pastoren werden es nicht besser machen. Sie werden wohl den Prediger an die Wand henken, und sich als ein paar lustige Bauerknechte recht Petermäßig betrincken.
Es läßt aber auch recht andächtig von unserm Herrn, wenn er des Sonntags die Schenke mit solcher Gewalt in die Hölle jagt, daß man es fast recht eigentlich poltern hört, und sich doch in der Woche ärger betrinkt, als die Schenke am Sonntage gethan hat.
Je nun! das ist nur eine menschliche Schwachheit, wann er sich volltrinkt. Des Sonntags aber darf er doch Schande halber nicht eher zu reden aufhören, als bis das Stundenglas ausgelaufen ist; in einer Stunde läßt sich schon vieles hersagen. Wo soll er aber endlich alles hernehmen? er muß es doch wohl zuletzt von einem Orte herholen, da muß denn freylich zuweilen auch die Schenke und die Hölle dran.
Wann er aber öffentlich sagt, die Säuffer kommen alle in die Hölle, so sollte er allezeit dabey sagen: und euer Seelensorger, meine Vielgeliebten, nemlich ich, ich, des Hrn. P. Muffels Ehrwürden, muß auch hinein.
Das könnte nicht schaden, wann er selbst hinein käme. Denn die Leute in der Hölle werden doch wohl keine Heyden seyn, sie werden vermutlich des Sonntags so fleißig in die Kirche gehen, als wir, und folglich werden sie in der Hölle die Prediger eben so wohl nöthig haben.
Der Henker mag auch wissen, was es für ein Loch ist. Ich selbst bin, so lang ich lebe, noch nicht drein gewesen, und ob unser Herr gleich alle Tage von der Hölle redt, so sagt er doch niemals, was es für ein Ding seyn soll.
Das wäre auch unverschämt gelogen. Er wird doch nicht von Dingen reden, wovon er selbst nichts weiß. Er sagt doch mehr, als einmahl, daß eine Hölle in der Welt ist, und wann er sie niemals gesehen hatte, so wäre er ein rechter Betrüger. Ich würde mich zu Tode schämen, wann ich öffentlich auftreten und sagen solte: Meine Vielgeliebten, in Utopia liegt ein Land, das heisset Schlaraffenland, da kommen einem die gebratne Tauben mit Messern und Gabeln ins Maul geflogen. Wie Teufel kan ich das sagen? ich bin so weit nicht gereiset, und mein Vater Andreas, der mir es im Spaße erzählte, ist auch nicht weiter, als aus unserm Dorfe bis nach B*** gewesen.
Wer weiß, was sie sich nicht alles auf der Universität versuchen müssen? sie mögen auch wohl darauf sterben, und Höllenfahrten halten.
Er sagt freylich nichts mehr davon, als daß Pech und Schwefel darinn brennt, und daß die Teufel schwarz aussehn, und Pferdefüsse haben; aber mich dünkt die Herren
Geheimnisse? ha! ha ha! dazu hat unser Herr wenigstens keinen Gelaß mehr. Denn in seinem Gehirne hat er mehr Schnupftoback als Verstand. Die aufsteigende Dünste von dem vielen Doppelbiere, und der Rauch vom Toback haben ihm auch viel Platz weggenommen, und endlich verstopft der Sand und Staub, den er einschluckt, wenn hinter dem Pfluge hergeht, alle übrigen Zugänge, durch welche noch was kluges hinein könnte.
O mein gutes Cathringen! ich bin gescheuter als du. Du hast den Mantel und den Kragen vergessen. Ich sage dir es im Vertrauen: alle Klugheit alle Predigten schüttelt er aus dem schwarzen Kittel. Bedenke nur, wie wunderlich es mir neulich damit gegangen ist. Wann ich des Abends unsre Pferde zu Hause hole, so muß ich doch über den Kirchhof reiten?
Vergangnen Dienstag führte mich der Henker in der Schenke zu den Carten. Ich verspätete mich, und muste meine Pferde in finstrer Nacht nach Hause holen. Ich hatte freylich wohl etwas getrunken, aber ich war doch nicht voll. Ich ging nach
Ja, da war bey mir kein Lachen. Zum Glücke war ich so listig, daß ich heimlich unsers Herrn Mantel und Kragen aus der Stube nahm, denn er schlief eben einen Rausch aus. Was meinst du nun? als ich den Mantel umgeschmissen hatte, ward ich auf einmahl so dreiste, daß ich mich auch vor tausend Teufeln auf dem Kirchhofe nicht gefürchtet hätte. Ja, es war nicht anders, als wenn ich für lauter Weißheit hätte bersten sollen. Ich wollte gar zu gern meine Waaren an den Mann bringen, aber ich hatte keine Zuhörer. Zum guten Glücke kam ich, ehe ich noch geborsten war, auf die Wiese zu den Pferden. Ich kan dir nicht sagen, Cathrine, was ich für hohe Sachen mit unserm schwarzen Hengste gesprochen habe. Er hörte recht andächtig zu, und mir floß alles so geschwinde zu, daß ich selbst nicht wuste, wo alles herkam. Ja, das dauerte von der Wiese bis in den Stall. So bald ich aber den Mantel und den Kragen abgelegt hatte, so wuste ich kein Wort mehr zu reden, und wurde so müde, daß ich mich den Augenblick zu Bette legen muste. Gelt, die Weißheit und die Beredsamkeit haben im Mantel gesteckt?
Ha! ha! ha! du wirst wohl beydes schon aus der Schenke mitgebracht haben.
Freylich glaub ichs, und ich glaub es darum, weil unter zehn Worten, die unser Herr sagt, sehr oft neune sind, aus welchen kein Mensch klug werden kan.
Du hast Recht, Peter. Die meisten Prediger wollen Geheimnisse haben; in der That aber haben sie nur ein einziges, welches darin besteht, daß sie gar nichts wissen. Dies ist ein Geheimniß, welches sie für sich behalten; denn zu andern Leuten sagen sie, daß sie sehr viel wissen, und dies suchen sie durch hohe und leere Worte wahrscheinlich zu machen. Wir arme Leute, die wir unsern ganzen Verstand dem Küster zu danken haben, welcher sich auch schon mit unter die Geheimnißvolle Dorfgeistlichkeit rechnet, wir müssen ihnen wohl glauben. Doch, klügre Leute sehen die Unwissenheit und Tyranney unserer Seelensorger besser ein.
Still! da kommt unser Herr aus dem Garten: Wann er uns hier allein beysammen fände, so sollte er wohl gar meinen, daß wir schon Verlöbniß hielten, und da würde er uns gewiß eine verdrießliche Predigt von der Keuschheit halten.
Sich selbst kan mein Herr zum Muster der Keuschheit gewiß nicht aufwerfen. Ich merke es schon seit einigen Tagen, die Welt werde in einer gewissen Zeit ein offenbares Zeugniß von mir bekommen, daß auch die Hrn. Geistlichen, und sonderlich mein Herr Pastor, Muffel, die ansteigende Begierden des alten Adams nicht allein empfinden, sondern bey Gelegenheit auch wol sättigen. Ich bekomme einen rechten Abscheu vor meinem Herrn, wenn ich an die Art und Weise gedenke, wie geistlich er mich – – – – Sieht sich nach der Thüre um. – – – betrogen hat.
Wenn uns der Satan ausser dem Beruf antrift, so hat er noch einmal so viel Macht über unsre Seelen, als sonsten.
Der Satan will euch – – doch davon wollen wir ein andermal weiter sprechen. Ich habe eben jetzo Salat im Garten geschnitten. Ihr wißt, daß ich ihn allemal selbst schneide, damit ich keinen mit einem unrechten Verdachte beleidigen darf, wann etwa einmal etwas davon gestolen würde. Geht in die Küche, verleset ihn sauber, und macht ihn hübsch sauer und fett, und beflecket euer Gewissen nicht mit einem Gerichte für euch und Petern.
Das Baumöl möchte mir wohl einen Fleck in die Schürze bringen, aber ins Gewissen glaub ich schwerlich.
Und er ist doch selbst so fett davon geworden. Zu Muffeln. Hören sie mich doch auf ein Wort, Herr Pastor.
Nun, was habt ihr denn? haltet mich nicht lange auf; die Fremden sind unter Wegens, ich muß noch auf den Bewillkommungsgruß studiren, denn er muß geistlich seyn.
Denken sie nicht mehr an die Abendbetstunden, die sie eine Woche lang mit mir gehalten haben? und sonderlich an die lezte darunter?
O ja mein Kind! wir wollen auch ehstens damit fortfahren. Für sich. Die lezte Betstunde muß dem Mädgen doch wohlgefallen haben.
Bleiben sie doch noch! wissen sie nicht mehr, was unter uns vorgegangen ist, als sie hinuntergehen wollten, und an mein Bette kamen?
Und wann sie sonst nichts mehr von der ganzen Historie wissen wollen, so werden sie doch noch wissen, daß sie wieder da von aufgestanden sind, und daß sie ganz anders wieder aufgestanden sind, als sie sich hingesetzt haben, und daß sie mich – – –
In einem ganz andern Zustande gelassen haben, als sie mich auf meiner Kammer vor der Betstunde angetroffen hatten.
Cathrine! arme Cathrine! der Satan hat euch erschrecklich verblendet. Da werdet ihr euch mit unreinen Gedanken zu Bette gelegt haben, da hat euch denn der Satan einen bösen Traum eingegeben, und weil er uns Geistlichen, als seinen grösten Feinden, allen ersinnlichen Schimpf und Tort anzuthun sucht, so hat er mich zu dieser Unzucht als ein unschuldiges Werkzeug gebrauchen wollen, und mich euch deswegen im Traume so natürlich vorgestellt, daß ihr alles empfunden habt, was ihr hättet empfinden müssen, wann ich in leibhaftiger Gestalt bey euch gewesen wäre. Für sich. Das muß sie wohl glauben.
Das war eine rechte Postillenmässige Auslegung meines Textes, Herr Pastor. Nach meiner Art zu denken sind so wohl die Verblendung als der Traum ein blosses Nichts; wie hat nun daraus ein gewisses
Was? zum Henker Cathrine, wie habt ihr euch so übel vorgesehn, daß ein Etwas draus geworden ist? So stark kan doch auch keine Verblendung werden. Hum! hum! – – Ich muß doch auch wohl dabey gewesen seyn.
Es ist doch mit allem dem ein vertrackter Streich! ich hab es eben so böse nicht gemeinet. Denn das werdet ihr doch wohl meinem Amte zutrauen, daß ich es nicht werde aus unheiligen Absichten gethan haben. Ich that es nur blos, meinem Fleische wehe zu thun, damit ich nicht in größre Sünden gestürzet würde. Aber der Teufel hat alle meine gute Absichten verkehret, und hat euch dadurch zu Falle kommen lassen.
Ja, ja, der Teufel hat alles gethan. Er müste nicht die geringste Erkenntlichkeit besitzen, wann er den Geistlichen so feind wäre. Denn, glauben Sie mir, man würde seiner gar nicht auf Erden gedenken, man würde seinen Nahmen kaum wissen, denn man würde sich dazu die Mühe nicht nehmen, er würde nicht die Ehre haben, an so vielem Unglücke und an so vielen Bosheiten schuld zu seyn, wann sich die Geistlichen nicht recht darauf übten, ihn ihren Gemeinden bey aller Gelegenheit abzumahlen,
Ich kan es der Frau von Birkenhayn Tochter nicht genug verdanken, daß sie mich, als ich vor einigen Jahren bey ihrer Frau Mama diente, ein wenig klug gemacht hat.
Ein Teufelskind hat sie aus euch gemacht. Ihr gute Cathrine! ach eure blinde, unschuldige Seele! die jammert mich. Doch wir haben jetzt etwas wichtigers zu bedenken, sagt mir nur, wie wir mit Ehren aus unserm Handel kommen?
Mir dünkt, die Frau Pastorin sollte mich so gut kleiden, als sie der Herr Pastor. Ueberdem werden die Priesterfrauen doch wohl nicht auch auf die Universität ziehen
Die Bauren würden nicht die gehörige Ehrerbietigkeit vor euch haben, die sie vor einer Priesterfrau haben müssen. Hört, Cathrine! ich will euch eures gleichen zum Manne geben, ich will euch die Hochzeit ausrichten, und noch dazu 100. Rthlr. zum Brautschatze schenken. Seyd ihr damit nicht zufrieden?
O ja, das ist mir zehnmal lieber, als Sie, und ihr geistlicher Stand. Denn haben sie mir erst den Korb gegeben, so geb ich ihn Ihnen hiermit wieder. Wenn Sie aber ja jemanden dis Glück gönnen wollen, so muß es Peter seyn. Denn wir haben uns schon seit einiger Zeit her gegeneinander so angestellet, als wann wir mit der Zeit ein Brautpaar werden wollten.
Herr, die Birkenhaynische und Rosenecksche Fremden sind eben jetzo in zweyen Kutschen angekommen, und warten auf ihre Bewillkommung.
Der Henker, nun hab ich noch nicht drauf studiret, wie ich sie bewillkommen
Herr Pastor reden sie doch erst mit Petern wegen der Sache, die sie wohl wissen, er möchte mir nicht glauben.
Ja, Peter, ich habe euch was zu sagen, was nothwendiger ist, als aller Fremden Bewillkommung. Hört, Peter, – – Ja – – Ich muß Morgen um 8. Uhr auf die Canzel, weckt mich ja um 7. Uhr auf, daß ich noch auf die Kirchmeßpredigt studiren kan.
Es ist wahr. Ja, Peter, hört – – Wann mich heut Abend der Satan verführen sollte, ein Glas zu viel zu trinken, so zupft mich nur heimlich am Ermel.
O Herr Muffel, das war ja noch nicht recht, sagen sies doch nur heraus, Peter nimmt ihnen ja nichts übel.
Da kommt ja nichts heraus, Herr Pastor. Sie dürfen ja eben nicht die Umstände nach der Reihe erzählen, die dabey vorgegangen sind, denn das wäre freylich eine Sünde, ob es gleich die That selbst nicht gewesen ist.
So muß ich denn wohl mit der Sprache heraus. Hört mir diesesmal wohl zu, Peter. Ich habe Cathrinen – – – doch, das braucht ihr nicht zu wissen, es ist eine Zote. Hört, ihr sollt heute Abend mit Cathrinen Verlöbnis machen. Zu der Hochzeit will ich alle Kosten reichlich herschiessen, und Cathrinen 100. Rthlr. zum Brautschatze geben. Gebt ihr nur gleich die Hand auf mein Wort.
Es wäre sündlich, ein solches wichtiges Werk, als der Ehstand ist, ohne Bedacht vorzunehmen. Ich will erst singen und beten.
Ich soll Cathrinen noch heute Abend die Ehe versprechen? eine freye Hochzeit?
Nun, Peter, was fehlt dir? was murmelst du bey dir selbst? Verdrießt es dich, daß du mich heyrathen solst? oder hast du dich auf ein Lied bedacht? Ich singe gewiß nicht mit, Peter, das sag ich dir.
