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Hör auf, Klampferer, mit deine blechenen G'spaß. Wir sitzen hier versammelt, als Kern der Krähwinkler Bürgerschaft, und da kann nur von einer Geistesfinsternis die Red' sein.
Mir wär' d' Freiheit schon recht, wenn ich nur wußt', ob dann die hiesige Nationalgarde Grenadiermützen kriegt.
So frei sein? – So ruchlose Ausdruck sollten Sie nicht gebrauchen, ich bin vom Amt, und wir lieben das nicht, daß der Mensch frei is.
Das is g'scheit, so brauchen wir Ihnen nicht auf'n G'nack z' haben, Zum Nachtwächter. komm' der Herr.
Als solcher sind Sie uns bereits denunziert, wir wissen, daß Sie auswärtige Blätter lesen, sogar österreichische.
Diese Blätter waren einst – so unschuldig, wie gewässerte Millich, und jetzt unterstehen sie sich, den Absolutismus zu verheanzen.
Sie denken bei der Nacht über das nach, was Sie beim Tag gelesen haben, das liebt die Krähwinkler Regierung nicht.
Kurz und gut, ich sag' Ihnen, beachten Sie meine bürokratischen Winke, wenn Sie anders die Fortdauer Ihrer Existenz nicht in Frage gestellt wissen wollen.
Kümmer' sich der Herr Klaus um die seinige, die Freiheit hat noch keinen einzigen Nachtwächter, wohl aber schon a paar tausend Spitzln brotlos gemacht.
Verhungert is deswegen doch noch keiner, a Zeichen, daß s' noch alleweil heimlich g'futtert werden. Und jetzt schweigen Sie, Sie sind ein Aufrührer, ein Wühler, ein Demagog.
Ich bin ein Nachtwächter, der in einer Stund schreien wird: »Zwölfe hat's g'schlagen«, und die Zwölfe wird der Herr Klaus auf sein' Buckel haben.
Wenn Sie nicht die Ratsdienerische wären, hätte ich gar nichts gegen die Bekanntschaft mit meiner Tochter.
Geben S' acht, daß S' vom Radikalen kein Radi krieg'n. Komm, Tochter, ehe mich diese bürokratische Zuwag zum zweitenmal aus der Fassung bringt. Mit Walpurga zur Mitte ab.
Maßlose Kühnheit! Aber jedes Wort soll zu den höchsten Staatsohren, nämlich zum Bürgermeister seine gelangen. – Schad', daß ich nicht gesagt hab': Sie Esel Sie! Aber die guten Gedanken kommen immer zu spät.
's is nichts, meine Tochter darf nicht mehr hin zu der Nachtwächterischen Walperl. Zu Cäcilie. Geh nach Haus und sag der Mutter, daß sie mir ja nicht mehr den Nachtwächter grüßt, wenn sie ihm begegnet.
Ja so! – Unter anderm, Herr Klaus, nicht wahr, Sie würden doch, wenn's Ernst wäre, einem wirklichen Amts-Aktuarius Ihre Tochter nicht verweigern?
Das kommt schon, wenn sie nur einmal drin is, sie ist von Kindheit auf dazu bestimmt. Sie war damals 8 Jahr, und da hat meine Alte so an die Krämpf g'litten, und da haben wir 's kleine Madl ins Kloster verlobt, und von der Stund an waren meiner Alten ihre Krämpf wie weggeblasen.
Ich bin gewiß Bürokrat mit Leib und Seel, Zu Willibald.
Das is alles wegen der Nachtwächterischen, führen Sie ihn an die frische Luft, ich kann nicht mitgehen, ich bin da einem freisinnigen Bandl auf der Spur.
He! Kellner! – So viel is g'wiß, das is das mißvergnügte Wirtshaus, hier versammeln sie sich, hier ist der Herd der Revolution, Zum Kellner, welcher a tempo eintritt. bringen S' mir drei Paar Würstel in Garten, a Schnitzl mit Erdäpfel, saure Nierndln und a Krenfleoch. Kellner ab. Oh! ich komm' noch auf alles, was hier auskocht wird. Rechts ab.
1
Unumschränkt haben s' regiert,
Und kein Mensch hat sich g'rührt,
Denn hätt's einer g'wagt
Und ein freies Wort g'sagt,
Den hätt' d' Festung belohnt,
Das war man schon g'wohnt.
Ausspioniert haben s' alles glei,
Für das war d' Polizei.
Der G'scheite ist verstummt,
Kurz 's war alles verdummt
Diese Zeit war bequem
Für das Zopfensystem.
Auf einmal geht's los
In Paris ganz kurios,
Dort sind s' fuchtig worn,
Und haben in ihrem Zorn,
Weil s' d' Knechtschaft nicht lieben,
Den Louis Philipp vertrieb'n.
Das Beispiel war bös,
So was macht a Getös,
Und völlig über Nacht
Ist ganz Deutschland erwacht,
Das war sehr unangenehm
Für das Zopfensystem.
3
Da fing z' denken an
Der gedrückte Untertan:
Zum Teuxel hinein,
Muß ich denn ein Sklav sein?
Ein Fürst ist zwar ein Herr,
Aber ich bin Mensch wie er;
Und kostet's den Hals –
Rechenschaft soll für all's
Gefordert jetzt wer'n
Von die großmächtigen Herrn.
Da waren s' sehr in der Klemm
Mit'n Zopfensystem.
4
Das wär' wieder verflog'n,
's Wetter hätt' sich verzog'n,
Wenn nicht etwas g'schehn wär',
Was Großartig's auf Ehr'.
Auf einen Wink wie von oben,
Hatt' sich Österreich erhoben.
Dieser merkwürdige Schlag
Hat g'steckt in ein Tag
's war verraten ihr Spiel.
Jetzt sind s' alle Groß-Schlemm
Mit'n Zopfensystem.
