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Das muß wahr sein: du bist ein ganzer Kerl; ein Zimmermann, wie ihn Gott verlangt, und dabei ein Liedersänger, der seinesgleichen sucht.
Wie? Höre ich nicht mit wahrer Engelsgeduld die Schilderungen deiner Zärtlichkeit für die reizende Marie. an, die ebenso liebenswürdig wie ihr Oheim dumm und lächerlich ist?
Je nun – vor dir habe ich kein Geheimnis, drum höre. Du weißt, daß ich ein Russe bin. Als ich achtzehn Jahre alt war, machte man mir weis, ich müßte Vaterlandsverteidiger werden. Ich dachte: je nun, kannst's ja probieren, und ließ mir den Soldatenrock anziehen. Der Rock war ganz hübsch, aber alles,
Mein ehemaliger Oberst kann sich am Ende erinnern, daß ich damals beim Verlesen gefehlt habe – in Saardam sind jetzt viele russische Offiziere.
Ja, ja. Du verbirgst dich so sorgfältig, vermeidest von deiner Familie zu reden und was dich nach Saardam geführt.
Alter Junge, gesteh's nur, du hast auch Suiten gemacht! Doch was geht es mich an, ich will mich nicht in dein Geheimnis drängen. Er sieht nach hinten. Da kommt Marie. Ist es nicht schrecklich, daß sie mit ihrem niedlichen Gesichtchen die Nichte eines Bürgermeisters ist?
So? Das ist recht hübsch. Um das zu erfahren, brauchen wir keinen Franzosen, das können wir auf deutsch auch sehen.
Nichts Peter! – Ich wollte, den französischen Gesandten, der da drüben in Rijswijk den Frieden kongressiert, holte der Kuckuck! Alle Augenblicke fährt hier so ein Windbeutel herum. Träfe ich nur einmal einen, ich wollte ihn gleich –
Mein Oheim hat unser Verständnis ausgewittert – glaube ich wenigstens –, er will heute auf den Werften selbst nachsehen, das ist ihm in drei Jahren nicht eingefallen; er hat Briefe, Befehle erhalten, und alles überzeugt mich, daß ein Anschlag gegen uns im Werk ist.
Nun, meine Herren, ihr seid ja beide ganz verdutzt? Und Sie, mein Vielgetreuer, Sie kommen mir ganz kurios vor. Vorhin, da ein galanter junger Mann sich nach meinen kleinen häuslichen Angelegenheiten erkundigte, wird er bei der bloßen Erzählung Feuer und Flamme, und nun, da unsrer Liebe Gefahr droht, steht er da, als könnte er nicht bis drei zählen.
Marie, du hast es heute wieder darauf abgesehen, mich zu quälen. Ich liebe dich so herzlich, aber ebendeswegen kann es mir doch nicht angenehm sein, wenn dich die ganze Welt küssen will.
Die ganze Welt? Nein, lieber Peter, das würde ein zu großes Gedränge werden; ich will mich darum lieber mit einem begnügen. Sie reicht ihm die Hand.
Jetzt höre. Was mein Oheim im Schilde führt – ich weiß es nicht, und wir müssen es in Geduld erwarten. Sei darum guten Muts; ich bin und bleibe dir treu, und sollte es meinem teuren Oheim einfallen, mich zu einem andern Ehebündnis zwingen zu wollen – ich ahne so etwas –, so springe ich lieber in den Kanal.
Abgemacht, wir springen im Duett. Vorher aber gehen wir zum Feste. Du weißt doch, daß ich Brautjungfer bei Charlottes Hochzeit bin. Ich eile, mich in den Staat zu werfen.
Je nun, ich werde mein möglichstes tun. Zum Zaren. Sehn Sie wieder den Eifersüchtigen? Zu Iwanow. Ach, lieber, lieber Peter, du mußt noch gewaltig gezogen werden.