Mein allerliebstes Cathringen, ich bin vor Freuden ausser mir. Dich, und 100 Rthlr. dazu? bin ich nicht glücklich? Aber wie ist denn unser Herr auf einmahl so freygebig geworden? heut war ich sein lieber Peter, sonst Flegel und Tagedieb.
Hertzallerliebstes Petergen, ich will dir alles sagen, Peter kehrt wieder um. aber du must auch ja nicht böse darüber werden.
Du wirst doch noch wohl wissen, daß unser Herr einmahl Abendbetstunden mit mir auf meiner Kammer gehalten?
In diesen Betstunden ist er mir so gut geworden, daß er mich mit dir zusammenbringen, daß er uns eine freye Hochzeit geben, und mir 100 Thaler zum Brautschatze schenken will. Aber, Peter, da ist nun noch ein Umstand dabey, ich bringe
Ey! zum Henker! alles wilst du mir erst nach der Hochzeit sagen, alles wilst du mir erst nach der Hochzeit zeigen. Ich will aber alles vor der Hochzeit wissen, ich will alles vor der Hochzeit sehn.
Das kanst du aber nicht, Peter! laß einmahl recht vernünftig mit dir reden. Gesetzt unser Herr schenkte dir heute noch einen grossen Butterkuchen von dem feinsten Mehle?
Er hätte aber noch einen kleinen Butterkuchen, den du auf seine Gesundheit verzehren soltest, und davon du ohnfehlbar ein starkes Kopfweh bekämest?
Der Teufel hohle mich, ich ässe Kuchen, und Kopfweh, und alles hinunter, von dem Kopfweh stirbt man ja nicht.
O ja. Ich soll heute zwey Kuchen essen, einen grossen und einen kleinen; und wenn ich sie gegessen habe, so soll ich 100 Thaler und das Kopfweh bekommen.
Einfältiger Tropf! ich habe nur den Fall so gesetzt. Der grosse Butterkuchen ist ein ganz ander Ding. Der kleine Butterkuchen wird zwar auch wohl Kuchen essen lernen, aber sein Lebestage nicht dazu werden. Das Kopfweh ist auch eine andre Krankheit, aber nur der gesunden.
Hole dich der Henker mit deinem Fallsetzen; wenn die Butterkuchen keine rechte Butterkuchen sind, so versteh ich dich ganz und gar nicht.
Höre, Peter, ich will dir das ganze Rätzel mit einem Worte auflösen: wann du mich dann nicht verstehst, so must du warten bis nach unsrer Hochzeit. Ich, ich bin der grosse Butterkuchen.
Puh! nach gerade werde ich dich verstehen lernen. Du bist der grosse Butterkuchen und kanst schon Butterkuchen essen, und der kleine wird auch Kuchen essen lernen, und wann ich dich haben will, so muß ich den kleinen Butterkuchen auch nehmen. Aber höre doch, Cathringen; hat nicht der Herr Pastor Muffel das Mehl zu dem kleinen Butterkuchen hergegeben?
Das machen die 100 Thaler aber wieder gut. Du kanst noch wohl unverschämter fordern. Denn seine Ehre und sein Amt zu retten muß er dir alles eingehen.
Aber mit allem dem, so ist doch die ganze Historie von dem Herrn Pastor Muffel, und von dem kleinen Butterkuchen, recht lustig. Ich hätte wohl zusehen mögen. Wie machte es denn der Herr Pastor, als er dir seine Liebe antrug? sah er denn auch so geistlich dabey aus, als wenn er aus der Sacristey auf die Cantzel geht?
Freylich, er ist in seinem ganzen Liebeshistorie recht theologisch verfahren. Ohngefehr vier Wochen zuvor, ehe ich ihn genauer kennen lernte, kam er alle Tage zu mir in die Küche, bald, wann ich kochte, bald, wann ich das Essen anrichtete, bald, wann ich das Zinn abwusch, bald, wann ich Holz klein machte, und zuweilen traf es sich, daß ich eben Feuer anzündete.
Das läuft ja nicht in die Theologie, du Narr. Nach meinen beslondern verschiedenen
Da könnte man ja ein ganzes Buch von der theologischen und in Gott andächtigen Köchin schreiben. Aber warum hat ihn denn der Henker mit seinen Predigten nur immer zu dir geführt? zu mir ist er weder in den Pferdestall, noch in den Holzstall, noch auf den Hexelboden, noch auf den Heuboden gekommen, und ich dächte, da könnte es ihm auch nicht an Materie und an Gelegenheit zu Erbauungen fehlen. Mir dünckt aber er hat ganz etwas anders, als deine Bekehrung bey dir gesucht.
Du sagst die Wahrheit, Peter. Als er auf diese Weise nicht an mich kommen konnte, so versuchte er es auf eine andre Art. An einem Montagabend, ich weiß mir noch alles so vorzustellen, als geschäh es eben ietzo, faß ich eben auf meiner Lade, welche vor dem Gartenfensterchen steht, und nähete mir ein neues Hemde. Ich nähete mit aller Macht, weil ich gern bald fertig seyn wollte und war mir eher den Tod, als unsern Herrn vermuthen. Ehr ich michs versah, hörte ich Pantoffeln auf der Treppe scharren, aber so leise, als wenn es Geisterpantoffeln gewesen wären.
Nun komm ich mein Lebestage nicht wieder auf deine Kammer, das wird gewiß der Magister gewesen seyn mit dem langen Barte. In den Pfarrhäusern geht es doch niemals richtig zu.
Weil ich sonst nichts hörte, so nähete ich weiter fort. Aber kaum eine Minute drauf, hörte ich in der Nähe was rasseln. Ich sah mich darnach um, und fieng zugleich aus vollem Halse an zu schreyen, weil ich ein langes schwarzes Gespenst mit einem weissen Kopfe auf mich zukommen sahe.
Aber den Augenblick drauf wurde ich gewahr, daß Herr Muffel mit seiner weissen Mütze das Gespenste gewesen war. Mein liebes Kind, fieng er an, wie steht es um eure arme Seele? hier griff er mir an den Ort, wo er sagte, daß das Herz sässe. Ihr habt ein böses Gewissen, fuhr er weiter fort, euer Herz schlägt sehr geschwinde und ängstlich. Ey, ey lasset eure Gewissenswunden von mir, eurem Seelenarzte, heilen. Eure Seele ist mir viel zu lieb, als daß ich sie sollte lassen verlohren
Den Sonnabend? wie hat er denn da die Zeit übrig gehabt? da hat er ja auf den Sonntag studiren müssen?
Dafür hat er auch die Abendbetstunde mit mir nur halb gehalten. Denn als wir eben niederknien wollten, so that er mir seinen Liebesantrag, über welchen ich anfänglich nicht wenig erschrack. Ich suchte ihn auch theils durch Bitten, theils durch Anführung seiner eigenen Worte davon abzubringen; aber vergebens. Er antwortete ganz trotzig; Ein Geistliche könne nicht sündigen, sein Amt mache alle
Hier hätt ich nun eben mit einer Runge aus dem Holzwagen sollen dazu gekommen seyn. Mein Herr Muffel hätte seines Sieges nicht froh werden sollen.
Endlich gieng er ohne ein Wort zu sagen, die Treppen wieder hinunter, und ließ Betstunde Betstunde bleiben. Ich selbst hätte die übrige Zeit lieber mit dir, Petergen, zubringen wollen.
Du bist mir also sehr günstig, Cathrine, du hättest mir zum wenigsten doch die Neige gegönnt. Ich bin indessen dein gehorsamer Diener für den umständlichen Bericht. Herrn Muffeln wird der Kopf von dem kleinen Butterkuchen nicht weh thun, denn es ist sein eigenes Machwerk. Er mag dich und seine 100. Rthlr. nur behalten, ich bedanke mich dafür.
Ums Himmels willen, liebster Peter, strafe doch an mir einen Fehler des ganzen weiblichen Geschlechts nicht. Die
Nun, meine lieben Kinder, habt ihr ausgesungen und ausgebetet? hier bring ich euch zwey goldene Ringe zum Verlöbnisse, welches auf den Abend in Gegenwart aller Fremden vor sich gehen soll.
Ums Himmels willen Herr Pastor, wo ihnen meine arme Seligkeit lieb ist, so verschieben sie das Verlöbnis noch, oder lassen es nimmermehr vor sich gehen.
Dieses ist eben mein Gewissensscrupel, daß sie es gethan haben, Herr Pastor. Soll ich den Ort, den sie und ihre Geistlichkeit geheiliget haben, mit meiner weltlichen Ichheit wieder beflecken? davor behüte mich der Himmel!
Euer Gewissensscrupel ist von Wichtigkeit, Peter, doch wir Prediger wissen dergleichen zu heben. Hört nur, guter Peter, heyrathet ihr Cathrinen immer,
Ach! um alles in der Welt nicht. Der Herr Pastor haben Cathrinen vom Haupte bis zu den Fußsolen zur Heilige gemacht, an mir aber haben sie nur den Kragen geheiligt, als sie neulich Brüderschaft mit mir trunken. Ich bin ein armer sündiger Mensch gegen Cathrinen. Ich muß mich vor ihr schämen, und mich der Sünde fürchten, der Himmel würde sie meinetwegen strafen. Nein, dazu hab ich sie viel zu lieb. Verändert die Stimme. Behalten sie ihre gemuffelte Cathrine für sich, und machen sie keinen für 100. Rthlr. zum Hahnrey. Lauft eilend ab.
Den hab ich selbst nicht ob ich ihn gleich höchstnöthig habe. Daß Peter nun von meiner Heyrath nichts wissen will das hab ich ihnen zu danken.
Nein euch selbst, Cathrine. Ihr hättet verschwiegner gegen ihn seyn sollen. Ihr wollt ja einen Prediger heyrathen, so klug dünkt ihr euch, und seyd doch so offenherzig, und – –
So hattet ihr ihm solange was anders für die Wahrheit verkaufen sollen. Nein die Predigerfrauen müssen schweigen und lügen können.
Mir fällt noch etwas für euch bey. Es pflegen in der Kirchmesse arme Studenten bey mir einzukehren. Unter denen wird sich keiner ein Gewissen aus dem bisgen Hahnreyschaft machen. Des Herrn von Rosenecks Guth hat keinen Prediger, ich muß versuchen einen von den Vaganten da anzubringen, und ihr werdet auf die Art doch noch eine Predigerfrau. Wir haben alle beyde dadurch noch mehr Vortheile. Denn der arme Schelm, den ich zur Pfarre helfe muß hernach immer meine Parthie halten, und ihr könnet auch mehr Herrschaft über ihn haben, weil er durch euch zur Pfarre gekommen ist. Gehet
So wünsch ich nicht mehr als daß heute Abend ein recht liebenwürdiger Bettler ankommen möge. Geht ab.
Wo ich das Mägdgen nicht mit Ehren zum Manne verhelfe, so wird sie mich um mein Amt und um alles bringen.
Ich bin eben im Begriffe, zuzusehen, was meine liebe Gäste machen, und womit ich ihnen aufwarten kan.
Wie ich gehört habe so sind sie in der Stadt gewesen, Herr Confrater, was bringen sie denn aus derselben neues mit?
Das neueste und das beste für mich ist, daß ich meinen Proceß mit der alten Brigitte gewinnen werde. Ich habe ihr die Ehe versprochen, aber mein Advocat wird mich schon wieder von ihr loszumachen wissen. Würde mich nicht die ganze Welt auslachen, wenn ich meine besten Jahre
Das hätt ich ihnen selbst verdacht. Aber bedenken sie hierbey auch ihr Gewissen? denn sie haben ihr doch durch das Versprechen ihrer Ehe meist 200. Rthlr. abgeschwatzt, durch welche sie die Pfarre bekommen haben; und sie müsten viel leicht diese Stunde noch das A, B, C, in der Armenschule lehren, wann die alte Brigitte nicht gewesen wäre.
Sie wollen selbst ein Geistlicher seyn, und reden doch so gewissenhaft von einer Sache, aus welcher sich kein Geistlicher ein Gewissen macht. Die alte Brigitte und die 200. Rthlr. waren der Weg, den mir der Himmel zeigte in ein Amt zu kommen, aber das glaub ich nicht, daß es der Brigitte hat ein Weg seyn sollen, sich in ihrem Alter zu verheyrathen.
Freylich, der Himmel hat wunderliche, krumme Wege, einen Candidaten in ein Amt zu verhelfen. Aber wie leben denn die Stadtprediger? sie werden vermuthlich einige besucht haben.
O! die leben weit ruhiger, als wir auf dem Lande, sie haben im Amte und in der Haushaltung wenig zu thun. Sie bekommen auch solche Amtsmässige Bäuche, welche den Gemüthern ihrer Zuhörer die gröste Ehrfurcht für ihre Heiligkeit einjagen. Meinen ersten Besuch hab ich bey
Auf diese Weise muß ja dem Herrn Hieronymus die Zeit erschrecklich lang werden, weil er die ganze Woche hindurch nichts zu thun hat. Oder schreibt er vielleicht Bücher?
Er ist zwar ein grundgelehrter Mann, aber mit dem Bücherschreiben giebet er sich nicht ab. Er kan seine Zeit besser und geruhiger hinbringen. Wann er um 9 Uhr aufgestanden ist, bis 10 Uhr Thee getrunken,
Das wird eine brave Postille werden. 3 Predigten über ieden Text! Es wir doch alles in der Welt leichter gemacht. Unsre Nachkommen werden schon besser predigen, als wir, denn sie bekommen grössere Postillen.
Ueberdem von einem so gelehrten Manne, der schon 20 Jahr im Amte ist, und ein ganzes Zimmer voll Postillen hat.
Aber die Stadtprediger werden doch wohl nicht so von ihren Gemeinen beschenkt, als wir von den Bauern?
Das sagen sie nicht, Herr Confrater. Sie wissen schon ihre Rechnung bey den Vornehmen zu machen, sie wissen ihnen auf die höflichste Art die Geschenke abzunehmen. Kennen sie nicht den andächtigen Mann, den Herr Tartüffe?
Der weiß am besten, wo der Bürger am barmherzigsten ist. Er hält wöchentliche Erbauungsstunden, un merkt sich in denselben die reichsten Weibespersonen, denn diese besuchen seine Versammlungen am häuffigsten. In der Betstunde sucht er sie alle erst zum Weinen zu bewegen, welches ihm sehr leicht wird. Wenn er sie nun recht weichherzig gemacht und die Stunde geschlossen hat, so gehet er zuerst heraus, stellt sich an die Treppe, läßt sie alle vor sich vorbeygehen, und grüßt iede überaus verliebt und geistlich. Geht eine vor ihm vorbey, von der er sich vermuthet, daß sie reich ist, und die in der Stunde brav geweint hat, so ruft er sie zurück, und läßt sie seitwärts treten. Wann denn vier oder fünfe auf ihn warten, so ruft er eine nach der andern in seine Stube, ermahnt sie ernstlich, fallt mit ihnen auf die Knie, und nimmt endlich auf eine besondere freundliche Art von ihnen Abschied. Diese einfältige Bürgerfrauen verlieben sich bey dieser Gelegenheit in seine andächtige Minen,
Das ist endlich wahr, dafür hilft der Priester den Bürger auch in den Himmel. Aber stehen die Herrn Stadtprediger auch in solchem Ansehen, als wir bey dem Bauer?