Aus dem glorreichen freiheitstrahlenden Österreich führt mich mein finsteres Schicksal nach Krähwinkel her. Nach Krähwinkel, wo s' noch mit die physischen Zöpf paradieren, folglich von der Abschneidungsnotwendigkeit der moralischen keine Ahnung haben. Nach Krähwinkel, wo man von Recht und Freiheit als wie von chimärisch blitzblaue Spatzen redt. Is uns aber auch nit viel besser gangen, und zwar aus dem nämlichen Grund; Recht und Freiheit sind ein paar bedeutungsvolle Worte, aber nur in der einfachen Zahl unendlich groß, drum hat man sie uns auch immer nur in der wertlosen vielfachen Zahl gegeben. Das klingt wie ein mathematischer Unsinn, und is doch die evidenteste Wahrheit. Es is grad wie manche Frau, die sehr viele Tugenden hat. Sie hat einen freundlichen Humor, und brummt nicht, wenn der Mann ausgeht, – das is eine Tugend – sie ist geistreich – das is eine Tugend, – sie hat ein gutes Herz, das ist eine Tugend, sie bringt die fünfte Schale Kaffee schon schwer hinunter, das is auch eine Tugend, und trotz so vielen ihr innewohnenden Tugenden, is doch Tugend bei ihr nicht zu Haus; grad so is's uns mit Freiheit und Recht ergangen. Was für eine Menge Rechte haben wir g'habt, diese Rechte der Geburt, die Rechte und Vorrechte des Standes, dann das höchste unter allen Rechten, das Bergrecht, dann das niedrigste unter allen Rechten, das Recht, daß man selbst bei erwiesener Zahlungsunfähigkeit und Armut einen einsperren lassen kann. Wir haben ferner das Recht g'habt, nach erlangter Bewilligung Diplome von gelehrten Gesellschaften anzunehmen. Sogar mit hoher Genehmigung das Recht, ausländische Courtoisie-Orden zu tragen. Und trotz all diesen unschätzbaren Rechten, haben wir doch kein Recht g'habt, weil wir Sklaven waren. Was
Da haben wir's, im Wirtshaus muß ich meinen Herrn Mitarbeiter suchen, da ist's freilich angenehmer als im Redaktionsbüro.
Ich bin überall gerne, wo man mir Vertrauen schenkt, und jedes Seidl, was man mir hier einschenkt, ist verkörpertes Vertrauen.
Das allein war nicht die Ursache, machen Sie sich nicht schmutziger als Sie sind. Die scheußliche Zensur, welche Ihnen jeden vernünftigen Aufsatz streicht, hat Ihnen, da Sie einmal die Verpflichtung haben, Ihren Abonnenten kein weißes Papier zu verkaufen, keine andere Ressource gelassen, als heute dieses und morgen jenes Beisel auf Kosten der übrigen herauszustreichen. Wien ist gewiß viel größer als Krähwinkel, und hat gewiß viel gescheitere Journalisten als Sie sind –
Auch gescheitere als ich bin, brauche ich nur noch hinzuzusetzen. Wiens Journalisten haben in den ersten 8 Tagen der Freiheit die fabelhafte Auszeichnung errungen, daß die österreichischen Blätter im Auslande verboten worden sind, und blättern Sie einige Monate zurück in diesen österreichischen Blättern, so werden Sie, außer ein bisserl Theaterpolemik, nichts anders finden als: Neueröffnete Gasthauslokalität, abermaliger Zierdezuwachs der Residenz, prachtvolle Dekorierung, gediegener Geschmack des Herrn Pritschelberger. Prompte Bedienung durch höfliche Kellner, zum Schlusse ein serviler Appendix über das gemütliche Glück in Wien. Ja, so tief hat eine niederträchtig hohe Behörde die öffentlichen Organe erniedrigt, also brauchen Sie sich, als Ausfüller der Krähwinkler Spalten, keine Extraskrupeln zu machen.
Das verdammte weiße Papier. Dieser Druck in Rücksicht
Lassen Sie das drucken, was Sie selbst aufgesetzt haben, das wird gewiß im Geiste der Behörde sein, Beiseite. das heißt: es wird gar keinen haben.
Wo steht denn das g'schrieben, daß der Mitarbeiter der Alleinarbeiter sein soll? Aber trösten Sie sich, es muß anders werden.
In dem klaren Gefühl, so kann's nicht bleiben, liegt eine Ahnungsgarantie, da steht immer schon die Zukunft als verschleierte Schönheit vor uns. Konstitution, Freiheit, junges Krähwinkel, das alles schwebt über unsern Häuptern, wir dürfen nur greifen darnach.
Wer sagt Ihnen das? Alle Revolutionselemente, alles Menschheitempörende, was sie woanders im großen haben, das haben wir hier im kleinen. Wir haben ein absolutes Regierungsformerl, wir haben ein unverantwortliches Ministeriumerl, ein Bürokratieerl, ein Zensurerl, Staatsschulderln, weit über unsere Kräfterln, also müssen wir auch ein Revolutionerl und durchs Revolutionerl ein Konstitutionerl und endlich a Freiheiterl krieg'n.
Die Zeit ist näher als Sie glauben. Dumpf und gewitterschwanger rollt's am politischen Horizont. Horchend. Still, ich hör' wirklich was. Man hört rechts in der Ferne verworrene Stimmen. Da geht was vor!
Der Enthusiasmus ist zu groß, von Red'halten is da keine Spur. Laut zu den Krähwinklern. Auf also, Freiheit! Umsturz! Sieg oder Tod!
Das ist unerhört für Krähwinkel. Zu den andern. Also ans Werk! Her über die Gewissen, zittern sollen sie, wohin wenden wir uns, wohin zuerst? –
Haben Sie's gehört? Katzenmusik, diese erste Frühlingslerche der Freiheit, wirbelt in der Luft, bald soll die Saat in voller Blüte stehen. Geht in großartiger Begeisterung zur Mitte ab.
Das war Todesangst, eine Minute später und der Bürotyrann kommt früher als ich und geschehen war's um meine Existenz.