Sire, ich habe meine Bewunderung dem edelmütigen Entschlusse nicht versagen können, der Sie bestimmte, Ihre Staaten zu verlassen und bei den Völkern Europas Kenntnisse zu erwerben, die einst das Glück Ihres Volkes sichern sollen; allein, es ist Zeit, unseren Reisen ein Ziel zu setzen. Seit einem Jahre arbeiten Sie als Peter Michaelow auf den Werften von Saardam; seitdem hat sich vieles geändert. Ihre Untertanen fangen an, über Ihre Abwesenheit zu murren.
Immerhin! Sie ahnen nicht, daß ich unter diesem groben Kittel mehr für sie getan, als der Zar in zehn Jahren hätte tun können. Doch zur Sache! Woher diese Besorgnisse?
Ihre Feinde in Moskau sind tätiger denn je; der kühne Geist Ihrer Schwester Sophie reizt die Bojaren und Strelitzen zum Aufruhr.
Ha! Glaubt die zügellose Schar, die Zeiten Fedors und Iwans seien noch nicht verstrichen? Die Verräter sollen büßen! Ein Blick von mir entscheidet ihr Schicksal. Laß alles zu meiner Abreise bereiten! Fort!
Marie macht mir den Kopf warm, und zum Übermaß des Unglücks ist der Herr Bürgermeister soeben auf der Werft angekommen. Leise. Du begreifst wohl weswegen.
Ei, es soll mich freuen, seine Bekanntschaft zu machen – jetzt habe ich zu tun – auf Wiedersehn beim Feste. Er will gehen.
Daß du so hinterm Berg hältst. Ich habe dir alles vertraut, was ich auf dem Herzen hatte, aber du spielst stets den Geheimnisvollen gegen mich.
Ihr könnt es nicht glauben, was mir alles auf dem Halse liegt und noch vielleicht darauf liegen wird. Da lest einmal. Er zeigt ihr einen Brief. Ihr werdet Euer blaues Wunder hören.
Das Lesen ist von jeher meine schwache Seite gewesen, das tat mein seliger Alter für mich. Wenden Sie sich hier an meinen Gesellen, den Peter Michaelow, der ist der Gelehrteste auf der Werft.
Schön, ich sehe, du kannst lesen, lies laut. Ich verlange ja nicht, daß du so schön lesen sollst wie ich; bewahre, das würde sich auch für dich gar nicht schicken.
»Herr Bürgermeister! Es liegt den Generalstaaten sehr viel daran, von dem Tun und Lassen eines Fremden, namens Peter, der gegenwärtig auf den Werften zu Saardam arbeitet, unterrichtet zu sein.«
»Nehmen Sie die allernötigsten Maßregeln, damit dieser Fremde sich nicht von Saardam entfernt, und berichten Sie mir ungesäumt alles, was Sie in Erfahrung bringen können. Ich habe die Ehre zu sein –«
Schöne Frage! Ich vermute immer, eine gute Obrigkeit vermutet immer, und ich wette, in diese Sache ist eine wichtige Person verwickelt, die man festsetzen soll, id est ad carcerem. Ein Ausreißer vielleicht.
Ei, du Gerechter, Ihr werdet doch unter meinen Leuten keine Verbrecher suchen! Ich bin eine rechtschaffene Niederländerin, und mein Mann ist tot.
Verlaßt Euch auf mich, Frau Browe, ich habe ihn; dieser Iwanow will mir nicht aus dem Kopf – er ist mir schon von einigen als ein homo suspectus bezeichnet worden.
Aber mich geht's an, den Bürgermeister! Ich soll einen verdächtigen Menschen aufsuchen, und das kann kein anderer sein, als einer, der mit meiner Nichte liebäugelt.
Kurz, ich halte den Peter Iwanow für einen rechtlichen Burschen. Jetzt muß ich an meine Geschäfte, also, Gott zum Gruß, Herr Bürgermeister.
Gut, habe gar nichts dagegen. Ich wollte Euch nur darauf aufmerksam machen, daß bei solchen Lustbarkeiten häufig Händel vorfallen.
Bei Gott ist kein Ding unmöglich und bei besoffenen Zimmergesellen noch viel weniger – ich halte es daher für meine Pflicht, alles in Person zu beaufsichtigen.