Warum zweifeln sie daran? der Vornehme läßt sich öfters ärger betrügen als der Bauer. Herr Tartüffe nannte mir eine gewisse junge Gräfin, einen Geheimen Rath, und eine der reichsten Bürgerfrauen in der Stadt, welche den Augenblick an ihrer Seligkeit verzweifeln wurden, wann sie eine von seinen Predigten versäumten. Der Gräfin hat er neulich das tausendjährige Reich abgeschildert, und zugleich die Vorzüge beschrieben, welche darin das unverheyrathete Frauenzimmer vor dem andern haben würde. Hiedurch hat er eine Heyrath eines vornehmen Kriegesbedienten hintertrieben, weil die Gräfin mehr als andre
Der Streich ist werth, daß er zum ewigen Ruhme des Herrn Tartüffe in einem Kirchenbuche aufgezeichnet wird.
Er stehet bey den Genannten, und noch einigen andern, in solchem Ansehen daß er die armen und dabey frommen Studenten nur mit einem Zeugnisse an sie herumschicken darf, wann er ihnen wohlthun will. Sobald diese Vornehmen nur seine Schrift erblicken, so greift auch die Hand schon in die Goldbörse, und kehrt niemals ohne einen Dukaten zurück. Auf solche Weise sammlet sich der Student zuweilen 30 bis 40 Rthlr. und der vierte Theil da von gehört allemahl dem Hrn. Tartüffe.
Auf die Art würde ich mich auch nicht übel in die Stadt schicken, denn ich habe
Ich habe in den vier Wochen nur eine Hochzeit gehabt, Herr Confrater, aber sie war fett. Ich habe 2 Braten, einen Kuchen, ein Huhn, und eine Gans mit nach Hause gebracht.
Das will ich hoffen, Herr Confrater; die Bauern fürchteten sich erst und wollten vor mir nicht tanzen, aber ich ließ selbst die Musikanten aus der Schenke holen, und machte mit der Braut den Anfang. Zu den Bauern sagte ich zwar, daß ich es meiner Gesundheit wegen thäte, aber im Ernste that ich es der Braut zu gefallen, denn sie war hübsch. Die schöne Käthe aus ihrem Dorfe war auch auf dieser Hochzeit.
Wenn ich die Wahrheit sagen soll, so bin ich lieber mit ihnen allein, denn der Herr Wahrmund kömmt mir zu klug vor, der kan uns noch wohl gar Händel machen.
Da weiß ich guten Rath für, wir müssen so heilige Minen annehmen, als ob wir ihm die Beichte verhören wollten.
Finden sie also gar kein Vergnügen in der Gesellschaft der beyden Herren Geistlichen, schönstes Fräulein?
In so fern es eine gewisse Art von Zufriedenheit erweckt, wenn man die Thorheiten der Menschen belacht, so muß einem freylich zwar der Umgang mit den abgeschmacktesten Personen zum Vergnügen dienen. Aber sie selbst werden mir zugestehen, daß sich bey dieser Lust, welche man
Bald nöthigen sie mich, den Ausspruch zu thun, daß sie für ein Frauenzimmer viel zu scharfsinnig sind. Doch, nein, ich bin anietzt niht nur vollkommen mit mir selbst zufrieden, da ich sehe, daß meine wenige Lehrstunden sie so frey und richtig denken gelehrt, sondern ich kan es auch der Natur nicht genug verdanken, daß sie nicht alle Schönheiten nur für die Augen erschaffen hat. Es ist sonst ein allgemeiner Fehler der Schönen, daß sie ziemlich scharfsichtig die kleinsten Versehen der Mannspersonen einsehen, beurtheilen, und belachen, die grösten Fehler der Geistlichen aber mit einem ehrerbietigen Stillschweigen übergehen. Als ich mich neulich meiner Angelegenheiten wegen in B*** aufhalten muste, hatte ich eines Tages die Ehre in einer vornehmen Gesellschaft zu seyn. Nach
Das müssen ja blöde Augen seyn, welche sich durch die schwarze Farbe der Geistlichen so leicht verblenden lassen. Ich werde das Laster bey einem Prediger niemals Tugend nennen, weil ihm von einem andern vielleicht ebenso lasterhaften die Hände unter einer andächtigen Verstellung auf das Haupt geleget worden, oder weil man ihn darum daß er 2 Jahr in Halle gewesen ist, mit uralten, hergebrachten Gebräuchen zum Priester eingesegnet hat. Ich fälle das Urtheil, daß diese Ceremonien so wenig im Stande sind, aus einem Taugenichts einen tugendhaften und gelehrten Mann zu machen, als die alberne Possen jenes lustigen Wirthes dem Don Quixott die wahre Tapferkeit eingeflößt haben.
Ich sage nicht zu viel, schönstes Fräulein, wenn ich behaupte, daß sie den Vorzug erlangt haben, von den geheimesten Vorurtheilen befreyet zu seyn. Hätte
Ich habe ihre Lebensart seit der Zeit, daß ich wieder bey meiner Mama bin, genau kennen, und mich geduldig in dieselbe schicken gelernet. Sie statten fleissige Besuche bey uns ab, weil sie von meiner Mama allemal mit einem fetten Tische und mit einem alten Glase Wein gemästet werden. Ich habe sie aus diesem Umgange so genau kennen gelernet, daß ich ihnen einen neuen Begrif von ihnen geben kan. Sie sind gewisse der Welt schädliche Geschöpfe, welche, weil sie nichts anders gelernt haben, die Freyheit bekommen, sich beym Schneider einen Mantel, und bey der Näherin einen Kragen, zu bestellen, damit sie unter dieser Maske den Staat um ihren Unterhalt betrügen können.
So werden sie auch mit ihrer Frau Mama nicht ganz zufrieden seyn, daß sie dem Herrn Tempelstolz das Jawort auf den Antrag um ihre Person gegeben hat?
Erinnern sie mich nicht an mein betrübtes Schicksal. Es ist traurig genug, daß mich der Himmel von einer Mutter gebohren werden lassen, welche in dem mir so schädlichen Irrthume stehet, daß ich nicht ehrlich und nicht glücklich leben könne, wo sie mich nicht an einen Geistlichen verheyrathe. Wenn doch einmahl derjenige, welcher mein Herz schon so lange besitzet, ohne von mir es erfahren zu haben, sein Eigentum erkennte und es mit mir zu beschützen trachtete, so sollte es ihm Herr Tempelstolz mit allen Geistlichen, und mit aller ihrer Politick, nicht entwenden können.
Himmel! liebt sie einen andern? die Schamhaftigkeit, welche ich ihr als meiner Schülerin schuldig bin, verbindet mich zum Schweigen. Zu Wilhelmine. Darf ich nicht wissen, schönstes Fräulein, wer so glücklich ist, ihr Herz, ein so vollkommenes Eigenthum, zu besitzen?
Ach! warum fragen sie? ohngeachtet sie an meinem Geheimnisse grossen Theil nehmen würden, so verbietet mir dennoch die Ehrfurcht für sie als meinen Lehrer, ihnen den Nahmen meines Geliebten zu nennen.
Wenn
Wie großmüthig doch die Philosophen sind! so können sie einem Unbekannten seine Geliebte beständig machen, ohne an die Eyfersucht zu gedenken?
Einen Unbekannten? ich habe mein Schicksal errathen. Nein, hier muß der Philosoph aufhören, ich will als ein beleidigter Liebhaber mit ihr reden. Doch nein, ich muß schweigen, sie ist ein Fräulein. Zu Wilhelmine. Ich bin freylich in diesem Stücke vielleicht zu mitleidig; aber ich bedaure einmal den glückseligen Unbekannten, daß er einen so kostbaren Schatz besitzet, ohne davon zu wissen, vielleicht darf er gar nicht darauf denken; vielleicht hält ihn sein Stand zurück; denn wie darf sich ein Bürgerlicher auf das Herz einer Fräulein Staat machen?
Woher wissen sie denn, daß mein Geliebter bürgerlichen Standes ist? vielleicht kennen sie ihn gar zu gut. Hätt ich mich aber nach der allgemeinen weiblichen Unbedachtsamkeit bereits verrathen,
Ich weiß selbst nicht, was ich für einen geheimen Trieb fühle, für den beglückten Liebhaber das Wort zu führen. Vielleicht liebt er sie auf das allerzärtlichste, denn dazu verbinden ihn die Vollkommenheiten seiner Geliebten. Vielleicht schreibt ihm aber ein wichtiger Umstand das harte Gesetz vor: nur geheim zu lieben. Ich will es ihnen in einem Exempel deutliche machen. Erlauben sie mir, allerschönstes Fräulein, daß ich mich an seiner Stelle setze. Gesetzt, sie liebten mich – – ach! wenn sie mich liebten, – – so würde ich sie auf alle Weise wieder lieben, wie nur ein zärtlicher Liebhaber liebet, dessen Liebe auf den schönsten, auf den würdigsten Vollkommenheiten beruhet – – – ja von dieser Art ist meine Liebe – – würden sie vor Mitleiden wohl mit mir zürnen können,
Erklären sie sich deutliche, liebenswürdigste Wilhelmine; auf den Knien werde ich die schönen Worte erwarten, daß sie mich lieben. – – Habe ich fehlen, und ihnen meine Liebe entdecken müssen, so folgen sie mir in diesem angenehmen, und uns beyden nothwendigen Fehler. Setzen sie die Ehrfurcht an die Seite, und lassen sie ihr Herz reden.
Diese Worte machen mich lebendig. Ich bewundre dabey unser Schicksal, welches uns an einem so verdrießlichen Orte auf unsre ganze Lebenszeit glücklich und vergnügt macht. Doch, ich bedenke vor Freuden nicht, wie viel wir noch an unserm Glücke zu arbeiten haben. Das erste soll seyn, daß ich alle Kräfte anwenden will, ihrer Frau Mama die Vorurtheile für Tempelstolzen zu benehmen. – –
O! diese sind gar zu tief bey ihr eingewurzelt; sie würden daher in dieser
Von dieser Seite wird mir es meinetwegen schwerer werden. Es scheint, als wollte sich Fräulein, Amalia, ihres Herrn Oheims Tochter, meine Liebe versprechen, ja es scheint, als ob er selbst die Leidenschaft seiner Tochter billige; sie wissen aber, wie sehr ich ihm verbunden bin, und daß ich durch seinen Vorspruch meinen Undank vergrössern würde. Er ist war so wenig eigennützig, als meine Liebe erkänntlich gewesen ist, darum dürfte ich vielleicht – – –
Ach! meine Tochter ist – – Gott verzeyhe mir die Sünde, mit dem Herrn Wahrmund allein im Zimmer gewesen.
Nein, die Philosophen sind Leute, welche kein Gewissen haben, und meine Tochter ist noch gar jung, ich weiß, wie schwer es mir in ihrem Alter gefallen, den Mannspersonen zu wiederstehen. Wie ich sage, Herr Bruder, es ist ein Unglück geschehen. Gestehe nur meine Tochter, was du gethan hast, damit ich dich noch heute mit Ehren an den Herrn Tempelstolzen verheyrathe, und du unserm Hause keine Schande machest.
Ich bin ihnen sowohl für ihre Tochter, als auch für den Herrn Wahrmund. Ueberdem können sie versichert seyn, daß ich sie lieber in der Gesellschaft
Versündigen sie sich ja an diesen ehrwürdigen Männern nicht. Ich wollte Herrn Muffeln sowohl, als Herrn Tempelstolzen eine ganze Nacht mit ihr allein lassen, und des Morgens früh meiner Tochter Ehre dennoch versichert seyn.
Dis wäre für die Geistlichen eine schlechte Ehre, für die sie ihnen nicht danken werden. Ich meines theils würde es den beyden Geistlichen sowohl, als dem Herrn Wahrmund ungemein verdenken, wann sie eine ganze Nacht bey einer Schönen Klötzer seyn könnten, und jedermann würde sie einer Faulheit beschuldigen, welche werth wäre, von allen Schönen ausgezischet zu werden.
Was? Herr Bruder, sie glauben nicht, daß die Frömmigkeit solche Leute aus uns machen könne, welche gegen alle Reitzungen der Wollust unempfindlich bleiben?
Aus frommen Castraten, aus abgelebten Greisen, und aus Leuten, welche das ihrige in der Jugend nicht zu Rathe gehalten haben, aus diesen wird sie wohl solche Unempfindliche machen, aber aus Männern, welche ihre ganze Natur noch haben, ist es der Frömmigkeit unmöglich, Klötzer zu machen.
So wenig das Gelübde der Keuschheit einigen Geistlichen die Menschheit auszieht, eben so wenig verkehret die Frömmigkeit die Natur eines Mannes in die Natur eines Castraten.
Ach! was sind das für Reden? ach weh! ach! das Herze fängt mir gewaltig an zu klopfen, ach! ein Herzensstich! ach! das Gewissen beißt mich! ach! der Satan ist da, und hält mir das schwarze Register vor. Ach! Herr Muffel helfen sie mir, helfen sie Herr Tempelstolz! ach! Ehrwürdige liebe Herren, ich bekenne – – –
Ich muß sie nur allein weggehen lassen, damit ich nicht bey der Seelencur der Herren Geistlichen so viel Thorheiten mit anhören darf. Warum aber so traurig, Fräulein Wilhelmine? warum ermuntern sie nicht ihre Schülerin, Herr Wahrmund?
Ach! eine unglückliche Mutter macht ihr Kind zugleich unglücklich. Wozu hilft mir meine wenige Einsicht? zu nichts anders, als daß ich die Schwachheiten
Da ich sie über solche Betrübniß trösten sollte, so muß ich diese vielmehr gerecht sprechen, und für ein Zeichen eines edlen Gemüths annehmen. Dis wundert mich aber, daß sich der Herr Wahrmund die Verwirrung seiner Schülerin so sehr zu Herzen gehen läßt. Hat denn alle Weltweißheit sie auf einmahl verlassen? sind ihnen alle Mittel entfallen, welche diese sonst an die Hand giebt, die verwirresten Gemüther wieder zu erheitern?
Sollten sie die Quelle meiner Bestürzung wissen, Herr von Roseneck, so würden sie mich beklagen, und gestehen, daß sie allein mich zufrieden und glücklich machen könnten. Verzeihen sie meiner Unbesonnenheit diese letzten Worte.
Ich dächte, daß ihnen meine Freundschaft bekannter wäre, als daß sie von mir mit solcher Schamhaftigkeit etwas bitten sollten. Ich bin ihr Freund, Herr Wahrmund entdecken sie mir freundschaftlicher und dreister auf welche Weise ich ihre Zufriedenheit
Ich hab es freylich mehr, als ich verdient habe, erfahren, wie sehr sie mich ihnen mit ihrer Freundschaft verpflichtet, ich statte ihnen auch zugleich den verbindlichsten Dank dafür ab. Aber, ach! ich bin jetzt nur noch unglücklicher. Denn, würde ich ihnen mein Anliegen offenbaren, so würden sie mir freundschaftlich beystehen, sie würden mich glücklich machen, und würden durch diese Freundschaftsbezeugung bewerkstelligen, daß ich wieder das heiligste Gesetz der Freundschaft mich vergehen, und sie beleidigen müste, ja sie würden mich zum undankbarsten unter der Sonnen machen.