Wenn er kommt, wird er sogleich zu Sr. Herrlichkeit, dem Herrn Bürgermeister, geführt. Nicht wahr, Sie staunen? –
Dem Mann steht eine große Karrier' offen. Er sollte als unruhiger Kopf auf dem Schub fortgeschickt werden, aber ich gab Sr. Herrlichkeit zu bedenken, wie er dann im Auslande über unsere Institutionen schmähen würde. Wir werden ihn daher durch Anstellung an uns ketten, und mit einem ansehnlichen Gehalte ihm das lose Maul stopfen. Auf diese Weise hat die Staatsklugheit schon manchen Demagogen unschädlich gemacht. Was schon über drei Monate hier liegt, können Sie mir gelegentlich zur Unterschrift unterbreiten.
Da schau, Sigmund, Auf Ultra zeigend. der, den ich als vermeintlichen Nebenbuhler angefeindet hab', der ist mein Freund geworden.
Mich im Verdachte einer Heiratsidee zu haben. Ehestand is Sklaverei und ich bin Freiheit durch und durch – mein Blut ist rote Freiheit, mein Gehirn ist weiße Freiheit, mein Blick ist schwarze Freiheit, mein Atem ist glühende Freiheit –
Da rechts das Kabinett Sr. Herrlichkeit, da links das Büro des Geheimen Herrn Stadtsekretarius, Herrn von Reakzerl Edlen von Zopfen.
Wirklich, ich seh', es ist auch in Krähwinkel alles mögliche getan, um durch übertriebenen Status die Finanzen zu schwächen.
Aber die, die nichts tun, die ziehen die enormen Besoldungen. Das is woanders auch so, und damit das Enorme ins Himmelschreiende geht, kriegen s' noch Tafelgelder auch dazu.
Wir werden noch brotlos, bloß weil wir mit Ihnen gesprochen haben. Öffnet die Seitentüre rechts und meldet mit einer tiefen Verbeugung. Herr von Ultra.
Dann sag' ich zum Frohsinn, fahre hin, du Flattersinn, und zum Servilismus – Es wird geklopft. – herein.
Wie lange wurde uns das Glück nicht zuteil, die interessanteste, eigentlich die einzige interessante Frau von ganz Krähwinkel zu sehen, die Frau, der man's auf den ersten Blick gleich ansieht, daß sie eine Fremde, und nur durch Zufall in unser Nest hereingeschleudert ist.
Dafür ist er in Krähwinkel gestorben. Und an einem Orte, wo das Leben nichts bietet, kann der Tod nicht besonders schwer sein.
Das ist eine üble Geschichte. Hätte wirklich was Besseres tun können in seinen letzten Stunden, der Herr Gemahl, als sich den Ligurianern in die Arme zu werfen, und dem Prior das Testament in die Hände zu geben.
Ich habe aber den Inhalt genau gelesen, das Kloster erhält nur ein Legat, und nur für den Fall, daß ich mich nicht mehr verehlichte, fällt nach meinem Tode das andere höchst bedeutende Vermögen den frommen Herren zu, und nun verweigert der Prior, das Testament meinem Advokaten einzusenden –
Das Glück ist nicht so groß, denn wenn es auch jeden von den beiden Herren einzeln verhindert, die gnädige Frau um das ganze Vermögen zu prellen, so werden sie ihr um so sicherer in brüderlicher Halbpartschaft jeder die Hälfte stehlen, und daß der Herr Bürgermeister noch auf eine Hälfte, nämlich auf die reizende Witwe selbst als Eh'hälfte spekuliert, das is ja eine bekannte Sache.
Das weiß ich nur zu gut. Ein Zensor ist ein menschgewordener Bleistift, oder ein bleistiftgewordener Mensch, ein fleischgewordener Strich über die Erzeugnisse des Geistes, ein Krokodil, das an den Ufern des Ideenstromes lagert, und den darin schwimmenden Literaten die Köpf abbeißt.
Ich glaub's, weil's um 100 Jahr zurück seid's, und diese Sprache ist erst wenige Monate alt. In dieser neuen Sprach' sag' ich Ihnen jetzt auch was die Zensur ist. Die Zensur ist die jüngere von zwei schändlichen Schwestern, die ältere heißt Inquisition. Die Zensur ist das lebendige Geständnis der Großen, daß sie nur verdummte Sklaven treten, aber keine freien Völker regieren können. Die Zensur ist etwas, was tief unter dem Henker steht, denn derselbe Aufklärungsstrahl, der vor 60 Jahren dem Henker zur Ehrlichkeit verholfen, hat der Zensur in neuester Zeit das Brandmal der Verachtung aufgedrückt.
Meine Ohren! Herr! wenn's nicht zu hoch käme, für Sie ließe ich eine Extra-Festung bauen, gegen die der Spielberg nur ein chinesisches Lusthaus wäre.
Fertigen Sie diesem propagandistischen Ausländer einen Laufpaß aus, in zwei Stunden muß er das Weichbild von Krähwinkel im Rücken haben. Rechts ab.
An Krähwinkel gar nichts, aber alles an dieser unbekannten Dame, die mich ganz damisch macht, wie sie g'sagt hat, »Sie sind mein Mann«, merkwürdig, wie mich da alle Wonnen des Eh'standes durchschauert haben. O er hat nicht unrecht, jener populäre Philosoph, wenn er sagt, daß das Sein, nur ein Begriffsaggregat mit markierten elektro-magnetisch-psychologisch-galvanoplastischen Momenten ist.
Den Bürgermeister stürzen, und auf den Trümmern
Ich soll Ihnen aber auf Befehl Sr. Herrlichkeit, und Sie wissen – bei uns steht immer die Existenz auf dem Spiele, – einen –
Polizeiwidrig! Jetzt haben Sie alles. Zu Willibald. Und jetzt sagen Sie mir, wie kann ich dem Bürgermeister hinter seine Regierungsschliche kommen? denn ich möchte vorläufig mit List gegen ihn operieren, bis es Zeit ist zum Gewaltstreich. Wem schenkt er sein Vertrauen?
Wie anders als verkleidet, und dazu müssen Sie mir behilflich sein. Sie sehen, wie ich auf Ihre Freundschaft baue.
Glücklicherweise kann ich Ihnen hierin – ach, das trifft sich ja herrlich. Voriges Jahr konnte hier ein armer Theaterprinzipal den Pacht nicht bezahlen. Se. Herrlichkeit ließen ihm die Garderobe pfänden.
