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Ich glaube doch bald, gnädige Frau, wir Frauenzimmer würden es nicht anders machen, als die Mannspersonen, wenn wir an ihrer Stelle wären. Die Begierde zu verführen, muß doch gleich in den Mannskleidern stecken. Wie würden sie sonst auf den Einfall gerathen, sich für Julianens Liebhaber zu erklären.
Freylich, tausend Gelegenheiten, aber keine andern, als Julianen Verdruß zu machen, und ihr Schicksal noch zu verschlimmern.
Ihr Schicksal dauert mich, aber es wird dadurch nicht schlimmer werden. Vielleicht kann ich eben dadurch einen Weg finden, ihrem Mann, dem herrschsüchtigen Geschöpfe, zu zeigen, wie übel er mit ihr umgeht.
Ich darf Julianen sicher von Liebe vorsagen, ohne zu fürchten, daß sie mich bey meinen Worten halten möchte. Sie ist
Du siehst mehr als zu sehr, wie verliebt Nicander in Julianen ist. Und wie? ich sollte meinen Mann in seiner Liebe nicht hindern? Juliane hat zu viel Verdienste. Wenn er sich nur die geringste Hoffnung machen könnte, so wäre er für mich noch auf lange Zeit verloren.
Wie zornig würde er seyn, wenn er merkte, daß sein gefährlichster Rival, der ihn überall in seinen Liebesanschlägen hindert, niemand anders ist, als seine Frau.
Öl davor bin ich sicher. Sollte mein Mann selber wol meynen, daß ich ihm zehn Jahre, nachdem er mich verlassen hat, noch nachfolgen sollte.
O! was das betrift; man kann nicht allemal wissen, wie hoch die Leute sich selber schätzen. Aber er hat mich in allem kaum drey Monat gekannt. Ich bin seitdem noch grösser worden, ich habe zugenommen. Ich trug damals schwarzes Haar, und itzt bin ich gepudert. Ich zweifle sogar, daß er mich in meinen eignen Kleidern wieder kennen sollte.
Er müste auch ein gutes Gedächtniß haben, wenn er alle die Personen wieder kennen sollte, in die er einige Wochen verliebt gewesen ist. Ich gestehe, Nicander ist ein besondrer Mensch. Eine Frau, wie sie sind, so bald nach der Hochzeit zu verlassen.
Am allerwunderbarsten aber ist es, daß er ihnen ihr ganzes Vermögen zurück gelassen, und nur das seinige mitgenommen hat.
Eben daraus kann ich sehen, daß er mich nicht aus Vorsatz, sondern aus Leichtsinnigkeit beleidiget hat. Ich weiß nicht, ob mich meine Liebe betrügt, oder ob es die Vernunft ist, die mir es vorher sagt, daß Nicander seine Hilaria von neuen wieder lieben wird.
Wenigstens sollten sie sich ihm nicht eher zu erkennen geben, bis sie seiner Freundschaft recht versichert sind.
Beobachte nur unterdessen dasjenige, meine liebe Cathrine, warum ich dich in dieses Haus gebracht habe. Hilf mich ja in
Hier kömmt Herr Nicander. Still! hören sie auf, Hilaria zu seyn, und werden sie wieder Philinte. Warten sie hier, Herr Philinte. Ich werde sie gleich bey meiner Frau anmelden.
Ich habe auf allen meinen Reisen nicht mehr, als eine einzige einfältige Frau gekannt. Sie hieß Hilaria. Ihr Mann – – –
Ich weiß nicht, ob ich den Mann oder die Frau mehr bedauren soll. Ich bin fast versichert, daß der erstere am meisten dabey verlohren hat.
Höre nur, Philinte. Wenn es keine unüberwindliche Frauen giebt, so werden wir beyde sie dazu machen. Wir stören einer den andern in seinen Absichten. In den vierzehn Tagen, da wir einander beobachten, haben wir wenigstens einem halben Dutzend Frauen ihre Ehre gerettet. Das ist ein schöner Ruhm für uns.
Das ist wahr, und das beste ist, daß du überall wegbleibest, wo ich bin. Du siehst, daß es dir nirgends glückt, wo du mich zum Rival hast Also suche dein Glück weiter, und weiche deinem Ueberwinder.
Seht doch! der Mensch will fechten. Ich wette darauf, daß er nicht viel zu verlieren hat, weil er so ein Wagehals ist. Aber nim dich in acht. Ich könnte mich auf eine Art wehren, die du nicht vermuthet hättest.
Das eben auch nicht. Kurz! steck deinen Degen ein! Sonst wirst du machen, daß ich in Ohnmacht falle. Denn ungeachtet ich sonst sehr viel Herz habe, so habe ich doch von Natur den Fehler, daß ich keinen blossen Degen sehen kann.
Ich habe mehr Muth als du. Du willst mich mit dem Degen in der Faust vertreiben. Das ist ein Kennzeichen, daß du nicht Herz
Es kommt jemand. Steck den Degen ein. Man möchte sonst denken, wir schlügen uns darum, damit man uns auseinander reissen sollte.
Gut! weil du kein Herz hast, so würde es mir keine Ehre machen, dich zu beschimpfen. Aber ich weiß Mittel, dich von hier wegzubringen. Agenor soll es an meiner statt thun.
Was? sie sind schon völlig angekleidet, und ich komme erst, ihnen bey ihrem Nachttische aufzuwarten. Sie sollten es doch wissen, daß sie mich dabey nicht entbehren können.
Schämst du dich nicht, Cathrine, daß du deine Frau so altfränkisch ankleidest. Du verdientest, daß sie sich nicht wieder von dir anrühren liesse.