Nein, Freund, gesetzt diese Hülfe, welche ich ihnen leisten soll, wäre so groß, daß sie mir dieselbe niemals verdanken könnten, so würde selbst die Unmöglichkeit sie ihrer Pflicht überheben, und ich würde nichts unmögliches von ihnen fodern. Lassen sie mich nicht erst ihr Anliegen durch ungegründte Muthmassungen errathen.
Weil sie es denn so für gut befinden, so will ich ihrem Rathe folgen. Aber ich wage viel dabey. Die Begierde der Gelehrten ein gutes Buch zu besitzen, ist oft so rasend und blind, als die Liebe mancher Stutzer immer werden kan.
Erlauben sie mir, daß ich den Schluß noch daran hänge. Ich weiß aber noch einen andern und vernünftigen Besitzer desselben Buches, welchem ich die heiligste Freundschaft und verbindlichste Hochachtung schuldig bin. Er würde mir solches auf die erste Bitte schon gewähren, ja ich glaube gar, daß er es gern in meine Hände wünschte, weil er es selbst nicht nutzen kan, und bey mir für wohl aufgehoben hält. Ich weiß aber nicht, ob mich mein Eigensinn, oder die Kostbarkeit des er sten, dahin verleitet, daß ich dafür lieber mit allen Schwierigkeiten kämpfen will, als das andre für die erste Bitte, und zwar aus der Hand eines so werthen Freundes, annehmen. Ich habe schon zu verwegen von ihnen gebeten, darum lassen sie mich zeigen, wie weit eine gehemmte Begierde in ihren Wünschen, in ihren Forderungen und in ihrer Verwegenheit gehet. Sie würden mich von einer empfindlichen Bekümmerniß heilen, wann sie mich bey diesem Freunde vertreten und ihn versichern wollten, daß ich sein Geschenke nach meiner Schuldigkeit hochachte, und daß ich es nicht ausschlagen würde, wenn nur mein Herz, welches sich in diesem Falle nicht überreden liesse, jenes Buch nicht so kostbar und so liebenswürdig fände.
Ich habe viel zu viel Ehrfurcht für ihn, als daß ich ihn wunderlich heissen sollte: Die Frau von Birkenhayn besitzet den so kostbaren Schatz.
Das Räthsel wird sich nun selbst auflösen. Zur Fräulein Wilhelmine. Wissen sie mir nicht Nachricht von diesem Buche zu geben? Wissen sie nicht, ob es die Mama zu Hause gelassen, oder ob es mit auf die Kirchmesse gefahren? Aber ich besinne mich, Herr Wahrmund spricht allegorisch. Sind sie vielleicht dieses gute Buch? – –
O! so muß ich doch in der gelehrten Historie viel besser bewandert seyn, als ich selbst glaube. Denn sehen sie, daß sie ganz gewiß das Buch des Hrn. Wahrmunds seyn, habe ich nach derselben errathen. Nun ist weiter nichts übrig, als daß sie mir noch den Freund nennen, bey welchem ich sie vertreten soll. Doch, es ist nicht nöthig, Herr Wahrmund; sie haben ihn durch ihre Wahl gar nicht beleidigt, und sind also bey ihm ausser Schuld, er läßt sie durch mich versichern, daß er ihr aufrichtiger Freund ist Umarmt den Herrn Wahrmund.
Ich gebe ihnen mein Wort, daß, wofern ich noch bey meiner Schwester das mindeste gelte, die Fräulein Wilhelmine nicht den Geistlichen auf nachläßiges Durchblättern von einigen Stunden, sondern ihren Armen zu Theil werden soll. Rechnen sie es mir aber nicht zu, wenn es nicht – – –
Ach! wo bleibt die brüderliche Liebe, Herr Bruder? das ist ein Zeichen vor dem jüngsten Tag! Ach! bey den harten Anfechtungen des Satans lassen sie mich so allein über den Flur gehen? ach! der ganze Flur war voll Teufel, welche ihre feurigen Rachen aufthaten, mich zu verschlingen.
O! so ist es ja gut, daß ich davon geblieben bin, ich wäre auf der Stelle todt geblieben, wann ich die feurigen Rachen gesehen hätte.
Ach! sie können sie noch nicht sehen. Wer erst zum Durchbruche gekommen ist, der hat nur die Gnade, daß er den Teufel leibhaftig zu sehen bekommt. Es kommt nicht ein ieder zu der Ehre, die Anfechtungen des Satans zu haben.
Das ist recht, meine Tochter, und nächst dem Himmel dem Hrn. Muffel und Hrn. Tempelstolz, den lieben Männern. Weint. Ach! was haben sie nicht für Mühe an mich gewandt! Der Herr Muffel sang mir das schöne Lied vor: Nun ruhen alle Wälder; und der Herr Tempelstolz nahm ein Gebetbuch und betete daraus mit unter das Gebet einer Jungfer, welche Verlöbniß halten will. Ach! dis Gebet ist eine rechte Himmelstürmende Hertzensleiter der Seele.
Wie reimt sich aber das Abendlied und das Jungferngebet zu den Anfechtungen, welche sie zu haben vermeinen?
Ach! sie sind noch ein kleiner Schüler in der Frömmigkeit, Herr Bruder; wenn das Abendlied nur eine Nacht aus der Welt wäre, so würde den Morgen drauf der Teufel die ganze Welt geholt haben. Das Gebet aber einer Jungfer, welche Verlöbniß halten will, schickt sich recht gut für mich, denn meine Seele ist noch eine reine Jungfer!
Dem sey, wie ihm wolle, so ist es recht artig, daß der Herr Tempelstolz eben das Gebet einer Jungfer, welche Verlöbniß halten will, gebetet hat, da wir hier von derselben gesprochen haben.
Das ist gewiß ein Wunderwerk gewesen, ja, ja ganz gewiß, das wird uns was gutes bedeuten! Ach! dem Himmel
Ich glaube aber, daß unser Gespräch mehr gefruchtet hat, und nothwendiger gewesen ist, als das Gebet des Herrn Tempelstolzen.
Ey ums Himmels Willen, Wilhelmine! wie kommst du schon zu den Geheimnissen, welche deine Mutter angehen. Ein junges Mägdgen muß die Geheimnisse der Frauen gar noch nicht wissen. Ich will drauf schwören, daß die Philosophie solche Dinge offenbahret – – –
Indessen glaub ich doch, daß es mir und der Fräulein nicht am vortheilhaftesten seyn möchte, ihrem Gespräche mit beyzuwohnen, darum erlauben sie, daß wir auf die Seite gehen.
Sachte! sachte Herr Wahrmund, daß sie sich nicht unterstehen, meine Tochter so dreiste anzufassen! Das schmeckt nach der Welt. Geh, Wilhelmine, wasche dir die Hand, und laß dir Herrn Tempelstolzen einen Seegen drüber sprechen, und dich dein Tage von keinem Philosophen wieder anfassen!
Nun sagen sie mir das Geheimniß. Wann es aber was böses ist, so sagen sie es ja nicht heraus, denn sonst krieg ich alle meine geistliche Anfechtungen auf einmahl wieder.
Ich will es ihnen in wenig Worten sagen. Dero Fräulein Tochter ist die Jungfer, welche Verlöbniß halten will.
Nun! das sey Gott geklagt! das ist ein Zeichen vor dem jüngsten Tage. Glauben sie, Herr Bruder, der Antichrist ist los, gehen sie, und bereiten sich zu einem seligen Ende. Läßt man denn niemandem mehr in Religionssachen die Gewissensfreyheit? Ach! ach! der liebe Herr Tempelstolz soll seine wahre Religion verläugnen, und soll ein Philosoph werden! Nein, er wird es nicht thun, er wird sich lieber in siedendem Oele braten lassen. Und sollte es ja so weit kommen, so wilt ich selbst nach Halle gehen, und mich mit den beyden frommen Herren Professoren vereinigen, welche für die Ehre Gottes wieder die Philosophie eyfern, und welche sehr viel von solchen andächtigen, alten, ehrbaren Matronen, als ich bin, halten sollen; ja ich will mich mit ihnen entweder verbrennen lassen, oder wir wollen machen, daß alle die philosophische Ketzerhunde aus dem Lande gejagt werden.
Was ist das für ein vergebner Eyfer Frau Schwester? sie haben alle ihre geistliche Waffen in den Wind geschossen. Herr Tempelstolz hat nicht eine so schöne Seele von der Natur empfangen, daß sich die Weltweisen um ihn reissen sollten. Sie würden ihm selbst vielmehr rathen, sich bey dem ersten dem besten zum Pfluge zu vermiethen, weil er mit seinem Körper dem Staate mehr dienen könnte, als mit seiner Seele. Meine Rede ist gar nicht von Herrn Tempelstolzen gewesen, ich habe einen ganz andern Bräutigam gemeinet.
Was? meine Tochter hätte einen andern Bräutigam, als den ich ihr gegeben. Nein sag ich, sie hat sonst keinen, und soll auch keinen andern haben.
Aber, Frau Schwester, warum mißgönnen sie ihrer Tochter ein Vorrecht der menschlichen Natur, dessen sie sich selber bedienen, und dessen sie sich öfter bedienen würden, wann sie sich nicht ihre Handlungen von dem Eigendünkel wahnwitziger Geistlichen vorschreiben liessen? Sagen sie mir doch, haben sie nicht heute früh, als sie ihr Kopfzeug aufsetzten, bey sich beratschlaget, welches sie aufsetzen wollten?
Ich bin so eitel nicht, Herr Bruder. Ich verfahre in dergleichen Dingen eben so, als bey meinem Spruchkästgen. Was mir zuerst in die Hand kommt, das
Wenn sie ein Abendlied singen wollen, suchen sie nicht eins aus, welches ihnen am besten gefällt? wählen sie nicht unter den Liedern?
So wählen sie ja doch. Denn, warum singen sie nicht ein ander Lied, als welches ihnen eingegeben wird? warum setzen sie das Kopfzeug auf, welches sie zuerst in die Hand kriegen, warum nicht eines von den andern? Doch, ich muß hören, ob sie in allen Dingen auf eben die Art verfahren? Warum gaben sie dem Herrn von Reißaus nur 12000 für sein Landguth, warum nicht 15000, welche es doch werth war?
Ey nun! in solchen Kleinigkeiten laß ich es nicht nach meinem Spruchkästgen gehen, und vielweniger bemühe ich den lieben Gott damit. In solchen Dingen thu ich nach meinem Gefallen.
Nun, gut, Frau Schwester; einen Mann zu nehmen ist doch wohl nicht unter die wichtigen Dinge zu rechnen, darunter das Liedersingen gehöret?
Nun was soll sich denn ihr Spruchkästgen und der Himmel darum bemühen?
Damit sie sehen, wie sehr ich ihnen folge, so mag sie sich aus den Geistlichen einen Mann wählen, welchen sie will.
Das wäre nicht anders, als wenn ich keinen Raben haben wollte, und sie gäben mir 100. Raben, und sagten: suchen sie sich einen Vogel darunter aus, welchen sie haben wollen. Das ist so viel als keine Wahl. Die Wahl ihrer Tochter muß so frey seyn, daß sie sich über alle Stände in der Welt erstreckt. Sie müssen ihr erlauben, einen Edelmann, oder einen Gelehrten, oder einen Geistlichen, oder einen Kaufmann zu wählen.
Die Edelleute sind heut zu Tage zu weltlich, die Gelehrten sind zu vernünftig, und die Kaufleute sind zu geitzig. Die Geistlichen aber haben alle schöne Tugenden an sich. Sie leben nicht nach der Welt, sie lassen alles über sich hergehen, sie sind hübsch unvernünftig, sie sind keine Philosophen, sie glauben hübsch, was die Alten geglaubt haben, sie läugnen die nothwendigsten Dinge zur Seligkeit nicht, als da sind die Gespenster, die Hexen, und den Teufel. Ich kan die Tugenden dieser Männer nicht weiter erzählen, es sind ihrer zu viel.
Sie irren sich sehr, Frau Schwester, es giebt auch Edelleute, welche von
Nun so mag sie wählen was sie will, wann sie nur keinen Philosophen und keinen aus einer andern Religion wählt.
Wann ihre Wahl auf einen rechtschaffnen Philosophen fällt, so kan sie nicht besser und nicht glücklicher gerathen. Doch ich will sie nicht länger aufhalten, die recht vernünftige Wahl ihrer Fräulein Tochter ist auf den Herrn Wahrmund gefallen, ihren ehemaligen Lehrer. Ich billige sie um desto mehr, weil er nächstens in ein Amt kommt, welches unserm Geschlechte Ehre bringen wird.
Nein das geb ich nimmermehr zu. Ich sollte mein Kind an einen Philosophen
Nicht so hochmüthig Fräulein! sie müssen wissen, daß ich das Jawort schon von ihrer Frau Mama
Zanken sie sich jetzt nicht, meine Herren; sehen sie nicht, daß ihre Patronin in den Anfechtungen liegt? sie hat schon wieder über die Erscheinung des Teufels geklagt.
Nein, wir müssen in dieser Sache keinen Gewissensscrupel haben, ich will geschwinde gehen, und will sehen, ob man
Ach! Herr Bruder sie spotten, sie fangen wahrhaftig an, ein Atheist zu werden. Und du Wilhelmine, du Unkraut, du sollst deinen Philosophen nicht eher heyrathen, als bis ich todt bin.
Für dich wird sie sich nicht schicken. Zu Wilhelmine. Ach! wenn sie erfahren hätten, wie süsse es thut, wenn man von einem Prediger in der Frömmigkeit erbauet wird.
Wann ich zum Exempel die Ehre hätte, ihr Mann zu seyn, so wollte ich sie fleissig aus Müllers Liebeskusse erbauen.
Ich kan sie versichern, daß sie an mir einen recht frommen Mann haben würden. Ich würde sie nicht, wie die andern Dorfpriester, im Garten und auf dem Felde arbeiten lassen.
Ich glaube, der Kerl will mir meine Liebste abspenstig machen.
Zu Muffeln. Nun! nun! Herr Confrater, ich werde doch wohl wissen, was ich mit ihr werde machen müssen, wann sie meine Frau seyn wird.
Ich weyn es so böse nicht, Herr College. Kommen sie hinein, ich habe mich ganz durstig gesungen, und der Abendsegen wird ihren Hals auch trocken gemacht haben, wir wollen eins drauf trinken. Zu den Fremden. Wollen sie nicht mit uns ein wenig hineingehen?
Nun Wilhelmine, weil wir beyde allein seyn, so frag ich dich auf dein Gewissen; hast du nicht schon deine Religion verläugnet, und bist zu der philosophischen Secte übergegangen? Verschweige mir nichts. Hast du nicht Gott, deine Eltern, und die Brüste, die dich gesogen haben, verschwören müssen? Weint. ach du armes Schaaf! ach deine verlohrne Seele!