Sehen Sie, wie der Weltlauf immer nemesiserln tut. Seine eigene Schandtat liefert uns die Waffen gegen ihn. Sie begleiten mich jetzt, nicht wahr?
Noch eins. Zu Sigmund. Wenn Sie die reizende Witwe sehen, so sagen Sie ihr, wie Krähwinkel frei ist, so werd' auch ich so frei sein und sie an gewisse Worte erinnern. Sie hat gesagt: »Sie sind mein Mann«, sagen Sie ihr, daß ich in diesem Punkte keinen Spaß verstehe. – Sie hat es vor Zeugen gesagt, so etwas ist sehr delikat, ich glaub', sie ist es meinem Ruf als Jüngling schuldig, daß sie mir am Altar gelegentlich ihre Rechte reicht.
Ich sag' dir's, Alte, es is a so und nicht anders. So wie vor 17 Jahren die Cholera, grad so geht jetzt die Freiheit herum.
Na, ob! – Die Freiheit packt immer zuerst das alte Ministerium, dazu gehör' offenbar ich, und so dürfte ich als eins der ersten Opfer fallen.
Hier ist nicht von dem ordinären Tod, sondern von dem Verlust des Einflusses, von meiner Stellung zum Staate die Rede, die Verhältnisse könnten mich zwingen, zu abdizieren, das ist für uns Große keine Kleinigkeit.
Lauter österreichische. Ich trau' mir s' gar nicht z' lesen. Nein, wie wir uns in dem Österreich getäuscht haben, das ist schauderhaft.
Wenn uns etwas bewahren kann vor dieser Pest, so sind's die Ligurianer. Auf diese frommen Herren bau' ich noch meine ganze Hoffnung.
Wenn der Herr Klaus die andern kennt, so kennt er mich auch. Wir sind alle auf einen Schlag. Mich schickt der Pater Prior. Es handelt sich um das Seelenheil des Herrn Bürgermeisters.
Zur größten Ehre Gottes und zum Ruhme des heiligen Ignatius von Loyola. – Der Pater Prior schickt mich nun mit dem Auftrag, der Herr Klaus soll mir alles sagen was er weiß, damit wir kontrollieren können, ob uns der Bürgermeister wirklich alles vertraut.
Es ist ein einziges, das is halt so was Wichtiges, das hat er nicht einmal dem Pater Prior g'sagt, – müssen mich aber nicht verraten.
Freilich, da hat man ja noch gar kein Beispiel, also sehen Sie, die Sach' is die – Wir haben die vorige Woche ein hohes Reskript kriegt, ein abscheulich hohes Reskript. Mehrere europäische Großmächte waren unterzeichnet, als: Lippe-Detmold, Rudolstadt, Reiß-Greiz-Schleiz, nur Rußland is mir abgangen, das ist mir gleich aufgefallen.
War eine Konstitution für Krähwinkel, die der Herr Bürgermeister augenblicklich hätt' proklamieren sollen.
Na, ich glaub's! Freiheit is gar was Schreckliches. Der Herr Bürgermeister sagt immer: der Regent is der Vater, der Untertan is a klein's Kind, und die Freiheit is a scharf's Messer. –
Das ist die wahre Ansicht, ich weiß genug – von meinem Besuch muß der Herr Klaus weder dem Bürgermeister, noch meinen geistlichen Brüdern was sag'n.
Schon recht, strengstes Geheimnis. Jetzt erlauben aber Hochwürden, daß ich Ihnen meine Alte aufführ', Zur Türe rechts hinausrufend. kannst schon wieder eina gehen, Stellt ihm Emerenzia vor. das ist die Gattin meiner Wahl, das heißt gewesen, jetzt nehmet ich s' nicht mehr.
Nein, sie hatt' wollen zu die Büßerinnen gehen, der Pater Prior hat aber g'sagt, es is nicht mehr notwendig, er wußt' nit zu was?
Da hat er recht g'habt. Man hört in der Entfernung leise die Töne einer Katzenmusik. Aber still, habt ihr nichts gehört? –
Was sich denn das Madl so um die Beamten abängstigt? Zu Emerenzia. Alte, komm zu dir, es kommt wer zu uns –
Das Entsetzlichste ist geschehen! der Krähwinkler Jüngste Tag bricht an, alle verstorbenen Bürgermeister drehen sich in den Gräbern herum! Man hat mir eine Katzenmusik gemacht, man macht sie mir noch! – Hörst du? –
Da ist das ganze Orchester der Hölle losgelassen. Was Krähwinkel je an Konzerten gehört, verschwindet in ein Nichts dagegen –
Ich habe mich durch ein Hinterpförtlein geflüchtet. Hier vermutet mich niemand, ich werde bei Ihm übernachten, Klaus!
Na, vielleicht. Leise zu Emerenzia. Wenn nur nicht den ganzen Tag deine Pintscherln auf'n Kanapee liegeten. Laut. Gute Nacht, Eure Herrlichkeit!
Ich glaube, der aufrührerische Krawall läßt nach – ohne Zweifel ist Rummelpuff mit der Gewalt der Waffen eingeschritten. Ich werde mein regierungsmüdes Haupt zur Ruhe legen, Macht sich's auf dem Kanapee bequem. Und damit ich nichts höre, wenn's etwa nochmals losgehen sollte, ziehe ich mir den Mantel hoch – hoch über die Ohren. Legt sich in den Mantel verhüllt zur Ruhe. Nach einer kleinen Pause beginnt leise Musik, die Rückwand erhebt sich und man sieht einen Wolkenschleier, welcher sich bald auch erhebt. Man sieht den Moment, wo im Hofe des Wiener Landhauses ein auf dem Brunnen stehender Redner das Volk zur Erringung der Freiheit aufruft. Nach einer Weile schwindet die Vision. Der Wolkenschleier und die Wand schließen sich, die Musik hört auf, der Bürgermeister, welcher während der ganzen Zeit die lebhafteste Unruhe ausgedrückt, wacht stöhnend auf. Ach! wo bin ich? Er ermuntert sich. Gott sei Dank, es war nur ein Traum! Klaus! Klaus! Aber schrecklich, schrecklich ist solch ein Traum!