Ich will es aber anders haben. Einen Stuhl, Cathrine. Wollen sie die Gnade haben, und sich setzen. Ich will ihnen weisen, wie man sich kleiden muß. Weg mit dieser Blume. Diese Schleiffe soll anders sitzen, Cathrine.
Das ist genug. Ich weiß nicht, was ihnen fehlt, Philinte, und wer ihnen die Erlaubniß giebt, so mit mir umzugehen. Sie werden mich böse machen.
Ich wundere mich nun nicht mehr, daß dieser junge Mensch mir so viel Eintrag thut. Er ist noch zehnmal unverschämter, als ich.
Sie werden mich verstellet haben, Philinte. Aber es schadet nicht. Ich wollte, daß ich heute aussähe, wie ein Ungeheuer.
So mein artiges Ungeheuer! Sehen sie, läßt es nun nicht anders? Nun sind sie auf heute vollkommen. Denn ihre Schönheit ist mein Werk.
Ich rathe ihnen, gnädige Frau, Cathrinen abzuschaffen, und den Philinte dafür in Dienste zu nehmen, weil er ein so gutes Cammermägdchen ist.
Aber warum wollen sie heute wie ein Ungeheuer aussehen. Sind sie nicht aufgeräumt. Ich will ihnen was erzehlen, um sie aufzumuntern. Ich habe diesen Mittag mit ihrem Herrn Gemahl gespeißt, und –
Das ist ein vortrefliches Mittel, um eine Frau aufgeräumt zu machen, wenn man ihr von ihrem Manne vorredet.
Nachdem der Mann ist. Ihr Name, Nicander, würde freylich nicht geschickt seyn, ihre Frau aufzumuntern, wenn sie verheyrathet wären.
Das kann man so gewiß nicht sagen. Ich sehe wol, daß eine Frau ihren Mann zuweilen aus Eigensinn liebt, wenn er gleich noch so wunderlich, herrschsüchtig – – –
Das ist wider unsern Vergleich, gnädige Frau. Sie verlangten ja selber, daß ihr Mann unter uns nicht erwähnet werden sollte.
Das darf ich aber doch von ihrem Herrn Gemahl sagen, daß er der aufgeweckteste Mann von der Welt ist.
Und zwar so aufgeweckt bey seinen Freunden, daß niemand, als seine Frau wissen kann, daß er eigensinnig ist.
Er ist gefällig. Man kann mit ihm anfangen, was man will. Er verderbt keine Gesellschaft; und wenn ich ihnen sagen sollte, was er uns diesen Mittag für Histörchen erzehlt hat.
Wissen sie das noch nicht, auf wessen Unkosten die Mannspersonen sich lustig machen, wenn kein Frauenzimmer dabey ist.
Diesesmal haben wir uns über die Männer lustig gemacht, und zwar über diejenigen, die das sind, was ich wollte, daß er wäre.
Das sage ich ihnen beyderseits, daß der erste, der von
Wahrhaftig! das Gebot verdient der Neuigkeit wegen wenigstens eine Stunde beobachtet zu werden. Sie werden aufs höchste die dritte Frau seyn, die es verbiethet.
Ich sage, daß er Verstand besitzt, daß er Verdienste hat, daß er gut zu leben weiß, daß er überaus aufgeräumt und höflich ist.
Sein erster Schritt ist doch sonst allemal nach meinem Zimmer, so bald er nach Hause kömmt. Das beunruhiget mich. Ich weiß nicht – – –
Sie sagt es nur darum laut, um uns den Beweis von der Höflichkeit ihres Herrn Gemahls zu geben, von der wir eben itzo redeten.
Wollen sie nicht einmal aufhören, gnädige Frau, so altvätrisch zu seyn. Er ist kaum nach Hause, so wallt ihnen das Herz recht, daß sie ihn sehen wollen. Sie werden einander noch oft genug, und mehr als zu viel sehen.
Nein! ich werde es nicht zulassen, daß sie ihm entgegen laufen. Er muß seine Schuldigkeit besser lernen. Sie sollen nicht zu ihm gehen. Ich will ihn zu ihnen bringen.
Ich bitte sie, gnädige Frau. Erlauben sie mir, allein zu ihm zu gehen. Ich habe ohnedem sonst sehr nöthig mit ihm zu sprechen.
Halten sie sie auf, Philinte. Es wäre höchst unrecht, daß eine so artige Frau dem Eigensinne ihres Mannes nachgeben sollte.
Sie bleiben doch hier, gnädige Frau. Das ist mir lieb. Unterdessen daß Nicander etwas mit ihrem Herrn Gemahl zu sprechen hat; und zwar ohne Zweifel von ihnen: so habe ich etwas sehr nöthiges mit ihnen zu reden.
Und ich Philinte, habe auch was sehr nöthiges mit ihnen zu reden. Ich habe sie sonst für vernünftig, oder wenigstens für erträglich gehalten. Heute aber helfen sie mir aus dem Irrthume, und ich sehe, daß sie es nicht sind.
Können sie noch fragen? Haben sie sich jemals unterstanden, sich gegen mich so zu bezeigen, wie sie itzt gethan haben.
Es ist wahr, gnädige Frau. Ich bin sehr unverschämt, und sehr närrisch. Aber mit ihrer Erlaubniß, es läßt sich nicht anders thun.
Hören sie nur, Philinte, das ist ein sehr abgenutzter Scherz, und dergleichen belustiget mich gar niemals.
Es ist aber eine Sache, die sehr selten im Ernste gesagt wird. Und eben, weil es bey mir im Ernste gesprochen ist: so sollte sie es rühren, wenigstens nur um der Seltenheit willen.
So vergessen sie es lieber itzo wieder, daß ich sie liebe. Leiden sie mich noch länger. Denn ich bin versichert, daß sie mich noch mit der Zeit wieder lieben werden.