Hier, dieser Herr. Für sich. Gott sei Dank, da werde ich den Gierschlund mit guter Manier los. Sie geht.
Das ist der Engländer, der sich seit einigen Tagen sehen läßt. Laut. Darf ich um Dero Firma, will sagen, Dero Namen bitten?
Später sollen Sie erfahren, wer ich bin. Erst bedarf ich Ihres Beistandes bei einer Nachforschung von höchster Wichtigkeit.
So hören Sie; Sie müssen mir einen jungen Mann entdecken helfen, der sich als Zimmergeselle hier aufhält.
Ob! Dem laure ich schon lange auf, ich habe sogar vor wenigen Minuten noch Verhaltungsbefehle seinetwegen bekommen. Ich fixierte ihn – zwei Minuten – heraus war's.
Suchen Sie auf eine geschickte Weise von diesem Peter herauszubringen, welches seine Pläne in bezug auf England sind.
Doch ohne ihn merken zu lassen, daß er entdeckt ist; vor allem müssen Sie verhüten, daß der französische Gesandte uns zuvorkomme.
Der französische Gesandte, mischt sich der auch hinein? Das Volk muß seine Nase doch in alles stecken.
Aha! Intelligo. Verlassen Sie sich auf mich, ich werde alles leiten. Erst fange ich an – in bezug auf – versteht sich, ohne ihn merken zu lassen – und dann ergibt sich das übrige von selbst.
In einer Stunde sind wir alle in der großen Schenke versammelt, unser Mann ist auch dort, und Ehrwürden hätten dann die schönste Gelegenheit –
Gut, gut; um jedem Verdachte auszuweichen, werde ich verkleidet dort erscheinen. Sorgen Sie nur dafür, daß niemand mit ihm spricht. Vorsicht, die Sache ist zu wichtig. Auf Wiedersehen! 2000 Pfund! Bedenken Sie! Er geht ab.
Ich verstehe kein Wort von der ganzen Geschichte. Was Teufel haben sie alle mit dem armen
Der vertrauliche Ton scheint ihm zu mißfallen. Laut. Nehmen Sie's nicht übel, Herr Iwanow, und seien Sie versichert, daß ich nichts weniger beabsichtige, als das Geheimnis zu erraten, das Sie hier in Saardam zurückhält.
's ist richtig, er weiß alles. Laut. Nun, weil es denn nicht anders sein kann, Sie haben von meinem Obersten Nachricht erhalten?
Allerdings. Für sich. Sein Oberst? Der Engländer ist also ein Oberst, das hätte ich heraus. Laut. Ich weiß, welche Gefahr Sie laufen, wenn der französische Gesandte Sie entdeckt.
Der französische! Ich werde doch den französischen Gesandten kennen. Aber fürchten Sie nichts. Wichtig. Der englische Oberst ist hier, adest!
Meiner Seel, das begreif ich nicht – ich denke, der Mann ist bitterböse auf mich und im Gegenteil, er überhäuft mich nicht nur mit Höflichkeiten, sondern er will sogar mein Glück gründen. Da kommt Marie – alle Wetter – und der windige Franzose hinter ihr her; jetzt kriegt meine Freude gleich wieder eine Ohrfeige.
Mich nicht. Ist es bei Ihnen zulande Sitte, daß man sittsamen Mädchen am hellen, lichten Tage nachläuft?
Peter Iwanow? Es wäre doch lustig, wenn ich durch die Neckerei mit einem Mädchen den Zaren entdeckt hätte, den ich seit zwei Tagen suche.
I Sapperment, alles muß doch seine Grenzen haben, auch die Courschneidenlasserei, und meine Meinung mußte ich ihm wenigstens sagen.
Nr. 8 a. Introduktion (Allegro jubiloso).
Ist, meine Anwesenheit in Saardam zu benutzen, mich zu gewinnen, und ich gestehe, daß die Allianz gerade in diesem Augenblick mir mehr als willkommen wäre. Sie sprechen leise weiter.
Es ist von ihr nichts zu hören noch zu sehen, und ich hätte so viel mit ihr zu bereden. Oh, warum muß man sich doch, wenn man verliebt ist, ewig abquälen? Ich sehe gar nicht ein, warum, nicht einmal die Notwendigkeit.