Warum?! Freiheit hat drei schöne Nummern: 13, 15, 26, übrigens is das nur im ersten Schlaf, und der Ort macht viel.
Ich bin wieder in einer andern Lag'. Ich schlaf' unterm Herd, mir hab'n lauter Schwabenstückeln traumt. Links ab.
Vielleicht hab' ich jetzt einen bessern, oder was das beste wäre, gar keinen Traum. Verhüllt sich in den Mantel und schläft ein, leise Musik. Die Rückwand geht auf, und man sieht den Moment der Sturmpetition vom 15. Mai im Tableau dargestellt. Nach einer Weile schwindet die Vision, der Bürgermeister erwacht. Klaus! Klaus! – das ist nicht zum Aushalten, wenn so was je in Krähwinkel vorkommen sollte! Klaus! Klaus.
Wär' nicht übel! Nein, nein, mir fallt ein Mittel ein. Um diese Freiheitsvisionen loszuwerden, legen sich Euer Herrlichkeit was Schwarzgelbes unter'n Kopf, da kommen gleich andere Traumbilder.
Da haben Eure Herrlichkeit die Wiener Zeitung. Zieht ein Blatt Zeitung aus der Tasche und legt es auf die Kopfseite des Kanapees. So – und setzen wir den Fall, es kommt in Krähwinkel zu etwas –
Nein, ich kenn' die Krähwinkler, man muß sie austoben lassen, is der Raptus vorbei, dann werden s' dasig, und wir fangen s' mit der Hand; da woll'n wir's hernach recht zwicken das Volk. Links ab.
Er hat nicht so ganz unrecht, und geht es nicht durch eigene Kraft, so gibt es ja noch fremde Hilfe. Hm! Hm! der Gedanke ist nicht schlecht, so muß es kommen. Sich wieder zur Ruhe legend. Wart nur, du Volk! du sollst mir nicht über den Kopf wachsen, du Volk du! Schläft ein. Leise Musik. Die Wand und der Wolkenvorhang öffnet sich. Die Musik geht in einen russischen Triumphmarsch über, und man sieht folgendes Tableau. Auf einer Seite knien die Krähwinkler, auf der andern steht eine dem Bürgermeister ganz ähnliche Gestalt, mit einem russischen General Arm in Arm, unter einem Triumphbogen. Im Hintergrunde sieht man Kosaken ansprengen und russische Grenadiere, welche die Knute schwingen. Nach einer Weile schwindet das Traumbild, der Bürgermeister drückt im Schlafe die größte Behaglichkeit aus. Der Vorhang fällt.
Ende des ersten Aufzuges.
Ich bin in großer Besorgnis für meinen Freund, er hat sich herbeigelassen, die Stelle des Dolmetsch vorzustellen. Wenn nur Se. Herrlichkeit den Betrug nicht merkt; da ist der Nachtwächter, der die stumme Rolle des Leibeigenen übernommen, weit weniger in Gefahr.
Es ist so, wie ich Ihnen sage, Herr Stadtkommandant, unsere gute Stadt genießt die hohe Auszeichnung, einen russischen Fürsten in ihren Mauern zu haben.
Warum hat man mir das nicht früher gesagt? wieder die Gelegenheit zu einer Ausrückung versäumt. Auf diese Art wird Rußland nie zu einer richtigen Schätzung der Krähwinkler Militärmacht gelangen.
Schade! Sie hätten Sr. Durchlaucht bis an die Stelle, wo in 100 Jahren der Krähwinkler Bahnhof erbaut werden dürfte, entgegendefilieren und bedeutend Hochdieselben auf dieses großartige Werk der Zukunft aufmerksam machen können.
Fatal! die Parade wäre großartig geworden. Ich an der Spitze einer Kompagnie von vier Grenadieren, dann unmittelbar das Jägerbataillon, bestehend aus acht Schützen. Nach Entwicklung dieser imposanten Massen hätte das Aufmarschieren des ersten und letzten Krähwinkler Infanterie-Regiments von 19 Mann den Mangel an Kavallerie auf eine glänzende Weise gedeckt.
Nach gegenseitig zeremonieller Begrüßung. Ich bin erfreut, die Großen meines Reiches so zahlreich versammelt zu sehen. Es gibt viele Große, aber Sie, meine Herren sind die Größten. Niest.
Ihnen vor allen muß ich danken für die energische Auseinandersprengung des Pöbelhaufens verflossener Nacht.
Die Herstellung der Ruhe ist mir durch Vorlesung eines meiner poetischen Erzeugnisse: »Ode an den Bundestag« gelungen. Gleich die ersten Verse waren hinreichend, die erhitzten Gemüter zum schleunigen Nachhausegehen zu bewegen.
Werde nicht ermangeln, diesen welthistorischen Moment durch eine Anzahl Sonette – vorläufig habe ich nur ein kleines Gedichtchen verfaßt, um es Sr. Durchlaucht auf dem Rückwege nach dem Palais vorzulesen. Es ist ein Impromptu an die Knute. Eure Herrlichkeit erlauben. Zieht eine rosenrote Papierrolle hervor und liest.
Herr Sperling, ich erlaube Ihnen, das Wort zu führen. Stellt sich mit Rummelpuff und Sperling in Positur.
Es wäre nur wegen der Austragung des Schlafes. Sich an Willibald wendend. Se. Durchlaucht verstehen doch Deutsch?
Ich begreife nicht, woher ich so gut Russisch versteh'. Laut zu Ultra. Diese Leibeigenen sind wirklich eine schöne Erfindung.
Jetzt zum Zweck unserer Sendung. Der Zar, der immer sein Hauptaugenmerk auf Krähwinkel gerichtet, weiß, daß revolutionäre Staaten Ihnen ein Reskript –
Ich bitte – Leise zu Willilbald. die Anwesenden sind nicht eingeweiht, ich habe das Reskript gebührendermaßen unterdrückt.
Egal! die Diplomatie ist nicht mein Feld, ich kann hier nichts tun, als durch gemessene Haltung fortwährend imponieren.
Se. Durchlaucht werden den Zar dahin vermögen, daß er die beiden Herren in die hohe Aristokratie einverleibt, Zu Sperling. Sie heißen?