Ja! ich wette darauf. Sie werden mich wieder lieben, und zwar öffentlich. Sie werden mir es vor ihres Mannes Augen sagen.
Hören sie auf. Ich habe sie bisher für einen Menschen gehalten, der Hochachtung für mich hat, und mit dem ich umgehen könnte. Aber ich sehe wohl, ich muß mich entschliessen, sie zu meiden.
Um des Himmels willen. Entschliessen sie sich nicht so geschwind. Gut! ich sehe wohl, ich darf ihnen kein Wort mehr von Liebe sagen. Aber wenn ich sie zuweilen ansehe, wenn ich seufze – – –
Nichts! nichts! das müssen sie nicht thun. Sie müssen nicht einmal betrübt aussehen. Seyn sie versichert, daß ich sie gar nicht leiden werde, so bald sie ernsthaft aussehen.
Weil sie aufgeweckt sind, weil sie mir manchen Verdruß vertreiben; eben darum sind sie mir erleidlich. Hüten sie sich. Nehmen sie ja keine andere Rolle zu spielen vor.
Ha! ha! so können sie mich doch leiden. Lassen sie mich ihre Hand dafür küssen. Ich bin ihnen erleidlich, sagen sie.
Also seitdem sie verheyrathet sind. Die Krankheit ist sehr vortheilhaft für mich. Wenn sie noch ein wenig gewähret hat: so werden sie auch nicht allemal wissen, was sie thun. Und so habe ich gewonnen.
Höre nur. Ich behaupte, daß das Frauenzimmer, wie andere Geschöpfe, nur der Mannspersonen wegen auf der Welt ist, daß ein Mann seine Frau nur seines eignen Nutzens wegen heyrathet, und deine Frau ist so unerfahren, daß sie mir nicht Recht geben will.
Pfuy! Du redest noch immer, wie die neu verheyratheten Männer, die sich nicht getrauen, alles zu sagen, was sie verlangen. Ich wollte mich schämen, wenn ich eine Frau drey Monate gehabt, und ihr die Pflichten des Ehestandes nicht besser beygebracht hätte.
Ich wollte wahrhaftig eine Frau nicht eine Nacht gehabt haben: so sollte sie wissen, wie sie daran wäre, und ich wollte ihr gleich nach der Trauung das Compliment machen: Madam, nun sind sie mein erster Unterthan.
Ich mache mir sonst zwar ein grosses Vergnügen daraus, neuverheyrathete Leute mit einander im Vertrauen reden zu sehen, aber dasmal muß ich doch weggehen.
Ja! ich habe noch an ein halbes Dutzend Orte zu gehen,
So war das die Ursache, warum ich die Ehre nicht hatte, sie bey mir zu sehen, weil nämlich Philinte bey ihnen war.
Nein! sondern Nicander sagte, daß er vieles mit ihnen zu sprechen hätte, und er gab mir zu verstehen, daß er gern allein mit ihnen seyn wollte.
Gestehen sie es nur. Sie wollten weiter nichts von demjenigen hören, was ich diesen Morgen angefangen hatte, mit ihnen zu reden, und weswegen sie so geschwind aus meinem Zimmer flohen.
Genug! hier ist niemand, der uns zuhöret. Ich habe also einmal Gelegenheit, sie zu erinnern, daß die Flittermonate unserer Heyrath nun vorbey sind. Ich habe bisher vielerley übersehen, darwider ich mit Recht hätte sprechen können. Von heute an verlange ich eine ganz andere Einrichtung.
Schmeicheleyen machen es nicht aus. Wenn man Zärtlichkeit für eine Person hat: so hat man Aufmercksamkeit, und wenn man die hat, so thut man, was sie haben will.
Aber müssen sie nicht auch das zugeben, mein lieber Agenor. Wenn man Zärtlichkeit für eine Person hat, so ist man bescheiden in dem, was man von ihr verlangt. Man beschweret sie nicht beständig mit Forderungen und Vorwürfen, und man hütet sich, ihr merken zu lassen, als ob man seinen Willen zu ihrer Richtschnur machen wollte.
Sie sind sehr sinnreich, Madame, sich von ihren Schuldigkeiten loszumachen. Sie thäten besser, wenn sie denselben Verstand anwendeten, mir zu gefallen. Die größte Vernunft, die eine rechtschaffene Frau sehen lassen kann, ist, daß sie sich der Einsicht und der Anführung ihres Mannes überläßt.
Aber sie sagen es oft selbst, mein lieber Agenor, ich habe eben nicht die Eitelkeit, viel Vernunft sehen zu lassen.
Scherzen sie nicht, Madame, wenn ich ihnen gute Lehre gebe. Die erste Aenderung, die sie zu machen haben, ist, daß sie gesetzter werden. Sie haben gewisse Lebhaftigkeiten an sich, die mir unerträglich sind.
Fürs erste ihnen, hernach mir selbst, und endlich der Welt zu gefallen. Denn sie wissen, daß wir heute auf den Ball gebeten sind.
Ich versprach es, weil ich glaubte, daß sie so vernünftig seyn würden, es abzuschlagen. Ich gebe ihnen den Rath, daß sie sich mit einer Unpäßlichkeit entschuldigen.
Warum? warum? weil es sich nicht schickt zu tanzen. Wissen sie nicht, was ich ihnen oft für einen lateinischen Sittenspruch vorgesagt habe: Kein Mensch tanzt, wenn er nicht entweder trunken oder toll ist.
Mich dünkt doch, ein solches Gehirn muß nicht alzufest verwahrt seyn, das befürchten muß, vom Tanzen zerrüttet zu werden.