Ums Himmels willen, Mama, wie können sie solche Gedanken von der edelsten Wissenschaft hegen? die Philosophen mögen Heyden, Juden oder Türcken seyn, so schadet es ihnen an der Philosophie nicht das geringste, und die Philosophie ändert weiter nichts an ihren Glaubenslehren, als daß sie das abergläubische davon absondern, und dieselben richtiger einsehen lehret. Sie entdecket das scheinheilige eines unvernünftigen und auf die Lehrsätze der Pfaffen gebauten Gottesdienstes, und lehret ein höchstes Wesen vernünftig verehren.
Pfui, schäme dich, die Vernunft wird von allen Canzeln und Universitäten verflucht. Ach Wilhelmine! Wilhelmine! bedenke, was du deiner Mutter für Herzeleid anthust, ich werde ewig weinen müssen Weint. wann ich im Himmel seyn, und dich mit der Vernunft und allen Philosophen in der Hölle werde brennen sehen.
Ich bin ein demüthiger Knecht von ihnen, gnädige Frau, und von ihnen gleichfalls gnädiges Fräulein. Warum haben sie uns
Ach so viel verdient eine arme Sünderin nicht. Doch, wollten sie es nicht versuchen einen ganzen Tag beständig für mich zu beten, Herr Pastor?
Das möchte ein Schelm aushalten. Zur Frau von Birkenhayn. O ja, gnädige Frau, ihnen zur Liebe, wohl eine ganze Woche.
Eine ganze Woche würde mir zu viel Geld kosten. Zu Muffeln. Nur einen Tag, und den will ich ihnen recht gut bezahlen, denn ich weiß, daß ihr Körper auch leben will.
O der Madensack braucht nicht viel! aber mein Gewissen treibt mich, ihnen eine Sache zu entdecken, für der sie sich zu hüten haben. Sie trauen dem Herrn Tempelstolz etwas zu viel zu, er hat noch nicht solch ein rechtschaffenes Herz, als sie wohl denken, und es sollte mir leid thun – – –
Ey! ey! was haben sie auf den Herrn Tempelstolz zu sagen? er ist ein frommer Mann, er ist rechtschaffen, er ist ein Eyfrer, er ist mein Beichtvater.
Sie haben recht gnädige Frau. Ich habe nichts an ihm auszusetzen; ich wil nur so viel sagen, daß er gegen Euer Gnaden gnädige Fräulein- Tochter nicht die gehörige Ehrerbietigkeit bezeiget. Er betrachtet ihren Stand gar nicht, er bedenkt gar nicht, daß sie ein Fräulein ist.
Das hätt ich mich nimmermehr an dem Herrn Tempelstolz vermuthet. Er wird doch an das alte Sprüchwort noch glauben: Ehre, dem Ehre gebühret! Ich bin nicht hochmüthig, aber dazu ist der Adel von Gott einmahl eingesetzt, daß die andern Stände Ehrfurcht vor ihm haben sollen.
Sie haben ganz recht, gnädige Frau. Und wann ich, dero gehorsamster Knecht, der hohen Ehre gewürdigt werden könnte, mich mit dero hochadelichen und gnädigen Fräulein-Tochter zu vermählen, so würde ich nicht unrecht thun, wenn ich mich, ihres Adels wegen, der eingesetzten männlichen Herrschaft gänzlich begäbe.
Es ist Schade für mich sowohl als Dero gnädige Fräulein Tochter, daß der Herr Tempelstolz schon Dero Jawort erhalten. Ich wüste sonst wohl, was ich auf des Himmels Eingebung zu thun hätte. Vielleicht würden sie auch etwas thun, gnädige Frau, wofür sie der Himmel belohnen würde.
Das Jawort des Hrn. Tempelstolzen schadet ihnen nicht. Meine Tochter will ohnedem gern wählen, darum sollen sie mein Jawort auch haben. – – –
Was? Frau v. B. sie werden ja ihr Jawort nicht an zweye geben? Wissen sie wohl, daß die, deren Worte auf Schrauben stehen, lügen, und daß die Lügner des Teufels sind?
Ich habe nur meine Concordanz nicht bey mir, sonst wollt ich es ihnen beweisen. Holen sie nur ihre so lange, Herr Confrater.
Das ist ein anders! hören sie meine liebe Herren, ich will den Streit so beylegen, daß keinem Unrecht geschehen soll. Wie ich merke, so ist meine Tochter unter Philosophen gerathen, und hat sich von der Weltweißheit ganz einnehmen lassen. Wer sie nun von ihnen beyden wieder auf den rechten Weeg bringen kan, der soll sogleich Verlöbniß mit ihr halten.
O gnädiges Fräulein, so erlauben sie mir, daß ich zum Voraus ihre schöne Hand küsse, denn ich werde gewiß gewinnen.
Machen sie sich nur immer zu unserm Verlöbnisse bereit, Fräulein, denn ich werde ihnen die Hölle recht heiß machen. Ich weiß am besten, wie man das philosophische Unkraut dämpfen muß, ich will es mit sammt der Wurtzel ausrotten.
Wie wollen sie es doch angreifen? Ich bin erst kürzlich in der Stadt gewesen. Meynen sie nicht, daß ich was rechts daraus mitgebracht habe?
Und wann sie auch die Stadt selbst mitgebracht hätten, so müssen sie wissen, daß ich eine Postille mehr habe als sie, sie haben ohndem daran eine ungerade Zahl.
Reden sie nur gar nichts mehr, Herr Confrater, mein Dorf ist ein königliches Dorf, und ihres gehört nur einem Edelmanne. Ich habe mehr Macht den Teufel zu bannen, als sie.
Was helfen ihnen diese unnöthigen Worte, meine Herren? ich were mich vor dem königlichen Dorfpriester so wenig fürchten, als vor dem adelichen.
So lassen sie es nur auf meinen Ausspruch ankommen, der Herr Tempelstolz mag sein Heil zuerst versuchen.
Nun, so wollen wir sie beyde alleine lassen. Ich werde unterdessen für sie beten, Herr Tempelstolz; Herr Muffel soll mir helfen.
Wenn der verzweifelte Kerl nur nicht solche Streiche mit ihr macht, als ich mit Cathrinen in der Betstunde.
Nun, mein Herr Tempelstolz, sie werden mir viel zu sagen haben, aber sie werden mir einen Gefallen thun, wann sie nicht lange damit verziehen. Ich bin sehr begierig, entweder von ihnen überwunden zu werden, oder sie in ihren Meynungen schamroth zu machen.
Nun, weil sie denn noch so verwegen bey ihrem Irrthume seyn, so sollen sie hiermit wissen – – – doch ich will mich noch auf die rechte Art bedenken, wie man solche Feinde der Kirche, als die Philosophen sind, angreifen muß. Geht auf und nieder, und thut, als ob es ihm sauer würde.
Ich will ihr gleich mit Nachdruck und mit der Schärfe ins Gewissen reden. Zu Wilhelmine pathetisch. Aber Fräulein – – – Aber Fräulein – – – wollen sie nicht Gott die Ehre anthun, und mir bekennen, daß die Philosophie vom Teufel ist, und daß sie als eine Anhängerin derselben verlohren sind? wollen sie derselben nicht abschwören?
So hören sie mich nun auch auf einen Augenblick. Ich habe ihnen und allen ihres gleichen etwas nöthiges zu sagen. Unser Vaterland hat zwar nicht mehr nöthig, sich von einem einzigen Geistlichen alles, was es denken, glauben und läugnen soll, vorschreiben zu lassen; es hat aber an des Einen statt eine ganze Menge Päbste bekommen, so viele nemlich, als es unvernünftige Geistliche hat. Sie selbst sind einer von diesen zwar ganz kleinen, aber recht großherrischen Päbstgen. Ich aber gehöre nicht unter die Heerde ihrer Layen. Mich dünckt, recht und vernünftig zu handeln, wenn ich ihnen nicht das geringste auf ihren
Die ist ja ganz besessen von der Philosophie. Es wird Muffeln gewiß nicht besser gehen; doch, ich weiß, was ich tun will, sie soll bald anders werden. Ich will den Sonntag in der Kirche vor sie bitten.
Wann ich wüste, daß ein studirter Bettler draussen wäre, so wollt ich ihn bis Morgen früh anklopfen lassen. Ich weiß nicht, was die Thoren dazu bewegt, daß sie darum auf die Universität ziehen, damit sie hernach vor den Thüren der Dorfpriester ihr Brod betteln können – – –
Der Herr verziehe noch ein wenig, es ist mir noch nicht gelegen. Ich dachte sonst, die Narren studirten nur auf einen Priester, oder Advocaten, oder Docktor, aber, wie ich nun bey meinem Herrn aus der Erfahrung gelernt habe, so müssen sie auch auf einen Vaganten studiren, denn so nennt mein Herr die gestudirten Bettler – – –
Nein, es ist doch kein Vagant, wie ich dachte. Vielleicht ist es aber eine Vagantin die Kerls wenden auch wohl Frauen haben, wie andre Menschen.
Sie spricht schon in dem Bettlerthone, das hör ich an dem Titul. Zu ihr. Nein, dis Haus gehört zur Pfarre. Der wohlehrwürdige und hochgelahrte Herr, Herr Pastor Muffel, hat im Dorfe kein eigenes.
Ja, mit Leib und Seele, und mit seinem treufleissigen Hausknechte Petern, das bin ich, und mit der weiland gewesenen Jungfer, Jungfer Cathrine, seiner Haushälterin.
Nein, aus vieren. Ich bin eine Person, mein Herr ist auch eine, aber Cathrinen muß ich gewisser Ursachen wegen für zwey Personen rechnen. Aber, mit Erlaubniß, wollen sie etwan einen Zehrpfenning von meinem Herrn auf die Wanderschaft, oder haben sie vielleicht den morgenden Kirchmeßbraten gerochen?
Ey! ihr ungeschliffner Flegel, meynt ihr, daß ihr eine gemeine Küsterfrau oder
Nicht so böse, Frau Conrecktorwittwe! ich habe allen Respeckt vor ihnen, ich wuste nicht, daß sie so hoch titulirt sind. Sagen sie mir nur in der Güte, wie man sie nennen muß, man kan einem ja seinen Titul nicht gleich an der Stirne lesen.
Jetzo heisse ich noch die Frau Conrecktorin, und das mit Recht. Denn es hat mir 400. Rthlr. an Präsenten gekostet, als mein seliger Eheliebster das Subconrecktorat mit dem Conrecktorate verwechselte. Ja ich habe noch überdem bey den Patronen der Schule manche bittre Thränen vergiessen müssen, ehe mein Mann durchdringen konnte.
Ist denn ein Conrecktor eine so grosse Creatur, daß sie ihren sel. Eheliebsten mit 400. Rthlrn. und mit ihren milden Zähren dazu verhelfen müssen?
Allerdings. Ueberdem wollte mein Mann nicht länger den kleinen Jungen die Knipgen mit dem Lineale auszahlen, und ich wollte gern Frau Conrecktorin heissen.
Nein, den will ich eben nicht sprechen. Ich habe gehört, daß mein künftiger Herr Eheliebster, der wohlehrwürdige und hochgelahrte Herr, Herr Pastor Tempelstolz, hier seyn soll.
Er ist zwar hier, aber nicht als ihr künftiger Herr Eheliebster, sondern als der Fräulein Wilhelmine von Birkenhayn Bräutigam.
Was sagt ihr? was? was hat der Betrüger? sich schon eine Braut angeschaft? der Heuchler! ich will ihm lehren was er nicht weiß. Der Spitzbube! hier bring ichs ihm vom Consistorio, daß er mich heyrathen muß. Der Landstreicher! Ich will gleich hinein, ich will ihm die Augen auskratzen. Weil er macht, daß mir die Galle aufsteigen muß, so soll er sie auch recht bitter schmecken. Ich bin der Teufel selbst, wenn ich anfange; Laßt mich hinein – – –
Ich will ihn lieber herausrufen, damit sie wenigstens alleine mit ihm seyn, wenn sie ihm die Augen auskratzen, er möchte sich schämen, wenn sie es vor allen Leuten thäten, die drinnen sind.
Du unverschämter Betrüger, du Heuchler! wenn ich nicht in der Welt gewesen wäre, so sässest du noch in der Armenschule, und fastetest alle Tage einmahl, war ich dazumal nur gut genug, als du mir mein Geld ablogest? muß es nun ein Fräulein seyn, nun ich dich zum Brode verholfen. – –
Sie müssen mich und meinen Herrn ja nicht für Engel ansehen, mein Herr von Roseneck. Ich habe mein Lebestage bey Bauern und Krügern genug gedient, aber so viel hab ich in keinem Hause zanken gehört als hier. Ja bey dem Cartenspiele unsrer betrunkenen Knechte geht es viel friedlicher zu, als wenn ihrer zwey oder drey Geistliche bey meinem Herrn zusammenkommen. Man sollte schwören, sie wären dazu ins Amt gesetzt, daß sie sich in ihrem Leben brav herumzanken sollten. So viel Geistliche in unserm Hause sind, so viel Ketzer sind auch allemal drein, denn einer macht den andern dazu.
Er hat recht, es ist kein zanksüchtiger Thier in der Welt, als ein Orthodox, sonderlich auf dem Lande. Zu Petern. Aber wer ist denn diese Matrone?
Schimpfen sie sie ja nicht für eine Matrone, Herr von Roseneck, sonst sind sie unglücklich, sie heist Frau Conrecktorin schlechtweg.
Ja, die bin ich, ich suche hier einen Betrüger, einen verlaufnen Schulmeister, einen Erzschelm, einen Spitzbuben, einen – – –
Das sind schöne Titul für einen Geistlichen. Aber Frau Conrecktorin, warum geben sie ihm diese heßliche Beynahmen, womit hat er sie verdienet?
Er hat noch mehr, als diese Titul verdienet, mein Herr, hören sie nur den ganzen Verlauf der Sachen an, so werden sie mir gewiß Recht geben. Ich bin nunmehro, Gottlob! eine Frau von 65 Jahren, und werde ihnen nichts vorlügen. Vor zwey Jahren, als mir mein seliger Herr Eheliebster, der Herr Conrecktor, Herr Andreas Puncktum, absturb ach! es war doch ein lieber Mann, Gott laß ihn selig
Ich wurde darüber so treuherzig, daß ich ihm all mein Bisgen Geld sehen ließ, und ihm zu verstehen gab, daß ich ihn Lust zu heyrathen hätte, wofern er sich dadurch einen Dienst verschaffen könnte. Auf diesen Antrag war er vor Freuden so ausser sich, daß er mich ich weiß nicht wie viel Meilen auf den Händen getragen hätte, wofern ich es
Er versprach mir hingegen auf das heiligste, mich zu heyrathen, und wir machten auch sogleich Verlöbnis, als er die Vocation empfieng. Als er aber die Antrittspredigt gehalten hatte, so wolte er nichts mehr von mir wissen, und schmiß mich, als ich ihn besuchte, zum Hause hinaus, verdammte mich auch noch dazu uf ewig da ich als eine Frau von so viel Jahren noch heyrathen wollte.
Allerdings. Weil ich ihm in seinem Bette zu alt war, so kam es ihm nicht drauf an, mich aus demselben in die Hölle zu verstossen.
Da haben sie auch weit zu fallen gehabt, denn die Hölle muß doch wohl über 100. Meilen von Hrn. Pastor Tempelstolzens Bette seyn?