Ich war stets für den Zar, und würde nie, um keinen Preis, die Offensive gegen Rußland ergriffen haben.
Wenn wir so viel Huld und Gnade je vergessen könnten, so schicke man uns alsogleich nach Sibirien auf den Zoberlfang.
Welchen Einfluß werden diese Bewegungen auf die Existenz der Beamten haben? was liegt mir im Grunde an meiner Existenz, da ich leider keine Hoffnung habe, sie je mit Cäcilien teilen zu können? Bleibt tiefsinnig stehen.
Mich krieg'n s' nicht mehr dran, wie wo ein Krawall is, geh' ich fort, daß s' mir etwa wiederum einen Haslinger brecheten, um den wär' mir gar leid, er ist dicker und hat viel ein' schönern Schwung als der andere. Sigmund von rückwärts ansehend. Was ist denn das für ein niedergeschlagener Subalterner? Ihn erkennend. Ah der Mussi Siegl –
Freilich! Sie sollen nur revoltieren, der Rummelpuff wird ihnen's schon zeigen. Aber schauen S', weil wir grad so vieraugig z'sammkommen, Ihnen muß ich einen guten Rat geben. –
Lirum Larum! Übrigens ich verlang' ja kein Geständnis, lieben Sie wen Sie wollen. Beiseite. Ich weiß doch, daß es keine andere als die Nachtwächterische Walpurgerl is. Zu Sigmund. Ich sag' Ihnen nur, warum sollen denn Sie und 's Madl unglücklich sein, wegen so einem bockbeinigen Sakerwalt.
Na ja, richtig, Sie wollen's nicht g'stehen, alles eins, mit einem Wort, da nutzt nix, Sie müssen durchgehen mit ihr.
Sein Sie so gut mit der? Warnend. Sie, die heirat ja der Bürgermeister. Diese Bekanntschaft bringt Ihnen etwa um Ihr kleines Amt oder verhilft Ihnen zu einem großen –
Ah, schweigen Sie, meine Ideen sind einzig und allein –! Seufzend. Es ist jedenfalls umsonst, meine Geliebte ist ein zu fromm erzogenes Mädchen, sich von mir ohne Wissen ihres Vaters in ein fremdes Haus bringen zu lassen, darein willigt sie nun und nimmermehr.
Da fällt mir was ein! Ich lass' Ihnen nicht aus – ich muß ihm einen Schur antun, dem g'wissen Vatern den – bestellen Sie 's Madel in a Gassen oder auf an Platz wohin, da hol'n wir's miteinander ab, und führen's zu der Frau von Frankenfrei. Wenn ich dabei bin, wird sie doch folgen?
Na also, und mir geschieht ein G'fallen, ich hab' schon lang a Passion auf den alten Esel. Sie brauchen mir also nur Tag und Stunde z' sag'n.
Fürchst dich schon, Kirschner, daß d' eins auf'n Pelz kriegst? Zu den andern. Kommt's, so was sieht man nicht alle Tag. Wollen rechts ab.
Ich bin froh, daß der Meinige schon tot is, wie leicht könnt' ihm da was g'schehen bei der G'schicht.
Meine lieben Krähwinkler! da ich dazu auserkoren bin, an eurer Spitze zu stehen, hab' ich euch stets nach Möglichkeit stumpf zu machen gesucht. Und nur, weil ihr auf einmal eine Schneid kriegt habt, so war ich genötigt, euch die Spitze zu bieten. Ich wünsche sehnlichst, daß das beklagenswerte Mißverständnis zwischen mir und meinen lieben Krähwinklern –
Er und sein Schimmel sind alle zwei voll Fahnen, Fahndeln und Bändern. Alles jubelt und trompetet, und schreit Vivat!
Ich verkünde für Krähwinkel Rede-, Preß- und sonstige Freiheit, Gleichgültigkeit aller Stände, offene Mündlichkeit, freie Wahlen, nach vorhergegangener Stimmung, eine unendlich breite Basis, welche sich nach und nach auch in die Länge ziehen wird, und zur Vermeidung aller diesfälligen Streitigkeiten gar kein System.
Ende des zweiten Aufzuges.
Ihre angenehme Gesellschaft zu genießen, ist das nicht Zweck genug? Und wenn Sie einen besondern wollen, so wäre es der, Ihre allerseitigen Äußerungen über die neue Gestaltung der Verhältnisse zu vernehmen.
Als Poet hab' ich nichts gegen die Freiheit, sie gewährt den Dichtern ein weites Feld zur Tummlung ihrer Pegasusse.
Der Staatsmann muß sie unbedingt verdammen, denn alles faselt jetzt schon von Menschenrechten; der subalterne Beamte sogar wagt Äußerungen, wenn er sich malträtiert fühlt.
Wie die s' benutzen, wer kann ihnen denn nachgehen auf jeder Wacht? 's Nachhausekommen haben sie sich ganz abgewöhnt.
Heute haben s' a Sitzung, morgen a Katzenmusik, den andern Tag ein Verbrüderungsfest, und sooft ich den Meinigen ans Herz drücken will, sagt er, er muß patrouillieren gehen.
Mir hat die Freiheit ein kleines Gedichtchen entlockt, welches ich der Gesellschaft mitzuteilen mich bewogen fühle. Liest aus einem Blättchen Papier.
An die Freiheit
Gnädige Frau, ein Ultra, der keinen Absolutismus außer den der Liebenswürdigkeit anerkennt, legt sich Ihnen zu Füßen.
Zu was Sie wollen, denn ich bin des Pardons gewiß, wenn ich Ihnen Ursache und Resultat meiner Verspätung sage.
Ja, das war noch vor der Freiheit, da haben die Bürgermeister noch die Leute ausgewiesen, jetzt danket mancher Gott, wenn er sich selbst ordentlich ausweisen könnt'.
Frau von Frankenfrei, ich begreife nicht, wie Sie in Ihrem Hause, welches sogar der Herr Bürgermeister beehrt, einem Menschen Zutritt gestatten –
's is wahr, der Bürgermeister und ein Mensch kommen in dasselbe Haus, is halt a g'mischte Gesellschaft.