Mit einem Wort, Madame, thun sie mir den Gefallen, und bleiben sie davon. Ich habe ihnen gesagt, es ist Zeit, daß ich daran denke, sie von heute an auf einen vernünftigem Fuß zu setzen. Sie können sicher in den meisten Stücken das Gegentheil thun, was sie bisher gethan haben, wenn sie mir gefallen wollen. Ueberlegen sie, was ich ihnen sage. Eine Stunde Ueberlegung wird ihnen keinen Schaden thun. Leben sie wohl. Ich werde ihre Antwort erwarten, und ich werde meine Anstalten nach den ihrigen machen.
Wohin? Agenor. Er geht! Eine Stunde Ueberlegung? Was habe ich denn zu überlegen? Vielleicht was ein Mann für eine eigensinnige und verdrießliche Creatur ist. Das hätte ich vor etlichen Monaten
Hier, Cathrine, nehmet meinen Fächer weg, und laßt meinem Kutscher sagen, daß er nicht anspannen soll.
Ich weiß noch nicht, was für kleine Arbeiten sie lieben. Es ist ein so wildes wüstes Leben, wenn man erst verheyrathet ist. Man thut nichts, als sich liebkosen, und es ist, als ob man sich einmal für allemal auf seine ganze Lebenszeit liebkosen wollte.
Ja! so werden sie aus Noth die Verse lesen müssen, die man auf ihre Hochzeit gemacht hat, so viel ihrer noch nicht zu Papilloten verbraucht sind.
Nein! darinnen sind so viel Prophezeyhungen, so viel thörichte Prophezeyhungen von Glückseligkeiten, die man vergebens hoffet.
Das wüste ich wol. Der Thee hat bey dem Frauenzimmer eine gewisse Kraft die Grillen zu vertreiben, wie bey den Mannsleuten der Wein. Sie sollen gleich Zeitvertreib haben.
Es ist betrübt, wenn man so gar ohne Umgang ist, daß man seine eignen Bedienten zu Vertrauten machen muß. Aber ich werde meine Noth doch nicht verbergen können. Derjenige, der sie mir verursachet, schonet mich so wenig, daß bald alle Welt Zeuge davon seyn wird.
Es ist wahr! meine Frage war unnöthig. Wenn jemand klagt, daß er Noth hat; so versteht sichs meistentheils von sich selber, daß es von seinem lieben Ehegenossen herrühret.
Diesen Augenblick, Cathrine, hat er mir eine ganz neue Einrichtung angekündigt. Ich werde nicht anders als von aller Welt abgesondert, und gänzlich unter seinem Beschlusse leben müssen.
Ich zittere, wenn ich denke, wie unser künftiger Umgang beschaffen seyn wird, da seine Liebe so bald aufhören können. Er hat mir hundertmal wiederholet, daß ihm weder mein Wesen noch meine Art zu denken, noch meine Aufführung, noch das geringste an mir gefiele.
Gleichwol, Cathrine, will ich mich nach ihm richten. Wäre es auch nur ihn zu überzeugen, daß er Unrecht hat.
Wie wollen sie das einen Menschen überzeugen, der sich einbildet, daß eine Frau niemals Recht haben kann, weil sie eine Frau ist.
Sagt mir doch, Cathrine, ihr habt mehr Frauen gedient. Ist denn mein Bezeigen so unrecht Findet ihr was an mir, das wider meine Pflichten ist, weil er mir doch immer von Pflichten vorredet.
Das sollte man mit der ganzen Welt Brillen nicht finden können. Sie sind aufgeräumt, das sollte ihn vergnügen.
Um des Himmels willen, sagen sie ihm nichts, sonst haben sie eine Quaal mehr. Alles, was man solchen Leuten saget, das' wird zur Marter für uns selber.
Ihr müßt sehen, daß ihr eine bequeme Stunde trefft, meinen Mann um etwas von den Geldern zu bitten, die er mir versprochen hat
Das ist eine schwere Sache. Die Leute haben immer ihre Zeit so eingetheilt, daß sie keine bequeme Stunde zum Geldgeben übrig haben.
Ihr müßt sie suchen. Philinte hat mir bey einer Gelegenheit, die meinem Manne selber Ehre machte, meinen Geldmangel vor einer Person verbergen helfen, die nichts für eine größte Schande hält, als kein Geld zu haben. In was für verdrießliche und kitzliche Umstände ist man nicht gesetzt, wenn man gezwungen ist, mit seinem eignen Manne behutsamer und fremder zu verfahren,
Madame, sie könnten sich vielleicht in dem Versprechen übereilt haben, das sie mir vorhin thaten. Es könnte sie sauer ankommen, es zu halten. Und ich komme also ihnen zu sagen, daß sie die Freyheit haben, alles zu thun, was sie wollen. Wollen sie noch auf den Ball gehen? Sie werden vermißt werden, wenn sie nicht kommen.
Wischen sie die Thränen ab, gnädige Frau, ehe sie so was sagen. Sonst klingt es nicht wahrscheinlich.
Ein vergnügter Umgang mit ihnen ist vermögend, auch das Vergnügen der ganzen Welt vergessend zu machen.
Wenn ich ein Mann wäre, so wollte ich alles aus freyem Willen erwarten. Meine Frau würde niemals ein soll von mir hören.
Das ist billig. Eine rechtschaffne Frau muß sich an nichts erinnern lassen. Sie muß mehr thun als sie soll.
Es ist nichts, das glaube ich. Die Frauen sind gewohnt, um nichts zu weinen. Aber ich will das nichts doch wissen.
Ich? Madame. Sie schweigen still dazu. So muß es wohl wahr seyn. Ich danke ihnen, daß sie mich würdigen wollen, ihre j Augen meinetwegen zu verderben. Wollen sie mir nur mein Verbrechen sagen, ich will sie um Verzeihung bitten.