O nichts. Beiseite. Wetter! Ich errate, weshalb er kommt. Er hat es auf Marie abgesehen. Nun wird mir's nachgerade zu bunt.
I behüte. Ich kam hierher, mich lustig zu machen, und das tue ich auch. Juch! – Ich möchte verrückt werden!
Mein Gott, ich kann den Leuten doch das Reden nicht verbieten. Geh, du bist wieder recht brummig! Ich habe mich so oft auf den heutigen Abend gefreut, aber immer mußt du mir die Lust verbittern. – Komm mit, wir haben uns in der großen Laube versammelt und wollen das Brautlied singen, das uns Peter Michaelow gelehrt hat, du tanzest dann mit mir die Runde.
Gott steh mir bei! Zu Marie. Komm, Marie. wenn der Kerl gar anfängt zu singen, trifft mich der Schlag.
Hören Sie, wie er seufzt. Ja, solche Lieder sind seine Passion, so etwas zum Zerfließen! Leise zu Iwanow. Das ist für deinen niedrigen Argwohn.
Bringt die Tische und Bänke beiseite, wir müssen hier tanzen; es wird zu feucht im Garten, und das ist für junge Eheleute nicht gut.
Ei freilich, er tut mehreren Zimmerleuten die Ehre an, mit ihnen zu trinken, und schreit dabei, daß einem Hören und Sehen vergeht.
Du fürchtest wohl, er möchte dich in deiner höchst angenehmen Unterhaltung stören, denn du bist über das Lied ja ordentlich verzückt!
Nichts setz ich auseinander, aber die Romanze setzt uns auseinander, und ich danke Gott, daß mir endlich die Augen geöffnet wurden. Oh, ich merke alles, ich bin nicht so dumm. Der verkappte Franzose hat dich bestrickt, will dich zur Gräfin, zur Prinzessin, zur – Gott weiß was – machen, und mich denkst du so lange an der Nase herumzuführen – aber nein, so haben wir nicht gewettet. Gott ist mein Zeuge, ich habe dich so herzlich liebgehabt, ich hätte mein Leben für dich gegeben, ich wäre mit dir in den Kanal gesprungen. Aber nein, erst werfe ich den Romanzensänger hinein und dann – dann springe ich noch lange nicht hinterdrein.
Wäre dein Betragen einer Erwiderung wert, so würde ich dir antworten, so aber will ich es bis morgen versparen, wenn du ausgeschlafen hast. Das eine nur: halte mich nicht für herzlos und glaube gewiß, daß deine Rede mich erschüttert haben würde – ich schwöre es dir tragisch bei der Liebe, die ich stets für dich gehegt habe –, wenn du mir nicht die beruhigende Gewißheit gegeben hättest, daß du – mit Humor unter keiner Bedingung ins Wasser springst. Sie lacht.
Kleinigkeit. Soeben meldet mir mein Schreiber, daß verschiedene Gefangene meine Abwesenheit benutzt haben und entwichen sind.
Ich reflektiere bloß. Für sich. Der Mann von 2000 Pfund läßt lange auf sich warten. Er erblickt Iwanow. Ah, sieh da, Herr Iwanow! Ich freue mich, daß ich die Ehre habe.
Ich sagte Euch: dieser vermeinte Zimmergeselle ist nicht, was er scheint; er ist entweder ein Prinz oder ein Spitzbube, ein Mittelding gibt's nicht.
Prinz oder Spitzbube, denkt an mich. Er sieht sich um. Da kommt der Mylord. Zur Witwe Browe. Laßt Euch aber nichts merken.
Das konnt' ich mir gleich denken. Ich habe schon alles eingeleitet. Dort Auf Iwanow deutend. dort ist unser Mann.
Hierher die Musik! Sind die Tische noch nicht beiseite? Angepackt, junge Burschen! Frisch, munter, der Tanz geht los.
So ist's recht, lustig muß man sein. Das ist der schönste Tag meines Lebens. Er stößt auf den Lord. Was seh ich?