Dieselbe Bemerkung hab' ich früher im stillen gemacht, als ich unter den Damen sogar die Nachtwächterstochter erblickte.
Hören Sie, die is ein braves Mädl, Sie beleidigen also nur die übrigen, wenn Sie da etwas Gemischtes herausfinden wollen.
Mein Herr, ich bitt' mir's aus, meine Tochter ist auch dabei, und eine Geheimratstochter wird doch gegen eine Nachtwächterstochter ein immenser Unterschied sein.
So weit sind wir noch nicht mit der Gleichheit. Mein Seliger war Geheimer Rat, und ich werd' Ihnen schon noch zeigen, was eine Geheime Rätin ist.
Schauen Sie, erstens muß ich Ihnen sagen, für eine Geheime Rätin schreien Sie viel zu stark. Und dann ist gottlob die Zeit vorbei, wo das »Geheimer Rat« eine Auszeichnung war. Ein guter ehrlicher Rat darf jetzt nicht geheim sein, 's ganze Volk muß ihn hören können, sonst is Rat und Ratgeber keinen Groschen wert.
Gewiß nicht; Sie sind Reaktionär, und denen is nie zu trauen, übrigens sag' ich Ihnen, Sie verzopfter Kanzleimann, wenn Sie glauben –
Ich komm' Ihnen zu verkünden, in welcher Gestalt ich am heutigen und morgigen Tage zwei Feste sondergleichen zu feiern gedenke. Eins werden Sie ahnen, holde Braut!
Ihre Widersetzlichkeit wird Ihnen so wenig, als den Krähwinklern die ihrige nützen. Heute ist der Tag der Rache, der Triumph der Reaktion.
Wir werden mit einer furchtbaren Heeresmacht über Krähwinkel herfallen; Kommandant Rummelpuff ist tätig gewesen, hat in der Umgebung über 20 Mann Verstärkung geworben. Dieses Armeekorps, mit unserer Besatzung vereint, wird die Krähwinkler zu Paaren treiben. Zu den Frauen. Wenn Sie keine Witwen werden wollen, so raten Sie ja Ihren respektiven Männern, zu Hause zu bleiben.
Die Macht. Ich bin die Macht und mache das Recht. Als eine ihr Glück von sich Stoßende, sind Sie einer Wahnsinnigen gleichzustellen. Wahnsinnige bevormundet das Gesetz. Ich bin das Gesetz, folglich Ihr Vormund, und als solcher nicht der erste, der seine widerspenstige Mündel zur Heirat zwingt. Es bleibt Ihnen nur der traurige Ausweg, der großen Erbschaft vom seligen Gemahl verlustig zu werden.
Ich hab' ihn, in Berücksichtigung seines Alters, durch das hintere Pförtlein entschlüpfen lassen, bevor noch in dieser Stunde das ganze Konvent von die frommen Herren gesäubert wird.
Macht nur Krawall, bringt die Verwirrung aufs höchste, dadurch steigen die Aktien der Reaktion. Folgt nach.
Jetzt handelt sich's, wenn auch nur um ein Krähwinkler – doch um ein Völkerglück, und ich fürchte, ich fürchte, Krähwinkel is nicht Wien, nicht Paris, nicht Berlin. Werden sie hier die nötige Ausdauer haben? – und dann is noch ein Übelstand –
Eine höchst wichtige. Sie müssen es durch List dahin zu bringen suchen, daß der Bürgermeister mit dem auf Nachmittag angedrohten Überfall bis zum Abend zögert.
No freilich, was denn sonst? An Ihnen zeigt sich neuerdings der große Unterschied zwischen den indischen und europäischen Witwen. Die indischen verbrennen sich selbst, und die europäischen setzen andere Leut' in Feuer und Flammen. Geht rasch zur Mitte ab. Frau von Frankenfrei und die Mädchen zur Seite links.
Meine intimsten Freunde? – da will ich denn doch gleich – Ergrimmt auf die an der Pforte stehenden
Krähwinkler losgehend. Fort! augenblicklich! Ich werd' ein Gesetz ergehen lassen, daß nicht drei beisammen stehen dürfen.
Der Pater Prior hat ihm geschrieben, er soll kommen, und einige wichtige Schriften zur geheimen Aufbewahrung übernehmen, 's is gar ein gescheiter alter Herr, der jeden Braten riecht, – folglich auch –
Geb' Er her – Erbricht den Brief mit Unwillen und liest, nachdem er die ersten Worte unverständlich gemurmelt. »einen Staatsstreich betreffs der Rebellen, mit Ihnen zu besprechen – erwarte Sie alsogleich, um Ihnen noch vor meiner Abreise wichtige Instruktionen –« Spricht. Wer ist denn unterschrieben? Hat die Unterschrift im stillen gelesen, mit dem Ausdruck des höchsten Staunens. Ha! Ist's möglich! hört auf zu tanzen, ihr Buchstaben – nein – nein – 's ist Wirklichkeit – hier steht der historisch-notorische Namenszug – ich muß nochmals jedes Wort – Liest den Brief im stillen in höchster Spannung durch.
Komm heute abend um acht Uhr zum Rathausbrunnen, aber verschleiert. Geht mit Vorsicht, wo er gekommen, ab.
Soll pünktlich nach seinem erlauchten Willen – Zum Kellner. Geschwind leg' Er mich zu Füßen – in der nächsten Minute werde ich – muß nur erst Fassung gewinnen – pack Er sich –
Die Heiden, wie sie's in der Zeitung lesen von die großen Städt, so glauben sie, sie müssen's nachmachen bei uns.
Weiter jetzt um a Haus! Zieht sich zu den übrigen zurück, nur Klaus, Emerenzia und Cäcilie bleiben im Vordergrunde.
Ich freu' mich auf nichts, als auf den Jüngsten Tag, du wirst sehen, außer unserer Familie und a paar Beamte, kommt ganz Krähwinkel in d' Höll'. Nach dem Hintergrunde blickend. Aber du, wie s' zusammlaufen da.