Ich merke es wohl. Sie wollen von allen den Kleinigkeiten, die sie nicht mir, sondern ihrer eignen Vernunft aufopfern sollten, mit Thränen Abschied nehmen.
Wer wollte nicht von der Welt mit Thränen Abschied nehmen. Die Welt ist ja so schön. Sie weint. Und es scheint nicht, Herr Agenor, daß sie Lust haben, mit uns zu reisen, wenn wir die Welt verlassen.
Daß ist mir lieb, Cathrine. Denn ich habe auch eine Bitte an dich, und so können wir desto leichter einig werden.
Ich will es kurz sagen, die gnädige Frau braucht Stecknadeln. Also wollte ich bitten, ob sie den kleinen Rest von ihren Geldern abtragen wollten, der von ihrem Hochzeittage an bis itzo, rückständig ist.
Pfuy! sie wissen besser, was sich schickt. Große Leute müssen sich nicht selber um ihre Geldsachen bekümmern.
Ich habe gehört, sie wollen eine neue Einrichtung mit uns machen, und zu einer neuen Einrichtung braucht man allemal Geld. Wir werden uns Bücher, Strückzeug, allerley Hülfsmittel wider die lange Weile, und besonders einen großen Vorrath von Gedult einkaufen müssen.
Sie sollten doch bedenken, Herr Agenor, daß sie es ihr in eben dem Contracte versprochen haben, darinnen meine Frau ihnen eine beständige Treue angelobet hat.
Ich habe die Thorheit begehen müssen, es zu versprechen, weil es eine ungereimte Gewohnheit ist. Aber die andre Thorheit wäre, es zu halten.
Laß uns davon aufhören. Aber bey Gelegenheit der neuen Einrichtung, ich habe dir dabey ein kleines Amt zugedacht. Könnte ich nicht eben so hoch in deine Gnade kommen, wie meine Frau itzo darinnen steht.
Du mußt sagen, meiner Frau. Du bestärkst sie in allen ihren Eitelkeiten. Du wirst wohl deinen Antheil an ihren Stecknadelgeldern haben, weil du sie so eifrig verlangest. Ich will nicht haben, daß du darunter Schaden leidest. Und damit du siehst, was es für ein Unterscheid ist, auf der Frau, oder auf des Herrn Seite zu seyn: Hier hast du mehr, als dir meine Frau geben kann.
Bist du närrisch? Es ist für dich. Ich gebe dir es, daß du künftig meine Partey besser nehmen sollst.
Daß du künftig auf meine Frau ein wenig Achtung giebst, und mir dann und wann Nachricht von ihr sagst.
Bleib hier. Ich befehle dirs. Es ist mir lieb, daß ich dich so ehrenfest finde. Ich wollte dich nur probiren.
Mit allem dem verbiethe ich dir, meiner Frau das geringste davon zu sagen. Merke ich, daß du von allem, was ich dir gesagt habe, nur den Mund aufthust: so sollst du nicht wissen, wie du aus dem Hause kömmst.
Ich muß hier weggehen. Meine Frau möchte dich haben schreyen hören. Ein andermal, wenn du schreyen willst, kannst du sachte schreyen. Verstehst du das?
Suche doch von meiner Frau zu erforschen, was sie von mir denkt; ich muthmasse wohl, es wird ihr nicht gefallen, daß ich sie in ihrem Vergnügen so einschränke. In einigen Augenblicken, komm in mein Zimmer, und bring mir Nachricht. Ich werde mit Fleiß allein seyn. Hörst du es. Versäume nicht zu kommen. Du kleine Närrin.
Gut! Geld habe ich, das ist das beste. Sollte ich es behalten, und meine Frau es entbehren? Dazu bin ich zu großmüthig. Aber soll ich ihr sagen, auf welche Bedingung ich es gekriegt habe. Das würde alles noch ärger machen, und meine Frau würde es alsdenn nicht nehmen. Nein! weil denn die Wahrheit nichts nütze ist: so helfe die Lügen.
Das glaube ich, Jungfer Cathrine. Ich bin auch kein Anfänger in der Galanterie. Der Herr Nicander und ich, wir haben die Sache aus dem Grunde studiert.
Und mein Herr ist schon auf volle zwey Hundert gekommen, und wünscht mit grossem Verlangen, daß durch ihre Beyhülfe ihre Frau die zweyhundert und erste Besitzerin seines Herzens werden möchte.
Ich muß gestehen, die Erfahrung macht die Leute nicht allein galant, sondern auch verzweifelt unverschämt. Monsieur Heinrich, ist unter den 99 Schönheiten noch keine gewesen, die ihn ein wenig derb auf die Backen geklopft hätte.
Ich habe mich anders besonnen. Du bist ein dummer Teufel, und möchtest alles verderben. Ich will selber mit ihr sprechen.
Wollen sie mir nun auch die Cammermägdchen vor dem Munde wegnehmen. Die gehören erst für mich, und denn für sie.
Cathrinen ins Ohr. Lasse sie sich nicht von meinem Herrn verführen, sondern lieber von mir.
Nein! Ich will mit Cathrinen sprechen. Ists möglich, da sie so viel Verstand hat, daß sie die Ursachen nicht begreiffen kann, warum ich so oft hier in das Haus komme.
Ganz gewiß, ihrentwegen. Freylich muß ich mich stellen, als ob ich ihre Frau liebte. Eine Frau, die artig genug ist, nimt es allemal übel, wenn man ihr nichts von Liebe vorredet. Damit ich aber mein Spiel recht wol verberge: so wird sie so gut seyn, und mich recht feste in ihrer Frau ihre Gunst setzen helfen. Höre doch, Cathrine. Steht deine Frau heute nicht ein wenig übel mit ihrem Mann? Könnte man die Uneinigkeit nicht noch immer vermehren helfen, damit ich desto eher zu meinem Zwecke käme.