Ihr irret euch, guter Peter ieder Geistliche bauet sich in seinem Gehirne eine
Ich habe ihn darauf vor dem Consistorio verklagt, und bringe ihn von demselben den gerechten Spruch mit, daß er mich entweder heyrathen, oder abgesetzt werden soll.
Wie ich aber gehört habe, so soll er auf die Hoffnung den Proceß zu gewinnen, sich bereits um ein adeliches Fräulein beworben haben. Aber nein, sein Spitzbubenstreich soll ihm nicht gelingen. Nein, nein; er muß mich nun durchaus nehmen.
Was wird ihnen dies aber helfen, Frau Conrecktorin? was werden sie für gute Tage bey einem gehäßigen Ehemanne haben, sonderlich bey einem Geistlichen? Es
Das soll er wohl bleiben lassen. Mein Herr, sie wissen noch nicht, was in mir steckt, sie kennen mich noch nicht. Ich bin eine sogenannte böse Frau, das ist, ich habe Herz und Macht, einen Mann nach meinem Kopfe zu regieren. Ich werde es nicht anders mit ihm machen, als mit dem seligen Hrn. Conrecktor. Von dem Gelde, das ich noch habe, bekommt er keinen Pfennig in seine Hände. Sein Einkommen nehme ich gleichfalls zu mir, und gebe ihm nichts mehr davon, als ich will, und als er durch die schönste Liebkosungen von mir erbettelt. Wird er Geld von mir haben wollen, so wird er mir gewiß die Backen streicheln müssen, und ich werde seine liebe Frau, sein schönes Mütterchen, sein Schatz, sein Brigittchen, sein Herzgen und sein Alles seyn.
Dazu hat die Natur mir und allen Weibern die Zunge verliehen. Was uns an Stärke abgehet, ersetzen wir durch Schimpfen. Ich will ihm die Ohren und das ganze Haus so lange vollschreyen, ihm
Ich kan es nicht läugnen, ich gönne Herrn Tempelstolzen solche brave Frau, denn er hat sie längst verdienet. Kehren sie sich daran nicht, daß er sich hier bereits un eine Braut beworben, er ist der Fräulein Wilhelmine weit ungelegener mit seiner Liebe gekommen, als sie ihm nach der Antrittspredigt gekommen sind. Sie bringen zur glücklichen Stunde ihren Befehl vom Consistorio, und befreyen meiner Schwester Tochter von einem verdrießlichen Liebhaber. Wann sie nur den Herrn Muffel auf eben solche gute Manier los würde!
Der könnte sehr leicht aus dem Sattel gehoben werden, mein Herr von Roseneck. Ich dürfte nur reden, den Augenblick – – aber ich würde mich dadurch nur dienstlos und unglücklich machen.
Sorget für nichts, Peter. Wofern ihr mir in dieser Sache eure Dienste leistet, so bin ich euch nicht nur für allen Schaden gut, sondern ich verspreche euch auch überdem – – –
Wenn sie mir nur für allen Schaden Bürge sind, so verlange ich weiter nichts. Ich bin eben nicht eigennützig. Mein Herr hat es noch viel gröber gemacht als
Durch die Küchenpredigten hat er sie zu einer Abendbetstunde vorbereitet, welche er eine Woche lang mit ihr gehalten – – –
Diese Abendbetstunden hat er darum gehalten, damit sie ihm eine gewisse halbe Stunde nicht versagen könnte – – –
Hierauf hat er mir die Catharine, und 100. Thlr. für das, was er ihr gestohlen anschmieren wollen, aber ich bin mehr ehrgeitzig, als geldgeitzig, ich verlange sie nicht, ob ich gleich nur ein armer Baurenknecht bin.
Als Tempelstolz noch Armenschulmeister war, hätte er sich kein Gewissen draus gemacht, eine solche Cathrine mit 100. Rthlrn. zu nehmen, er hätte ihrem
Ihr hattet mir nichts nützliches entdecken können, Peter. Wir müssen es dahin bringen, daß sich Muffel noch eher mit Cathrinen versprechen muß, ehe die Fräulein Wilhelmine von ihrer Mutter ihm die Hand zu geben gezwungen wird. Meine Schwester muß also Nachricht von dieser heimlichen Liebesausschweifung des Herrn Muffels bekommen. Ih befürchte aber, daß ihre Vorurtheile für ihn nicht zulassen möchten, uns das geringste zu glauben, wo wir es ihr nicht augenscheinlich machen.
Lassen sie mich nur machen, ich will diese Heimlichkeit meines Herrn auf eine Art offenbar machen, welche gewiß in die Augen fallen soll.
Versucht es, Peter, und thut euer möglichstes dabey. Die Frau Conrecktorin will ich auch gebeten haben, sich nicht eher sehen zu lassen, als bis Peter den Herrn Muffel öffentlich schamroth gemacht hat. Wann sie sodann zu rechter Zeit dazu kommen, und sich dem Herrn Tempelstolz als seine verstoßne, und von hoher Obrigkeit wiedergegebe Braut zeigen, so wird meine Schwester beyde Augen zugleich aufthun müssen. Wann sie uns in dieser Sache helfen wollen, so soll es auf
Ihr aber, Peter, führet die Frau Conrecktorin unterdessen in ein Zimmer, wo sie von niemand eher gesehen wird, als es Zeit ist. Ich werde den Ausgang mit Schmerzen erwarten. Spielet ihr nur eure Rolle gut, Peter, ich will euch zuvor einigen Unterricht darin geben.
Ob ich gleich dumm aussehe, so habe ich doch einen polirten Kopf. Ich habe was recht listiges im Sinne. Geht mit Brigitten ab.
Sind noch mehr Fremde angekommen, Herr von Roseneck? oder wer war diese Alte, welche jetzt mit Petern von ihnen gieng?
Diese Frau ist eben jetzo zu ihrem und der Fräulein Wilhelmine Glück hieher gekommen. Herr Tempelstolz wird ihnen gar nicht mehr im Wege stehen, so bald meine Schwester diese Matrone wird gesehen und gesprochen haben.
Dem ohngeachtet werde ich vor wie nach gleich unglücklich bleiben. Gesetzt auch, daß mir weder Tempelstolz noch Muffel das geringste in meiner Liebe schaden könnten, so ist doch jetzo der Haß ihrer Frau Schwester gegen mich so unversöhnlich geworden, daß er mir auch noch die wenige Hofnung und das Zutrauen, so ich auf ihren vielgültigen Vorspruch gesetzet, geraubet hat, denn ich bin in den Augen der Frau von Birkenhayn nunmehro der abscheulichste Bösewicht, und darf mich nicht mehr vor ihr sehen lassen.
Der Zufall ist sonderlich. In dem Augenblicke, da mir das Glück Mittel und Wege gezeiget, sicher zu unserm Endzwecke zu gelangen, da ich zu meiner größten Beruhigung meine Schwester im Geiste von ihren Vorurtheilen für die beyde Geistliche gerettet, und sie mit der Fräulein Wilhelmine schon verbunden sahe, in eben dem Augenblicke hat das Glück auf der andere Seite alle Hofnung wieder hingerissen? entdecken sie mir doch den Grund dieses unvermutheten Uebels.
Sie waren kaum von uns hinausgegangen, als Tempelstolz so wütend in das Zimmer trat, als ob wir ihm seinen ganzen geistlichen Staat mit allen dazu gehörigen Spielwerken des Aberglaubens genommen hätten.
Er wuste freylich mehr als zu wohl, daß uns ihr Schutz fehlte. Denn den Augenblick, da ich ihn sahe, war ich ein Verführer, ein Atheist, ein Zauberer, ein Teufel, und was er nur abscheuliches wuste. Ich hatte die Fräulein die Philosophie gelehret, und sie dadurch zur Atheisterey verführet, ich muste ihre Sinnen oder seine Predigten bezaubert haben, weil er mit denselben nichts ausrichten konnte. Er that mich in den Bann, er verdammte mich mit Leib und Seele in die Hölle, und mein Glück war, daß er die Macht nicht hatte, sonst hätte er sogleich in dem Zimmer einen feurigen Backofen und ein Dutzend Teufel erschaffen, und mich ohne alle Gnade hineinschieben lassen.
Wahrheit und Vernunft sind sehr glücklich, daß die Geistlichen diese Macht nicht haben, sonst wären sie in einem Tage ausgerottet. Nunmehro aber bin ich ihre Liebe wegen ganz unbesorgt. Denn weil der Haß meiner Schwester gegen sie nur von Tempelstolzens Eyfer entzündet worden, so wird er eben so bald wieder verlöschen, als er entglommen.
Wenn sie etwas wissen, welches mir die geringste Hofnung wiedergeben kan, so
Es sind die beiden Geistlichen mit ihrer Niederträchtigkeit und Boßheit, welche ihnen wieder sich selbst beystehen. Die alte Frau, welche sie den Augenblick erst von mir gehen sehen, ist Tempelstolzens Braut, durch deren Geld er sich ins Amt gestohlen. Er hat sie hintergehen, und einer 65 jährigen Frau ein junges Fräulein vorziehen wollen; sie hat aber einen Befehl vom Consistorio bey sich, welcher ihn wieder seinen Willen Recht zu thun zwinget. Muffel aber hat sich in seine Köchin so stark verliebt gehabt, daß er ihr sich selbst ohne Zeugen angetrauet hat, und sie ietzt auch, ohne sie zu lieben, heyrathen muß.
Mein Erstaunen über diese lasterhafte Aufführung unserer Geistlichen ist nicht geringe. Allein in dem sie durch dieselbe wieder ihren Willen mein Glück befördern, so bin ich zufrieden, daß ich zu meinem Endzwecke gelangen kan, ohne aus Liebe niederträchtig zu werden. Kommen sie, mein werthester Herr von Roseneck; lassen sie uns keine Zeit versäumen, ietzt beruhet es nur darauf, daß sie die Frau von Birkenhayn davon benachrichtigen, so bin ich den Augenblick glücklich und vergnügt; ich kan den glückseligen Augenblick kaum erwarten.
Wir würden uns übereilen, mein Herr Wahrmund, wenn ich ihrem Rathe folgte.
Vielleicht kan ich ihre Neubegierde genug thun, mein Herr von Roseneck, weil ich Schulen und Academien, als die Pflanzgärten dieser Leute, mehr als sie besucht habe. Wir dürfen nur die Art untersuchen, wie auf Schulen die sogenannte Brodstudia gewählt werden. Diese Wahl kommt entweder auf die Eltern, oder auf die Lehrer, oder auf den Schüler, doch auf diesen am allerseltensten, an. Die Eltern wählen allezeit für ihr Kind nach ihrer Einsicht, und nach ihrem Eigennutze. Ein einfältiger Bürger hat vielleicht einen Beichtvater, der reich und geehrt
O der Sohn wir ein stolzer, unwissender, und geiziger Heuchler werden! aber schlägt die Wahl der Lehrer nicht glücklicher aus?
Diese Wahl überschüttet den Staat mit den allerschädlichsten Creaturen. Denn ein Schulmonarch, welcher einem Vater seines Kindes wegen rathen soll, schliesset allemal bey sich selbst nach folgenden vier Arten. Entweder, Hanns ist dumm, Hanns muß ein Prediger werden; oder Hanns ist tückisch, Hanns muß ein Prediger werden; oder Hanns ist ein Freund der Schulfüchserey, Hanns muß ein Prediger werden; oder Hanns kan gut schreyen, Hanns muß ein Prediger werden. Hierauf wird Hanns trotz der Vernunft, und trotz seinem Triebe, ein Prediger, weil ihn der Herr Recktor, oder
Diese Schlüsse sind in der That sehr lächerlich, aber vielleicht folgen sie aus den Vorurtheilen, welche die Vernunftlehre dieser Leute auszumachen pflegen, ganz natürlich?
O! sie sind nach ihrer Auslegung gar nicht zu wiederlegen. Sie wissen, daß mit der Dummheit allemal eine gewisse Dreistigkeit verknüpft ist, die abgeschmacktesten Meynungen bis aufs Blut zu behaupten, und daß diese Eigenschaft sehr ofte zu den nothwendigsten Eigenschaften eines Geistlichen gezählet werde. Sie wissen, daß der Aberglaube an den tückischen Gemüthern seine rechte Grundstützen findet, weil sie die verborgensten Räncke erfinden, durch welche sie sein Reich ausbreiten, und sein Ansehen auch bey den Grossen dieser Welt befestigen können. Sie wissen, daß einer, der sich in ihre Schulfüchsereyen vertiefet, aller Lust und Fähigkeit, Wahrheiten einzusehen, beraubet wird, und in Hirngespinnsten und Fabeln sein gröstes Vergnügen findet. Wer hecket aber die mehrsten Fabeln und Hirngespinste aus, als die ohne Vernunft schwärmende Einbildungskraft eines Geistlichen? Wer gut schreyen kan, der füllet eine Kirche geschickt aus, wer eine große Kirche geschickt ausfüllet, der kan gut predigen;
Meine Verwunderung hat sich schon um ein grosses gemindert, da ich höre, was für schöne Pflanzen zum geistlichen Stande erzogen werden.
Diese Pflanzen können auch nach dem, was von allen Geistlichen zu ihrem Stande erfordert wird, nicht besser ausgelesen werden. Man sollte sich wenigstens von der freywilligen Wahl des Schülers was Gutes vermuthen – –
Sie werden mir aber gleich zugeben, daß auch dieselbe fehlschlage. Denn aufgeweckte und muntre Köpfe sehen gar zu deutlich vorher, daß sie die dazu gehörige Eigenschaften nicht besitzen, daß Dummheit, Unverschämtheit, Aberglauben, und Betrug ihre Feinde sind, welche sie lieben müsten, wann sie Mantel und Klagen wählten. Ein seichtes, schläfeiges und tasterhaftes Gemüthe hingegen wählet den geistlichen Stand, weil es sich zu keinem andern so brauchbar befindet. Wird ja ein aufgeweckter Kopf zuweilen durch Dürftigkeit genöthiget, diesen Stand zu erwählen, so muß er schon ein Glückskind seyn, wenn er seinen Vorsatz vollführen will; Denn, weil er nicht heucheln
Vielleicht findet er auch in diesen Ständen viel eher Gelegenheit, vernünftig zu leben als in einem ehrwürdigen Amte – – – Aber da kommt Peter, was mag er mit den Büchern wollen?
Ja freylich, denn seine Postillen sind seine Gelehrsamkeit, sein Chorrock ist seine Frömmigkeit, und seine Besoldung sein Reichthum.
Mein Herr will eine Betstunde mit der Er will die Bücher auf den Tisch setzen, läßt aber eins davon fallen. Wo mein Herr dis sähe, so wär ich unglücklich; er würde gewis die arme Postille so nachdrücklich an meinem Puckel rächen, daß ich fast selbst glauben sollte, ich hätte mich an derselben versündiget. Er stellt die Postillen aufrecht auf den Tisch an einer Ecke.
Aber habt ihr die Frau Conrecktorin schon in ein Zimmer geführet, wo sie so lange verborgen bleiben kan?