Trotz der Gegenwart des Bürgermeisters durft' ich ihm's vorlesen. Er hat es angenommen, der erlauchte Gestürzte, zu allem diplomatisch Lächelnde.
Morgen, Freund! Ich weiß ja noch nicht, ob das Honorar ein brillantiertes, oder ein dukatiges sein wird. Beiseite. Ach Gott, wie der Mann in Millionen schwimmt. So ein Gestürzter ist doch weit besser dran, als unsereiner, wenn er noch so aufrecht steht. Zur Mitte ab, Kellner folgt ihm.
Die Nacht war immer das Element meines Wirkens. Die Großen der Erde sind Sterne, folglich können sie nur dann leuchten, wenn's finster ist. In der Sonne der Freiheit verlischt das Sternengeflimmer, drum darf man sie nicht zu lange leuchten lassen. Übrigens bleibt die Nacht nicht aus. Die allgemeine Verwirrung, die ich nähre, ist das dämmerige Dunkel, ein blutiges Abendrot, und die sternfunkelnde Nacht der Reaktion triumphiert am politischen Himmel.
Wenn Sie nach London kommen, besuchen Sie mich. Jeder echt servil legitime Stock-Absolute macht mir die Aufwartung dort.
Bescheidenheit ist des Talentes schönste Zierde, diese liebenswürdige Humanität gibt mir den Mut zu ein paar politischen Fragen.
Sie haben den Don Carlos so nobel unterstützt, haben wir gar keine Hoffnung, daß er auf den Thron kommt? und daß wir mit der Zeit in Deutschland eine Inquisition kriegeten.
So soll aus diesen zahllosen österreichischen Zwanzigern uns gar kein spanischer Segen erblühen, und die guten Jesuiten in der Schweiz, is es denn wirklich aus mit ihnen?
Ah bravo! Exzellenz sind ein herrlicher Mann. Sie logieren in dem Gasthof, da werden Sie gewiß abends ins Extrazimmer kommen.
Das is g'scheit, ich muß Ihnen noch um einiges wegen den seligen Napoleon befragen, wo nur Sie allein Auskunft wissen.
Oh! Gott! ich war ja mit Blindheit g'schlagen, ich wollt', ich könnt' Ihnen großartig nach Verdienst – Eine Tochter für so einen Patrioten! das is ja eigentlich so viel als nix.
Na, mich g'freut's, wenn Sie so genügsam sein, und meine Tochter wird's auch g'freuen. Entzückt in die Kulisse sehend. Aber da schauen S' nur her –
Wie sich das macht! Mit Enthusiasmus. das kleine Krähwinkel schaut ordentlich großartig aus, seitdem 's Barrikaden hat – was gebet ich drum, wenn ich Wien g'sehen hätt' an dem Tag, – hier haben s' schon diese himmlischen Pflastersteiner nicht, die sind dort wie gemacht dazu.
Das is wahr, übrigens ist es nicht der Granitwürfel allein – unerschütterlicher Wille und Todesverachtung ist's, was den Barrikaden die Festigkeit verleiht.
Na, jetzt, – der soll uns nicht gar zu viele Mäuse machen. Meine Begleitung macht ja die Sache so anständig, daß gar kein Mensch einen Anstand drin finden kann. Für sich. Die zwei Leut' g'fallen mir mit ihrem Geheimnis, als ob ich nicht trotz dem Schleier doch wußt', daß es die Nachtwächterische Walperl is –
Das hat einen wichtigen Grund. Ich hab' müssen bei mein Haus vorbei. Wissen S', es gehen heut' allerhand Leut' herum in der Stadt, daß einem völlig angst und bang wird, wenn man's sieht, und da hab' ich in einem Wiener Blatt etwas g'lesen von einem Zauberspruch, der weit mehr als Schloß und Riegel wirkt. Wir werden gleich fertig sein.
Aha! Zu Sigmund. da ist schon so ein verdächtiges Individuum. Zu Ultra. Da, Freund, lies Er's nur, was auf der Tür steht.
Ach, mein Geld hab' ich nicht z' Haus liegen, so g'scheit bin ich schon selber, aber man hat auch noch andere Sachen, in die man hohen Wert setzt.
»Heilig sei das Eigentum.« Wenn diese Worte den Arbeitern nicht ins Herz geschrieben wären, was nutzet denn das Geschmier auf allen G'wölbtüren herum?
Der wird noch grob – Zu Cäcilie. Ich bring' Ihnen an den Ort Ihrer Bestimmung, und wenn sich Ihr Vater gar nicht überreden lassen will, so sag' ich ihm's frangement, daß er ein dummer Kerl is. Mit beiden rechts ab.
Auf was gibt denn der gar so acht da drin, auf d' Letzt – neugierig bin ich doch, na und warum nicht, 's Anläuten verletzt ja das Eigentum nicht. – Läutet am Hause des Klaus.
Und da schreibt der Kerl: »Heilig sei das Eigentum«, ah diese Kreidenverschwendung, das ist zu stark, wer hätt' sich aber jemals dieses regsame bewegte Leben in dem friedlichen Krähwinkel als möglich gedacht? Wir haben jetzt halt überall die zweite Auflag von der vor 14 Jahrhunderten erschienenen Völkerwanderung. Nur mit dem Unterschied, daß jetzt die Völker nicht wandern, sich aber desto stärker in ihren stabilen Wohnsitzen bewegen. Natürlich, so was wirkt nach allen Seiten hin, gärt und muß sich abbeißen, und kann folglich nicht so g'schwind vorübergehen.
Studenten! Klaus, hier ist nichts mehr zu tun. Zu den zwei Wächtern, welche sich gleich entfernen. Sprengt zurück zu Rummelpuff, ich laß ihm sagen, es is nichts mit der Reaktion. Zu den übrigen. Und du, widerspenstiges Krähwinkel, suche dir einen andern Bürgermei ster, ich gehe nach London.
Ein Student ist meine Tochter! Meinetwegen, aber
Also, wie's im großen war, so haben wir's hier im kleinen g'habt, die Reaktion ist ein Gespenst, aber G'spenster gibt es nur für den Furchtsamen. Drum sich nicht fürchten davor, dann gibt's gar keine Reaktion.
Ende.