Mein Herr, weil es ihnen also nicht darauf ankommt, eine Person mehr zu lieben. Wir haben noch sonst ein recht hübsches Küchenmägdchen, wollen sie die nicht auch mit lieben?
Wie sieht sie aus? Es ist Schade, daß ich sie noch nicht gesehen habe. Doch weiter zu sprechen, du könntest z.E. deine Frau bereden, als ob du von ihrem Manne sehr verfolget würdest. Wenn man bey einer Frau einmal die Eifersucht erwecken kann: so folgt die Rache bald nach. Und ich wollte ihrem Manne in den Kopf setzen, daß sie dem Philinte nicht ganz abgeneigt wäre. So würde er toll werden; so würde sie ungedultig seyn, und so hätte ich gewonnen.
Darf ich wol fragen, mein Herr, ob sie ein Gewissen haben. Ich nehme es ihnen nicht übel, daß sie es meinem Herrn eben so machen wollen, wie es andern Männern geht. Das ist nun einmal durch die lange Gewohnheit recht worden. Aber Frau und Mann in Uneinigkeit zu setzen, das ist unchristlich.
Du kleiner Prediger. Du bist nur darum so gewissenhaft, weil Philinte dich und deine Frau eingenommen hat. Ich weiß doch nicht, was ihr mit ihm machen wollet. Und das beste wäre, Cathrinchen, du schaftest den Philinte ganz und gar aus dem Hause mit seinem Jungferngesichte.
Ja! sie spottete über dein Jungferngesichte, und ich antwortete ihr, daß das Gesicht zuweilen betrügt, und daß du mit deinem jüngferlichen Gesichte gleichwol so viel Dreistigkeit hast, als ob du zehen Feldzüge gethan hättest.
Dreistigkeit? Sie sind allzubescheiden. Sie wissen beyderseits, meine Herren, daß zu einer vollkommenen Mannsperson nicht allein Dreistigkeit, sondern auch Unverschämtheit gehört. Und sie sind beyde sehr vollkommne Mannspersonen.
Er hat seine Richtigkeit. Ich versichre dir es. Cathrine wird dir ihn gleich überbringen. Ich rathe dir, bloß weil ich deine Ehre liebe. Stelle dich großmüthig. Mache dich davon, ehe du ihn bekömmst.
Du willst also durchaus meinen Triumph vollkommen machen? Du willst es mit ansehen, daß man mich hinein ruffet, indem du abgewiesen wirst.
Siehst du es, Nicander. Es ist wahr, ich habe meinen Abschied. Aber du hast ihn auch. Und das erfreut mich.
Ey! was frage ich nach einem solchen Abschiede. Heimlich zu Cathrinen. Ich weiß wol, es ist, weil Philinte gegenwärtig ist,
Ich lasse mir niemals meinen Abschied geben; sondern so bald man mir ihn geben will, nehme ich ihn selber. Heimlich zu Cathrinen. Mach, daß du ihn los wirst. Ich will in deiner Cammer auf dich warten. Denn ich bin in Angst, wie es Julianen geht. Laut. Leb wohl! Cathrine.
Leb wohl! Cathrine. Ich will mich bald nicht durch dich, sondern durch den Mann, anmelden lassen: so wird deine Frau gewiß zu Hause seyn.
Die verzweifelten Liebesangelegenheiten haben mir einen Haufen Zeit weggenommen. Erst mein Herr, denn Heinrich, denn Nicander. Ich habe eine Menge Liebhaber. Das ist von schlechter Vorbedeutung. Ein Mägdchen, das viel Liebhaber hat, läuft Gefahr ihr Leben lang Jungfer zu heissen. Aber ich muß eilen. Meine Frau braucht Geld. Mein Herr will Nachrichten von mir haben. Und ich habe noch vieles zu ersinnen.
Machet ja, daß ich sie nicht wiedersehe, Nicandern, weil ich ihn hasse, und Philinten, weil ihn mein Mann haßt. Aber saget mir doch, Cathrine, was sagt mein Mann, ich fürchte, daß ich ihm vorhin zu trotzig begegnet bin.
Zu trotzig! Ich will nicht ehrlich seyn, wenn ich das geringste davon gemerkt habe. Geben sie sich zufrieden. Er giebt ihnen zwar ihre verlangten Gelder nicht. Aber hier überschickt er ihnen ein Geschenk.
Mit allem dem. Mein Mann hat doch vielleicht ein beßres Herz, als es scheint. Wo ist er? Ich will sehen, daß ich ihn vollends besänftige.
Um des Himmels willen! Sagen sie ihm nichts von dem Geschenke. Wenn sie sich mit einer Sylbe was merken lassen, so bin ich verloren.
Warum? Sie wissen ja den Eigensinn und die Eitelkeit vieler Leute. Sie bilden sich ein, man werde niemals mehr von ihrer Großmuth reden, als wenn sie selber nichts davon wissen wollen. Er will gar nichts davon hören.
Behaltet das Geld bey euch, Cathrine, und bezahlt dem Philinte meine Schuld. Ich bin dadurch einer recht grossen Sorge los. Ich will doch wenigstens zu meinem Manne gehen, und ohne ihm mündlich zu danken, mich so vergnügt bezeigen, als ich kann. Vielleicht läßt er sich noch bewegen, meine Gefangenschaft aufzuheben; vielleicht reuen ihn die wunderlichen Gesetze, die er mir vorschreibt, wenn er sieht, daß mich die allerkleinste Gütigkeit von ihm rührt, und daß aller Verdruß, den er mir anthut, meine Zärtlichkeit gegen ihn nicht unterdrücken kann.
Glauben sie nicht, daß ich mich mit einer solchen Antwort abspeisen lasse. Sie waren vor einem Augenblicke betrübt und niedergeschlagen. Es schien, als ob sie aus der Welt scheiden sollten.