Ja, mein Herr von Roseneck. Ich habe ihr auch schon ein paar Krüge Bier gebracht, worin sie tapfer gezogen, weil sie nicht nur den Durst stillen wollte, sondern auch glaubte, Tempelstolzen desto herzhafter begegnen zu können. Doch da kommt mein Herr, lassen sie sich beyleibe noch nicht das geringste gegen ihn merken. Geht ab.
Es fallen einige von denen, die Peter hingesetzt, herunter. Ey! ey! die lieben Bücher! Hebt sie auf und küßt sie. daß sie der Bösewicht nicht sichrer hingest hat; ey, ey! mit solchen Heiligthümern muß man behutsam und ehrerbietig umgehen, man kan sich leicht daran versündigen.
Ein schuldiger Fürbitter für sie, mein Herr von Roseneck. Für sich. Die Wahrheit kan ich ihm unmöglich sagen. – – Ich habe sie aus meiner Bibliotheck – – – welche hinter jenem Zimmer ist, – – – hieher bringen lassen, – – weil ich sie zum – – Für sich. ja der Teufel! zum Ausstauben habe hieher bringen lassen.
Nichts gelehrtes! Beyleibe nicht! sie machen sich die Hände schmutzig, Für sich. wo er mit seinen Händen drüber geräth, so macht er sie mir auf Zeit meines Lebens unbrauchbar. – – Es ist nichts sonderliches darunter. Er pack sie zusammen, und breitet sich drüber aus. Nichts sonderlichs! nichts gelehrtes – – sie machen sich die Hände nur schmutzig.
Versuchen sie es doch mit ihm, ob sie ihn nicht in der Güte von der Liebe der Fräulein Wilhelmine abbringen können, so brauchen wir nicht mit der Schärfe mit ihm zu verfahren, und ihn öffentlich zu schanden zu machen.
Ihr Feind würde nicht so großmüthig mit ihnen umgehen! Ich will ihrem Rathe folgen. Zu Muffeln. Ich hätte sehr was nothwendiges mit ihnen zu reden, Herr Muffel, wollen sie mir nicht ein wenig zuhören?
Ich de ja meine Schuldigkeit zu beobachten wissen. Dazu bin ich ja im Amte, daß mir meine Zuhörer sagen sollen, was sie auf dem Herzen haben; und daß ich ihnen die Gewissensscrupel auflösen soll; meine wenige geistliche Armuth ist daher auch in diesen Fällen zu ihren Diensten.
Behüte mich mein Gott! von der Vernunft? sie verfehlen des rechten Weges mein Herr von Roseneck, sie sollten zu ihrem Beichtvater kommen; die Vernunft ist ein durchlöcherter Brunnen, der kein Wasser hält.
Der Ausspruch meiner gesunden Vernunft überzeugt mich allemal weit stärker und lebendiger, als der Ausspruch einer ganzen theologischen Facultät. Doch davon hab ich mit ihnen nicht sprechen wollen. Nicht wahr, Herr Muffel, sie bestreben
Weh! Weh! Weh! werd ich über sie schreyen müssen, Herr von Roseneck, wo sie mich durch diese Lobsprüche zum geistlichen Hochmuthe verleiten. Die Leute beschreyen mich zwar alle als einen frommen, heiligen Mann; aber dis giebt ihnen der Satan ein, er will mich durch diese Locksprache zum geistlichen, stinkenden Hochmuthe verführen. Ach! nein, mein Herr von Roseneck, ich bin ein armer Sünder! der gröste unter den grösten Sündern.
Ich hab auch noch nicht gesagt, daß sie fromm und heilig wären. Denn es ist nicht nöthig, daß man den Geistlichen schmeichelt, sie glauben ohnedem gern zu viel von sich. Ich frage sie nur, ob sie sich nicht bestreben, fromm zu seyn.
Die Großmuth ist eine Tugend aus der Schule des Satans! nein; sein demüthig! sein demüthig! denn gleichwie geschrieben stehet – – –
Eine Frömmigkeit ohne Großmuth? diese Frömmigkeit will ich gern ihnen und dem Pöbel überlassen. Sie bestreben sich also, demüthig zu seyn?
Bestehet es denn mit ihrer Demuth, Herr Muffel, wann sie sich eine Gewalt über ein Herz anmassen, über welches sie doch keine haben, welches frey ist, und zu keiner Gegenliebe gezwungen werden kan?
Wann es nicht damit bestehet, so werden sie vermuthlich auch einsehen, daß sie unrecht thun, wenn sie sich über das Herz der Fräulein Wilhelmine eine Gewalt anmassen, weil sie keine über dasselbe haben. Sie wollen es zur Gegenliebe zwingen, aber wissen sie nicht, daß sie es schon verschenkt hat, und daß Herr Wahrmund der rechtmäßige Besitzer davon ist?
Behüte mich mein Gott, daß ich ihr Herz verlangen sollte. Nein, das begehr ich nicht, das muß allein am Himmlischen hängen. Ich will sie nur zu Frau haben. Lieben aber soll sie mich nicht, denn ich bin irrdisch, und sie muß nichts Irrdisches lieben.
Ja das will ich, und ich will sie auch nicht lieben, denn sie ist auch nichts anders als Staub, Erde und Asche.
Da seh ich das Fräulein zu mir kommen. Wollten sie uns nicht beyde nur auf eine halbe Stunde allein lassen? ich will sie nur wegen der Vernunft eines bessern unterrichten. Sie dürfen sich nichts böses besorgen. Sie ist bey mir wohl aufgehoben.
Wann ich der Fräulein gesetzte Gemüthsart nicht kennte, so wollte ich sie ihnen nicht auf eine halbe Stunde allein anvertrauen, ob sie gleich nichts Irrdisches lieben.
Schönstes Fräulein, lassen sie bey dieser seltsamen Unterredung niemals ihren getreuen Wahrmund aus den Gedanken.
Ich wünsche ihrer armen Seele viel Glück dazu, daß sie in meine Schule kommen, schönstes Fräulein. Setzen sie sich hier neben mir, damit wir uns desto bequemer erbauen können. Er setzt sich an den Tisch, und blättert in den Postillen.
Was suchen sie in dem Buche, Herr Muffel, ich dachte sie wollten mich von der Schädlichkeit der Philosophie überzeugen?
Ja wohl. Denn ihre Seel zu retten bin ich mit diesen geistlichen Waffen hieher gekommen. Für sich. Wann ich nur erst etwas von der Philosophie finden könnte!
O ja! ich muß ihre arme Seele retten Für sich. Das ist ja verbucht, ich kan hier keinen Titel von der Philosophie finden. – – Aber schönstes Fräulein sagen sie mir doch, was denn eigentlich die Weltweisheit für eine Seckte ist, und worin sie von unsrer Religion abgehet.
Nun, das ist artig; sie wollen die Philosophie verwerfen, mich von derselben abwendig machen, oder mich mit derselben verdammen, und kennen sie nicht? doch ich nehme es ihnen nicht übel, weil verschiedene, oder viele der grösten Helden unter den Theologen, die Weltweißheit bestritten, ohne daß sie gewust haben, was sie aus ihr machen solten.
Sachte! sachte! mein Fräulein; diese grosse Männer, deren Bücher ich als den Grund unsrer Religion nicht genug verehren kan, haben die Philosophie gar wohl gekannt, und haben sie mich und alle Frommen auch kennen gelehret. Sie ist eine Lehre des Satans und der Vernunft. – –
Eine vernünftige Lehre ist sie, aber
Ums Himmels willen, machen sie ja kein Unglück in meinem Hause. Sie reden zu verwegen. Wann er nun eben als ein Philosoph gekleidet hereinträte, und sie aus dem Fenster mit sich hinwegführte, wäre das nicht ein erschreckliches Exempel?
Sie sind ein Prediger, und fürchten sich doch so sehr vor ihm? ha! ha! ha! – – Aber wissen sie mir nicht einen Beweis davon zu führen, daß die Philosophie eine Lehre des Satans ist?
Ja, ja, ich gleich einen machen. – – Ich habe in einem gelehrten Buche gelesen, der Esel unsrer Vernunft müsse unten am Berge angebunden werden, wann wir – – das andere hab ich vergessen. Genug, daß die Vernunft ein Esel ist, die Esel aber werden nicht selig, folglich auch die Vernunft nicht, folglich auch die Philosophie nicht, folglich auch die Philosophen nicht, folglich auch sie nicht; folglich ist die Philosophie eine Lehre des Satans, dem der Satan wird auch nicht selig. Sagt diese Schlüsse sehr geschwinde hintereinander her.
Es ist ihr Glück, daß sie sich so geschwinde auf den Esel besonnen haben, denn ich glaube, die Postillen schreiben von der Philosophie nichts. Aber wissen sie wohl, daß diese Schlüsse weder überzeugend, noch meiner Widerlegung würdig sind?
Nun, nun, schönstes Fräulein, ich will es so genau mit ihnen auch nicht nehmen, sie sind viel zu reizend, viel zu schön, als daß ich mein Herz länger vor ihnen verbergen könnte. Wegen der heftigsten Zuneigung, die ich zu ihnen trage, habe ich niemals im Willen gehabt, sie in ihrem Glauben zu stören. Eben diese zärtliche Liebe läst auch nicht zu, daß ich sie der Philosophie wegen verdammen sollte. Ich will ihnen aus zärtlicher Zuneigung zu ihnen einen Rath geben, welchem sie zur Belohnung meiner Liebe folgen müssen. Stellen sie sich nur gegen die Frau Mama als eine Feindin der Philosophie an, und sagen sie dabey, ich hätte sie von ihrem Irrthume befreyet, ich werde ein gleiches reden, und sie werden alsdann ihren Diener, der sie so brünstig verehret, mit ihrer Gegenliebe beglücken und ihre Frau Mutter wird mich sodann Tempelstolzen willig vorziehen. Ich habe ihnen mein Herz entdecket, schönstes Fräulein, mein Glück und mein Unglück stehet in ihrer schönen Hand; wie ich immer gehöret habe, so
Behüte der Himmel! wo gerathen sie hin, Herr Muffel? vor dem Beweise von der Schädlichkeit der Philosophie auf einen Liebesantrag? Den Augenblick haben sie mich erst überzeugen wollen, daß die Philosophie eine Lehre des Satans sey, und nun scheuen sie sich schon der Sünde nicht, eine Philosophin so gar zu lieben, und wo es möglich wäre, gar zu heyrathen?
Denken sie doch ja nichts übels davon, schönstes Fräulein. Ich erwache ietzt wieder, als aus einem tiefen Schlummer; ach! der Verführer, der Teufel hat mich einschläfern wollen. Ach! ach! meine menschliche Ichheit ist noch zu irrdisch, sie senkt sich gar zu leicht auf was irrdisches herunter. Aber, was hör ich? ach! eine süsse Stimme vom Himmel, welche sie durch mich aus dem Schlamme der Vernunft zu sich rufet; geben sie mir ihre schöne Hand, ich will sie den Augenblick hineinführen.
O sie sind viel zu verliebt, ein Frauenzimmer in den Himmel zu führen, sie würden mir die Hand auf dem Wege zerdrücken.
Ich kan nimmermehr glauben daß ihr Herz ja dazu saget, was ihr schöner Mund spricht. Mich dünkt, daß diese liebreiche Stimme schon einen Eindruck in ihr Herz gemacht hat. Erlauben sie mir, schönstes Fräulein, daß ich aus dem Klopffen desselben den Zustand ihrer Seele beurtheile.
Wann sie meinen, daß sie die Krankheiten der Seele nach dem Klopfen des Herzens abmessen können, wie die Aerzte die leiblichen nach dem Schlage des Pulses, so werden sie auch in eben solche grobe Irrthümer verfallen, wie diese.
Ey, ey lassen sie mich nur! Ich irre mich nicht in meiner Meinung, ich kan aus dem Herzklopfen ganz sicher abnehmen, ob ein Frauenzimmer bekehrt oder unbekehrt, und von was für einer Religion sie ist. Ich würde auch bey ihnen vielleicht eine glückliche Entdeckung machen, denn ich bin überzeugt, daß meine Ermahnungen nicht fruchtlos bey ihnen angewandt seyn.
Sie haben bey mir noch nichts damit ausgerichtet, denn sie haben mir noch nichts als leere, und auf ihre unreife Liebe abzielende, Worte vorgeplaudert. Wo sie nicht bald zeigen, daß ihnen unsre vorgenommene Unterredung ein Ernst ist, so muß ich – – –
Ich arbeite ja mit allem Ernste an dem Besten ihrer Seele. Ich will noch ein Mittel versuchen, ob ich sie dadurch nicht bewegen kan, von ihrer philosophischen Halsstarrigkeit abzustehen. Erwegen sie doch, schönstes Fräulein, daß, wofern sie nicht so glücklich seyn, von mir bekehret zu werden, sie sich alles Vergnügens berauben, welches ein geistlicher Kuß, ein Kuß eines Seelensorgers, ein zärtlicher Kuß eines Predigers, verursachet. Thun sie es doch zum wenigsten ihrer armen Seele zu Liebe, und lassen sie sich nur einmahl von mir küssen, damit sie selbst empfinden, wie süß meine Küsse schmecken – – – Will sie küssen.
Weil ich sehe, daß ihre Unverschämtheit, so lange ich bey ihnen bin, nur immer mehr zunimmt, so muß ich sie verlassen, damit sich ihre menschliche Ichheit, wie sie es nennen, nicht zu geistlich vergehet.
Ach! sie sollen nicht unbekehrt von mir hinwegkommen. Bleiben sie nur noch einen Augenblick schönstes Fräulein, und thun sie mir nur den Gefallen, und sagen mir etwas von dem, was die Philosophie in sich begreift. Ich habe zwar gar keinen Begriff davon, aber das weiß ich doch, daß sie schädlich und gottlos ist. Denn das habe ich nicht nur aus dem Munde der größten und glaubwürdigsten Theologen
So will ich blos dem ungemeinen Ansehen dieser Herren zum Trotze bey ihnen bleiben und ihnen sagen, was die Weltweißheit ist, damit sie sehen, auf was für schlechten Stützen ihr Vorurtheil beruhet. Ich kan ihnen keinen bessern Begriff von der Philosophie beybringen, als wenn ich ihnen beweise, daß sie und alle Feinde derselben, trotz ihrem tödtlichen Hasse dawieder, dennoch ganz kleine Schüler in derselben, nemlich ganz kleine Philosophen sind.
Fürchten sie sich nur nicht, sie sind noch so ein kleiner Philosoph, daß man sie noch nicht sehen kan, und also dafür nicht erkennet.
Ich kan ihnen beweisen, daß ich es bin. Der Herr Pfarrenreich hat mich selbst dazu eingesetzt, und ich kan ihnen die Vocation vom Consistorio aufweisen, und ich habe meine Antrittspredigt sowohl gehalten, als ein ander – – –
Gut! sie haben eine philosophische Erkänntniß davon, daß sie ein Prediger sind. Sie und alle Menschen haben dergleichen Erkänntniß von tausend Kleinigkeiten, welche, wann sie zu mehrern und wichtigern Wahrheiten hinaufsteiget, die Philosophie heist. Sie können also von diesem Uebel, wie sie es nennen, niemanden befreyen, wo sie ihn nicht zuvor der Vernunft berauben, und ihm die Menschheit ausziehen.
