Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Für den Moment des Friedensschlusses geht es nicht um die Entschlüsse der Zukunft, sondern um eine ungeheure verödete, ausgesaugte, Schritt für Schritt grauenhaft isolierte Gegenwart. Wir dürfen unsere Aufgabe nicht aufschieben; nicht kleinkrämerisch warten, bis die Verhältnisse im Laufe der Zeiten wieder ins Menschlichere gerollt sind. Hier muß unser Wille stehen. Die Geistigen aller Länder müssen in diesem Moment sichtbar vor dem Auge der Völker sich die Hände reichen. Die Entschlüsse jedes Einzelnen sind längst gefaßt; sie sind einander nicht fremd. Die Schöpfungspläne der Einzelnen für die Zukunft der Welt stimmen alle in den Grundzügen so überein, daß man sagen muß, der geistige Weg für das Wollen der Besten ist schon vorgezeichnet. Es handelt sich also nicht mehr um Diskussionen. Es handelt sich um einfachste, reale Vereinigung der Wollenden.
Und nichts andres ist unsere kleine, harmlose, so bescheidene Zivilisationsaufgabe, als bis zu diesem Moment festzubleiben, nicht zu vergessen und nicht vergessen zu lassen. Einer Welt (ihre namenlose Leidenszerbröckelung ist heute nur noch der eigenen, schwerfällig weiterrollenden Trägheit des Willens verschuldet) die Beharrlichkeit, Kontinuierlichkeit und Zuverlässigkeit unseres Willens entgegenzustellen.
Dies alles ist: den Moment des Kriegsendes geistig vorbereiten.
Aber das ist nicht zu machen, wenn der öffentliche Ausdruck
Es ist nicht wahr, daß öffentliche, veröffentlichende Menschen in Wahrheit als letzten Schrei ihres Leben, als verzweifeltste Mitteilungsnot vor der Katastrophe sich in solchen Vorstellungen bewegen:
Es ist nicht wahr, daß die Gesichterettung, die letzte Augenhilfe der verzweifelten Menschheit, die letzte Auslieferung an eine Seh-Mitteilung zur Wiederbesinnung auf unser Geistiges, es ist nicht wahr, daß die uns angehenden Gaben eines Malers, Holzschneiders, Zeichners so aussehen:
Es ist nicht wahr, daß dies Menschen angeht.
Es ist nicht wahr.
Das alles ist darum Betrug. Zeit-, Kraft-, Raum-, Interesse- und Talentvergeudung, weil es in dumpfer Unbewußtheit den Versuch macht, heutiges Empfinden auszudrücken durch einen alten, abgelegten, erstorbenen, nicht mehr existierenden Inhalt (der vielleicht vor Zeiten einmal wirklich so lebendig war, Menschen auf sich zur Besinnung zu bringen, der aber heute nur noch historisch-lexikalische Bildungssache ist). Ein Schein-Inhalt. Lebens- und Aktivitätsströme werden in Kadaver geleitet, um der Mitwelt das Schauspiel des galvanisierten Zuckens toter Glieder zu zeigen. Irrtum, Selbstmord, Betrug und Selbstbetrug!
Die Themen des Dichters, Schriftstellers, Publizisten – des öffentlichen Menschen – sind die, die uns Kraft geben, für die Zukunft feste zu stehen. Ungefähr so, und wem eines das Herz bedrängt, der soll es laut aussprechen:
Die Musiker der neuen Zeit komponieren die Tuba mirum des Jüngsten Gerichtes und das Gloria in excelsis des Menschen. Die Tänzer tanzen die Tänze »Gegen den Krieg«, »Himmel und Hölle« und »Das Schweben des Geistmenschen«.
Die Maler der Zukunft zeichnen Flugblätter, als Vorbilder zum Leben, so intensiv heutig brennend gedacht, wie die – auch ihrer Zeit nicht kunstgenießerisch, sondern lebendig vorbildlich und zeitungshaft wirkenden! – Holzschnitte Dürers und seiner Genossen aus einer damals neuen Religionsperiode, diese Apokalypsen und Marienleben, Erschütterungen
Heute gilt das ungeheure Werk Giottos als Kunst. Aber zur Zeit, da es geschaffen wurde, war es genußlosestes, erhabenstes, verantwortungsvollstes Vorbild für eine Nachfolge von Heiligenleben des Franziskus unter allen Menschen, die Augen hatten zu sehen.
Und nun, Dichter und Maler, ihr habt euch zu stellen. Entweder ihr arbeitet für die Rente; dann wundert euch nicht, wenn ihr nächstens noch bei lebendigem Leibe nach Verwesung stinkt. Oder ihr arbeitet für die Menschheit, dann habt ihr Vorbilder zu entwerfen, nach denen Hunderttausende sehnend zielen werden, Vorbilder über euch hinaus, und ihr werdet euch eines Tages mit dem Musiker verbündet sehen, diesem bisher idiotischesten aller Selbstgenußparasiten, der euch seine hohe Messe bringt, unzweifelhaft mit dem ersten Hauptstück unzerbrechlichster Festigkeit: Et in terra pax; und der aus den neuen, von euch geformten Menschen seinen Chor aufstellt zur singenden Aufweckung der Gemeinschaft.