Gut! können sie das nicht zusammen reimen. Sie kennen ja die Frauen. In einem Augenblicke sind sie betrübt. In einem andern sind sie lustig. Ihre Thränen gehen so geschwind vorüber, als sie kommen. Sie thun alles aus Eigensinn, und es läßt sich davon nicht mehr Ursache angeben, als vom Wetter. Da haben sie also den Grund, warum ich itzo aufgeräumter bin, als vorhin.
Es ist Schade, daß die Sachen bloß in meinem Munde verderben, die in eines andern Munde gut seyn würden.
Kurz! ich will wissen, was die Ursache zu ihrem Vergnügen ist. Denn ich hoffe nicht, daß es eine solche Ursache seyn wird, die ihr Mann nicht wissen dürfte.
Sie wollen mich nur versuchen, ob ich Gewalt genug über mich habe, von einer Sache zu schweigen, von der sie selber nicht geredet haben wollen.
Ich? ich wollte, daß sie mir was verschweigen sollten? Ein Mann muß alles wissen. Ich habe Recht, es zu wissen. Und ich habe grosse Ursache es zu verlangen. Eine Frau, die ausserordentlich freundlich gegen uns ist, hat uns entweder schon betrogen, oder will uns noch betrügen.
Sie komen mit allen ihren scherzhaften Antworten dasmal nicht los. Je mehr sie mich aufhalten, desto mehr wird ihre Freude verdächtig. Ich frage sie itzo auf ihr Gewissen, was sie verursachet.
Mitten in der Zeit, da ich aus ihrem Bezeigen schloß, daß sie mich mit Fleiß quälen wollten, haben sie mir zu erkennen gegeben, daß sie noch Zärtlichkeit für mich hätten, und das hat mich getröstet, das giebt mir noch Hofnung, daß ...
Sie reden, wie sie reden sollten. Aber das ist so vernünftig geredet, daß ich es nicht für ihren Ernst annehmen kann.
Kann ich es für ihren Ernst annehmen, wenn sie gütig sind: so können sie es auch wol für meinen Ernst halten, wenn ich vernünftig rede.
Gut! sie scherzen. Sie werden es schon vergessen haben, weil sie es aber ausdrücklich verlangen, so muß ich sie daran erinnern. Das Geschenk, daß sie mir erst vorhin zugeschickt haben.
Wie? was sagen sie? ist es möglich? Und die verrätherische Schlange hat ihnen ein Geschenk in meinem Namen überbracht?
Ja! Warum sind sie böse auf sie? Sie bat mich ihnen nicht dafür zu danken. Sie wollten es nicht wissen, daß sie mir es überschickt hätten. Aber sie fragen mich ja so lange, bis ich es ihnen endlich sagen muß.
O! danken sie demjenigen, der es ihnen zugeschickt hat. Ich wundre mich über sie, Juliane. Sehen sie nicht, daß hinter dem Geschenke was anders verborgen seyn muß. Sie sind so klug. Es ist unmöglich, daß sie es nicht merken sollten. Aber sie wollen mit Fleiß ein Auge zudrücken.
Sage ich es nicht? Man ist niemals mehr blind, als wenn man nicht sehen will. Sehen sie denn nicht, daß Cathrine ihnen unvermerkt ein Geschenk von einem ihrer Liebhaber, daran sie Madame, es sich nicht fehlen lassen, beybringen will.
Ich rathe ihnen nochmals, lassen sie Cathrinen nichts merken, wenn ich nicht glauben soll, daß sie sich mit ihr verstehen.
Nun! Agenor. Ich freue mich, daß man ihrer neuen Einrichtung so wohl folgt. Sie werden mit ihrer Frau alles machen können. Sie beobachtet so gar den geringsten Wink von ihnen. Philinte, und alle seines gleichen, werden nun aus ihrem Hause wegbleiben. Juliane thut noch mehr, als sie verlangen. Ich wollte ihr vorhin meine Aufwartung machen, und sie ließ mir sagen, daß sie nicht zu Hause wäre.
Wie? Sie hat ihren Besuch nicht angenommen. Ich wette, das hat sie gethan, weil sie mein bester Freund sind. Das muß ich ihr augenblicklich verweisen.
O! bleiben sie hier, Agenor. Lassen sie es dabey, daß sie gar niemand sieht. So sind sie desto sichrer. Wenn sie es nun auch aus Haß gegen mich gethan hätte: sie hat Ursache mich zu hassen.
Fast alles Frauenzimmer. Wenn ich dem Scheine nach bey einigen gelitten bin: so ist es bloß aus Furcht, weil sie wissen, daß ich ihre Thorheiten kenne. Sie schmeicheln mir, wie einem Men schen, der wichtige Geheimnisse von ihnen wüßte. Ich habe es ihnen tausendmal gesagt, Agenor, ich kenne das Frauenzimmer genug, um es zu hassen.
Mein ganzer Umgang mit ihnen bestehet darinnen, daß ich ihre Schwachheiten kennen will, um andern Leuten die Augen darüber zu eröfnen.
Ich bin ein geschworner Feind der Gefälligkeiten und der Schmeicheleyen, die ihnen das männliche Geschlecht schuldig zu seyn glaubt. Sie werden dadurch verderbt; sie halten wirklich dafür, daß sie ohne Fehler sind, weil man es für unhöflich hält, ihnen zu entdecken, daß sie welche haben. Was mich betrifft, so bald ich allein mit ihnen bin: so sage ich ihnen alles gerade ins Gesicht, was ich von ihnen denke. Ich mache ihre Thorheiten mit Fleiß noch größer, damit sie dafür erschrecken, und sich desto eher ändern.