Nun bin ich auf einmahl klug! nun weiß ich ein sichres Mittel wieder die Weltweißheit, ich will mich und sie im Augenblicke davon befreyen.
Nun ist es nur gar nicht mehr unmöglich. Stehet auf, und macht einige Creutze über sich und das Fräulein. Fahret aus von uns ihr unsaubern Geister, Menschheit, Vernunft, und insbesondere du Weltweisheit. Gehorchet mir alsobald, und packet euch in den Pfuhl, der mit Pech und Schwefel brennet.
Nun bin ich um einen Centner leichter geworden. Ja, sie sind von uns ausgefahren, ich kan es bey mir, der Himmel sey gelobet, recht eigentlich fühlen. Nun schönstes Fräulein sind sie glücklich von der Weltweisheit befreyet, sie sind keine Philosophin mehr, sie sind nicht mehr vernünftig, und sind mir nun in allem gleich worden.
Ich kan es ihnen bey meinem Amte schwören, daß ich unter der Beschwörung einen rechten dicken Nebel von ihnen aufsteigen gesehen, von mir aber haben sich nur einige feine Dünste getrennet. Ich werde darum sogleich ihrer Frau Mama diese freudenreiche Bottschaft bringen, und mit ihr dem Himmel auf den Knien Dank dafür sagen.
Ich will auch den nächstkommenden Sonntag in der Kirche für sie danken, daß ihnen so glücklich von der Besessung der Weltweisheit geholfen worden.
Dergleichen Betrüger hab ich die Zeit meines Lebens nicht gesehen, ich hätte auch niemandem
Ich habe zwar eine seltsame Zeitung hören müssen, aber ich habe derselben noch nicht den geringsten Glauben beygemessen, weil sie von Muffeln gekommen. Dieser trat eben jetzt ganz triumphirend über ihre Bekehrung in das Zimmer, und brachte die Zeitung, daß Fräulein Wilhelmine nicht mehr vernünftig, und noch vielweniger eine Philosophin wäre.
Der Betrüger wuste erst nicht, auf was für eine Weise er es anfangen sollte, mich zu hintergehen. Er ist so verliebt dabey gewesen, daß ich mich seiner Hände nicht genug habe erwehren können.
Ein ander Frauenzimmer würde vielleicht nicht so viel Herz gehabt haben, sich vor einem Geistlichen zu wehren, sie würde es wohl gar für eine Sünde gehalten haben.
Als er endlich sahe, daß er mit der Liebe und mit Bitten bey mir nichts vermochte; So wollte er Menschheit, Vernunft
Ihre Frau Mutter ist über diese Nachricht, wie sie vielleicht selbst vermuthen können, vor Freuden ganz ausser sich, und liegt anjetzt mit Muffeln und Tempelstolzen auf den Knien, dem Himmel für die Ausfahrung ihrer Vernunft Dank zu sagen.
Der Heuchler will also durch sein Gebet den Himmel sogar betrügen? Tempelstolz wird sonderlich sehr viel Andacht dabey haben; ich will wetten, daß er für Neid über Muffeln bersten möchte. Aber meynen sie nicht, mein Herr Oheim, daß meiner Mama Leichtglaubigkeit von üblen Folgen für mich und Wahrmund seyn könnte?
Besorgen se nichts von derselben, schönstes Fräulein. Ihre Frau Mama wird sie nun freylich, Muffeln zu heyrathen, ohne Zweifel zwingen wollen, aber ich
Ich hatte schon den Entschluß gefast, dem Herrn Wahrmund getreu und beständig zu verbleiben, ihre gemachte Hofnung aber befestiget mich in demselben. Wissen sie nicht, wo sich mein Geliebter seitdem aufhält, daß ihn meine Mama aus ihren Augen verjaget?
Ach! laß dich umarmen du frommes Kind. Seit dem du dich von der Vernunft und der Weltweisheit befreyen lassen, hab ich dich aufs neue, wo nicht gebohren, doch wieder gefunden. Nun erkenne ich dich wieder für meine rechtmässige Tochter.
Wie glücklich machen sie mich, allerliebste Mama, daß sie mich die zärtliche Mutterliebe wieder geniessen lassen welche sie mir seit einigen Jahren zu meiner nicht geringen Betrübniß versagt haben!
Ja, ja, meine Tochter, glaube du, was dir Herr Muffel sagt. Ist das nicht betrübt? da du so glücklich bist, unvernünftig, und eine Feindin der Weltweisheit zu seyn, wilst du es nicht einmal glauben.
Die Fräulein wird doch aber besser wissen, Frau Schwester, ob sie vernünftig oder unsinnig, und eine Feindin der Philosophie ist, als Muffel?
Nein, das muß der Herr Pastor am besten wissen, der hat ja die Vernunft und die Weltweisheit ausgetrieben, er wurde es ja nicht sagen, wenns nicht wahr wäre.
Er hat aber ja einen dicken Nebel von meiner Tochter bey der Beschwörung aufsteigen gesehen; der dicke, stinkende, giftige Nebel kan ja nichts anders, als die Vernunft gewesen seyn.
Warum hat aber ihre Fräulein-Tochter den Nebel nicht so gut, ja nicht noch besser, als der Herr Muffel, sehen können?
Sie ist ja noch lange nicht so erleuchtet als er. Sie werden doch den Geistlichen schärfere Augen des Verstandes zutrauen als andern Leuten.
Ja sie können besser hören und sehen, als wir, sie haben freylich recht, Frau Schwester. Kein Sonntagskind wird die Gespenster so gut sehen können, als die Geistlichen, wann es nur zu ihren Absichten was beyträgt, dieselben gesehen zu haben. Sie sehen in Cometen, und andern außerordentlichen Erscheinungen, Pest, Hunger, und Blutvergiessen vorher, denn sie erhalten dadurch ihre Gemeine desto besser im Aberglauben, welches ihnen nicht wenig einträgt. Sie sehen und hören in der Welt mehr böses, als drinnen ist, weil sie zwar gern selbst lasterhaft seyn wollen, aber andere Leute doch noch lasterhafter als sich wünschen, damit sie Materie zu den Predigten behalten – – – Aber, was wird da für ein Lerm? ha! ha! die beyden frommen Herren zanken sich; ist das auch eine Tugend an den Geistlichen, Frau Schwester?
Sie mögen sich entschuldigen wie sie wollen, Herr Confrater. Sie haben sich an den heiligen Kirchengebräuchen vergangen; sie hätten die Beschwörung aus dem Buche herlesen sollen.
Sie beneiden nur meinen schönen Sieg, Herr Confrater. Was kan ich dafür, daß ich glücklicher gewesen bin, als sie.
Ich glaube gar, sie werden sich was darauf einbilden. Denken sie nicht, daß ich so gut hätte beschwören können, als sie meynen sie, daß sich die Vernunft und die Weltweisheit vor mir nicht mehr gefürchtet hätten als vor ihnen? ich wollte nur erst gelindere Mittel versuchen, ich wollte nur erst in der Kirche für sie bitten. Wer hätte sichs sollen träumen lassen, daß sie so klug seyn, und sich auf die Beschwörung besinnen würden? aber wer weiß auch, welcher Teufel sie ihnen eingegeben hat?
Sie dürfen gar nicht so neidisch seyn, Herr Tempelstolz. Herrn Muffels Beschwörung hat so wenig geholfen, als ihre Kirchenbitte würde gefruchtet haben.
Wiederstehen sie doch ihrem Glücke nicht vergebens. Genug daß sie bekehret sind, und wollen sie es nicht glauben, so sind sie wieder ihren Willen bekehrt.
Ich muß ihm nur beystehen, damit ich die Hochachtung für die Beschwörung und unser Amt unterstütze. Zu Wilhelmine. Die Beschwörung hat freylich die gehörige Wirkung gethan, sie kan dabey nicht ausbleiben, es ist ohnmöglich. Sie haben nun keine Vernunft mehr, sie sind für die Weltweisheit nicht mehr eingenommen, und wenn sie es nicht glauben wollen, so lassen sie es, es wird doch wahr bleiben.
Ja, ich habe schon angespannt. Ich habe nur an Herrn Tempelstolzen zu bestellen, daß ein Bauer aus Großenhausen da ist, ihn abzuholen, weil der alte Steffen sterben will, und den Herrn Pastor noch zu sprechen verlanget.
Ey was? der alte Schurke kan warten bis übermorgen; als er mich neulich in die Stadt fahren sollte, hatte er keine Zeit; ich habe ietzt auch keine.
Ja, ja; der alte Steffen soll noch nicht sterben, er soll warten bis übermorgen; er würde vielleicht gerne warten, wenn der Tod nur warten wollte.
Plaudert nicht lange, Peter, sondern sagt dem Bauer, was euch Herr Tempelstolz gesagt hat, und fahret den Augenblick ins Holz.
Nun ist es auch Zeit, daß ich mein Wort halte, und dem Hrn. Muffel die glückliche Bekehrung, wie ich versprochen, mit der Ehe meiner Tochter belohne. Komm, Wilhelmine, gieb ihm deine Hand, und – – – –
Zwingen sie mich nicht, Mama, einem Heuchler mein Herz zu geben, welches er mir durch Betrügereien entwenden will. Sie wollen es ihm als eine schuldige Belohnung geben, der Boshaftige aber nimmt es als einen Raub für nichts aus ihren Händen.
Nehmen sie ihr diese Reden nicht übel, Frau von Birkenhayn; die Austreibung ist etwas heftig gewesen, und hat eine kleine Raserey hinter sich gelassen.
Was? Betrüger! – – – Was meinen sie, mein Herr Oheim, bin ich nicht bisher
Den muß ich heyrathen, Herr Pastor, ach! er hat allerliebste runde Backen, er muß unterwegens keine Noth gelitten haben.
Gleichwie geschrieben stehet, daß ein jeder nur ein Pilgrim auf Erden ist, also habe ich mich auch ganz willig auf die geistliche Wanderschaft begeben, und bitte mir dieserwegen einen geistlichen und leiblichen Reisepfenning von ihnen dazu aus; und gleichwie wir in der Welt keine bleibende Stätte haben, als hab ich sie bitten wolten, mich diese Nacht unter ihrem Dache zu beherbergen.
Er wird ohne Zweifel die berühmtsten Theologen gehört haben, welche für das Beste der Kirche wieder den Einbruch der Philosophie streiten?
Ja, die hab ich gehört, und sonst niemanden. Sie werden sie ohne mich wohl kennen, es wird also nicht nöthig seyn, daß ich ihnen erst ihre berühmte Nahmen nenne. Für sich. Ich weiß viel, ob ich sie kurze oder lange nennen soll.
Ja, ich habe mich nach einem Inspecktor gerichtet, welcher lange im Amte gewesen, und den alle Leute sehr loben. Ich habe bemerk, daß ihn sein fetter Bauch auf der Kanzel überaus ansehnlich und ehrwürdig macht, daher hab ich in der Gewohnheit, meinen Bauch, wann ich predige, auch so weit vorzuliegen, als ich nur kan. Er hat eine feine liebliche Stimme, alle seine Zuhörer vergnügen sich daran; darum nehme ich eben solche feine Stimme auf der Kanzel an, damit ich lieblich predige. Es läst überaus galant, wenn er seinen weissen seidenen Schnupftuch auf der Kanzel neben sich liegen hat, darum leg ich meinen auch neben mir, ob er gleich nur von Baumwolle ist. Gegen das Ende der Predigt wird er allemahl heiser. Dis zieret aber die Stimme über die massen, darum bin ich auch am Ende allemahl heiser. Daß sein Weinen überaus erbaulich seyn muß, bezeugen alle alte Weiber mit ihren Thränen, darum weine ich auch eben so andächtig.
Das ist wahr, auf die Weise muß er überaus geschickt predigen. Was meint er, wollte er wohl die Pilgrimschaft mit einem guten Amte verwechseln?
Aber seh er auch zugleich meine Köchin recht an, gefiele sie ihm wohl? denn mit dem Bedinge wollt ich ihm eine fette Pfarre verschaffen, wenn er sie heyrathete.
Gnädiger Herr; sie haben eben ietzt einen Prediger in ihrem Dorfe nöthig, mir dünkt, daß sie unter hunderten keinen bessern auslesen könnten.
Du wirst dich sehr betrügen. – – – Ja, er mag sich vom Consistorio examiniren lassen; ich bin mit ihm zufrieden.
Aber mein Herr Pastor, ich weiß nicht, ob ihre Köchin zu einer Predigerfrau auch gesittet ist. Warum soll denn der gute Mensch eben ihre Köchin heyrathen?
Glauben sie ihm ja nichts gnädige Frau, ich weiß schon, was er ihnen vorlügen will. Es ist aber die Wahrheit nicht.
Was hab ich euch denn zuwieder gethan, allerliebster Peter, daß ihr mich so belügen wollt? belügt mich nicht, Peter; nur diesesmal nicht, ich will euch auch die 100. Rthlr. umsonst geben.
Nun so weiß ich keine Ursache, wenn ihr mir die 100. Rthlr. versprecht. Aber gebt mir eure Hand darauf.
Ach! ich danke euch. Da habt ihr meine Hand, sagt ja nichts, ihr sollt das Geld heut Abend noch haben.
Ich weiß keine Ursachen, Frau von Bikenhayn. Ich wollte sie nur erdichten. Aber das muß ich ihnen doch sagen was das für hundert Thaler sind, welche mir jetzt mein Herr für mein Stillschweigen geschenkt hat.
Wer meines Herrn Köchin heyrathet, der wird auch im ersten Jahre meines Herrn Kind wiegen müssen. Weil dis
Da habt ihr recht dran gethan Himmel! wie habe ich mich betrügen lassen! nun gehen mir die Augen erst auf.
Nein, ich will sein Leben auch wieder seinen Willen retten. Ich will ihm zu seiner Beruhigung sagen, daß seine Schande verschwiegen, und er ungestöhrt im Amte bleiben soll. Geht ihm nach.
Nunmehro seh ich ein, meine Tochter, daß ich dir zu viel gethan habe, ich schäme mich fast, daß ich mich so hintergehen lassen.
Das ist gut für mich, daß Peter geplaudert hat. – – – – Nun aber, gnädige Frau, werden sie mir ihr Jawort ohne Hinderniß halten können. Ich bin des verdrieslichen Nebenbuhlers los. – – –
Betrüger! habt ihr so gar euer Versprechen vergessen, daß ihr, ohne an mich noch im geringsten zu gedenken, euch schon um eine andre Braut bewerbet?
Du kennst mich nicht, gewissenloser Betrüger? Hier bring ich dir den gerechten Ausspruch vom Consistorio, daß du mich bey Entsetzung deines Amtes heyrathen sollst.
Himmel! was lässest du mich für Bosheiten an Männern entdecken, die ich für die Stützen meines Glaubens abergläubisch verehret, und die mich dafür so undankbar betrogen haben? Komm, Wilhelmine, ich wiederstehe dir nicht länger, du solst dich sogleich mit dem Herrn Wahrmund verlobet sehen. Ich lerne nunmehro, daß ich auch die abscheulichsten Laster, wenn ich sie bey Menschen suchen kan, auch gewiß bey den Geistlichen finden werde.