Das kann ich den Leuten nicht verdenken, besonders wenn ihrer so viele beieinander sind.– Näher, liebe Leute, geniert euch meinetwegen gar nicht. Tanzt und singt! Wo ist denn meine – Erblickt Marie, die sich unter der Menge versteckt hält. – Ah, sieh da, unsere teure Nichte.
Freut mich, daß du da bist. Beiseite. Jetzt kann ich ihr allenfalls erlauben, hierzubleiben, denn – ist er ein Prinz, so kann man nicht wissen –
I, was werde ich nicht. Es sind ja auf Iwanow deutend Personen gegenwärtig, denen deine Gegenwart vielleicht nicht ganz unangenehm ist. Für sich. Aha, die Majestät schmunzelt. Oh, es ist doch etwas Einziges um ein majestätisches Schmunzeln.
Dem Rate von Amsterdam wurde angezeigt, daß seit einigen Monaten auf den Schiffswerften von
Sag ich's doch! Die Bürgermeister von Holland verstehen alle nichts. Ich stehe dafür, daß zu Saardam –
Nach dem Beschlusse der Herren soll jeder Fremde, der sich nicht hinlänglich legitimieren kann, verhaftet werden.
Halt, ich hab's! Seit heute morgen hab ich schon Verdacht. Er sieht sich um. Wir sind von Staatsverrätern umgeben.
Was Euch nichts angeht, Ihr kecker Gesell. Binnen kurzem wird aber zwischen uns beiden etwas vorgehen, was Euch gar sehr angeht.
Sieh doch an, die liebe Unschuld, wie sie tut, als wäre nichts vorgefallen. Ihr wißt doch, daß Ihr mir einen Stoß versetzt habt?
Ausreden lassen! Es ist mir lieb, daß Ihr es eingesteht. Hätte der fremde Gesandte nicht für Euch Kaution gestellt, so säßet Ihr in Ketten und Banden. Verstanden? Jetzt habe ich die Feierlichkeit im Kopf, aber in einer Stunde werdet Ihr Euch einfinden, dann geht das Verhör los.
Das wußte ich wohl; der eine Herr Gesandte hat sich für euch beide verbürgt, aber wie steht es denn weiter mit ihm?
Die Leute sagen es, und Ihr Oheim überhäuft ihn mit Ehrenbezeigungen, also muß es doch wohl wahr sein.
Also doch! Und so auf einmal! Ach, du lieber Himmel, was soll denn da aus mir werden? Als Kaiser kann er mich doch nicht heiraten.
Je nun, es mag wohl so übel nicht sein, wenn man sich gegenseitig recht lieb hat; ich habe aber immer gehört, bei den hohen Herren dauerte das nicht lange. Und was hätte ich denn von einem Manne, der den ganzen Tag regierte und sich gar nicht um mich bekümmerte.
Reden Sie ihm zu, daß er abdankt. Was hat er denn davon? Viele Menschen, die ihm den Kopf warm machen, viele Sorgen, Krieg das ganze Jahr, und am Ende kommt doch nichts dabei heraus.
Das ist etwas anderes. Mich freut es, wenn ich nur einen einzigen glücklich machen kann, und auf ihn warten Tausende – ja dann muß er folgen, aber, es wird mir das Herz brechen. Mit Tränen. Ach, nun fühl ich erst, wie lieb ich ihn habe. Aber wozu diese Mummerei? Warum kam er als Zimmergeselle, um sich meine Liebe zu erwerben, warum nicht gleich als Kaiser? Da wußte ich doch, woran ich war.
Verhältnisse wahrscheinlich. Jetzt ein ernstes Wort, liebe Marie. – Ihr Glück liegt mir am Herzen, und gelingt mein Plan, so führe ich Sie heute noch in Iwanows Arme.
Wär's möglich – Sie könnten – Plötzlich ernst. Ach gehen Sie; Sie sind mir auch so ein Heimlicher, man weiß nie, was man aus Ihnen machen soll.
Wenn das wahr würde, liebster Herr Michaelow, ich wollte Sie für den besten Menschen auf der Welt, für einen Engel wollte ich Sie halten. Aber täuschen Sie mich auch nicht? – Nein, Sie haben sich uns stets so treulich genähert, Ihr biederer Sinn, Ihr gutes Herz hat uns so oft bewiesen, wie gut Sie es mit uns meinen – nein, Sie täuschen uns gewiß nicht, Sie haben zwei so ehrliche Augen. Ach, wäre Iwanow nur da, daß ich ihm unser Glück verkünden könnte! Meinen Oheim kriegen wir herum, das ist Nebensache; und wenn ich erst gewiß wüßte, daß Iwanow kein Kaiser ist, ich wollte vor Freude jauchzen, daß man es bis übers Meer hörte.
Das soll Ihnen nach Verlauf einer Stunde alles klarwerden. Für jetzt müssen Sie ihn als Kaiser behandeln, öffentlich wie unter vier Augen, das bedinge ich.
Oh, ich werde nichts verraten. Wenn ich ihm begegne, werde ich sprechen: Haben Euer Majestät gut geschlafen, oder haben Euer Majestät heute viel zu regieren, kann ich helfen? Und wenn er mich dann staunend ansieht, dann werfe ich ihm einen Blick zu, so einen gewissen, den versteht er recht gut, und versteht er ihn nicht, so sage ich ihm –
Kein Wort, ich tue nur, als ob ich etwas sagte; aber wenn alles vorbei, wenn unser Glück entschieden ist, dann wird ihm gehörig der Text gelesen, weil er mich so geängstigt hat. Lebt wohl, lieber, lieber Michaelow, mögt Ihr nun sein, wer Ihr wollt, ich betrachte Euch als unsern Schutzgott! Herzlich. Für jetzt kann ich Euch nichts weiter bieten, als den Dank eines armen Mädchens, dessen Lebensglück Ihr gründen wollt, heiter für die Zukunft sollt Ihr ein Glied unserer Familie sein. Bei der Verlobung, bei der Trauung, bei der Hochzeit, bei – bei allem, was vorfällt, sollt Ihr der erste sein. Rasch ab.
Glückliche, beneidenswerte Menschen! Euch lächelt froh die Zukunft, wie in der Kindheit goldnen Tagen, wo noch kein Kummer die Seele drückt.
Michaelow! – Er hört nicht! Rätselhafter Mensch, bald fange auch ich an, mich vor ihm zu scheuen. Zwar wenn ich's recht bedenke, was wollen denn die Menschen aus mir machen? Der Bürgermeister nennt mich Majestät, man huldigt mir, gibt mir Ehrenwachen, und wenn ich frage, was das bedeutet, so hüllen sich alle in ein geheimnisvolles Schweigen. Je nun, mir ist alles recht, und nebenbei habe ich von dem närrischen Zeuge wenigstens den Nutzen, daß ich nicht an meinen Obersten ausgeliefert werde.
Weißt du wohl, daß deine Freiheit bedroht ist? Die Leute wollen nämlich mit aller Gewalt in uns beiden einen Ausreißer und einen Zaren finden. Da sie mich nun alle für den Zaren nehmen, so mußt du der Ausreißer sein.
Wenn's so ist, muß sich meine Majestät ins Mittel schlagen. – Da – er zieht ein Papier hervor
Lieber Gott, wie eine Majestät zu so etwas kommen kann. Ich begegnete vorhin dem englischen Lord; er versichert mir, meine Feinde wären darauf bedacht, mich hier in Saardam festzuhalten, gibt mir diesen Paß, bietet mir eine Jacht, Matrosen, Geld – ich begreife nichts von allem, das tut aber nichts, er hat es zu verantworten.
Für euch ist gesorgt. Nimm dies versiegelte Papier und gelobe mir, es vor einer Stunde nicht zu öffnen.
Als bis eine Stunde vorüber, das ist eine alte Geschichte. Jetzt gib mir aber auch den Paß. Er nimmt die Schrift.
Peter Michaelow, er ist der Zar! Da steht es. Er liest. »Hiermit gebe ich meine Einwilligung zur Verheiratung des Kaiserlichen Oberaufsehers