Du darfst mir nicht danken, mein lieber Agenor! Ich
Ein jeder Mann sollte dich auf den Händen zu seiner Frau tragen, und dich ganze Tage bey ihr allein lassen.
Nein! ich wollte dir nicht gern ein Register von ihren Fehlern machen. Du möchtest sie hernach weniger lieben.
Madam, sage ich zum Exempel. Glauben sie es ja nicht, wenn ihnen etwa Philinte sagt, daß sie viel Verstand haben. Er sagt es ihnen, halb, weil er ihnen schmeichelt, halb, weil er selber nicht mehr Verstand hat, als sie.
Sie haben so etwas, fahre ich fort, das einem Verstande ähnlich sieht, etwas, das die Dinge nur von aussen betrachtet, und eben deswegen allemal falsch urtheilet, weil es das innre Wesen der Sachen nicht einsehen kann. Eine sichre Probe, daß sie nicht Verstand genug besitzen, ist, weil ihr Mann selten von einerley Meynung mit ihnen seyn wird.
Wiederhole es ihr. Sage es ihr alle Tage. Ich will sie zurück holen. Ich will ihr verbiethen, dich zu fliehen.
Du weißt ja, ich nehme es dem Frauenzimmer nicht übel, wenn sie mich fliehen. Laß sie mich fliehen. Ich fliehe sie wieder.
Nein! nein! laß dich erbitten. Du sollst mit ihr sprechen. Ich will ihr ausdrücklich befehlen, daß sie dich allemal vor sich lassen soll, es mag seyn, wenn es will. Du sollst allemal unangemeldet in ihr Zimmer gehen. Warte hier! sey so gut! sie wird gleich hier seyn.
Der Wechsel ist mit Protest zurück gekommen. Ihr Correspondent hat vorgewandt, daß sie nichts mehr bey ihm stehen hätten.
Halt, ich muß mich doch besinnen. 500. und 300. machen 800. Hernach 180. Ja! mein Correspondent ist ein ehrlicher Mann. Er hat Recht. Alles mein Geld ist verzehrt.
Nun! Was erschrickst du? Narr. Ich habe gewußt, daß es nicht ewig währen würde. Ich habe es redlich genossen.
Gut! wenn er nicht warten will: so muß man ihn aufhalten. Ich will ihm einen andern Wechsel an einen andern Correspondenten geben.
Das werde ich auch noch thun. Was liegt ihm daran zu warten, bis ich ihm den Wechsel und die Unkosten mit einander bezahle.
Sage ihm, daß ich gleich zu ihm kommen will. Nun! Heinrich! Heinrich! du läufst fort, ohne mir Antwort zu sagen.
Das übrige wäre wol richtig. Aber der Teufel ist, es stößt sich nur an eine Sache, die ihnen eben zu ungelegener Zeit kommen wird.
Warum soll ich es sagen? Es läßt sich itzo nicht thun. Wenn der verfluchte Correspondent noch Geld hätte.
Und noch fünf für die Mutter, die über den Antrag erst Feuer speyen wollte, und so grimmig ward, wie ein Drache.
Hier sind sie. Und hier noch fünf. Dafür sollst du uns das beste Abendessen bestellen, das nur seyn kann.
Geh, rede nicht, und thu, was ich dir sage. Mein letztes Geld soll eben den Weg gehen, den das andre gegangen ist.
Sehen sie, meine gnädige Frau, wie sinnreich die Liebe ist? Sie wollen mich nicht sehen, und ich habe das Mittel gefunden, mir durch ihren Mann selbst ein Glück zu verschaffen, ohne das ich nicht leben kann.
Mein Herr, man muß ihre Augen haben, um es für etwas sinnreiches anzusehen, daß sie meinen Mann wider mich verhetzen.
Ich habe alle die beleidigenden Reden, die sie bisher gegen mich geführet haben, allzugedultig ertragen. Ich habe mich des Rechtes nicht bedienet, das ich gehabt hätte, meinem Manne Nachricht zu geben, wie ihre Freundschaft gegen ihn beschaffen ist, und was für gute Dienste sie ihm bey mir zu leisten suchen. Und unterdessen gehen sie hin und bewegen ihn, nicht allein mir allen Umgang zu untersagen, sie setzen ihm in den Kopf, daß er mich auf einen ganz ändern Fuß einrichten will, und bringen mir noch dazu die heftigsten Verweise zuwege, daß ich nur eben seine Freunde nicht leiden kann, daß ich Narren und Schmeichler gern um mich sehe.
Nicht so heftig, Madame. Wir wollen lieber ein wenig
Ich finde es so lustig, daß ich nicht zweifle, er wird mit lachen, wenn ich ihm ihre sinnreiche Erfindung erzähle.
Sie können nicht glauben, wie viel verdrüßliche Sachen er mir aufgetragen hat, ihnen zu sagen. Aber weil es nun einmal mein Amt ist, ihnen was verdrüßliches zu sagen: so werde ich von meiner Liebe reden.
Aber im Ernste zu reden, ich werde sie nicht anhören. Ich will hoffen, daß mein Mann nicht so verblendet seyn wird, ihnen weiter zutrauen, wenn ich ihm Nachricht davon gebe, und sie sollen ihn nicht so unanständig hintergehen.
O! bleiben sie hier! geben sie sich die Mühe nicht Er wird ihnen nicht glauben, bleiben sie hier. Wissen sie nicht, daß sie Befehl haben, mich anzuhören? Wissen sie, daß ich sie zu allen Stunden besuchen kann, daß ich unangemeldet in ihr Zimmer gehen darf. Ich werde sie strafen, wenn sie mich nicht gern hören. Ich werde sie desto öfter besuchen, weil es ihnen eine Last ist, mich zu sehen. Ich werde ihnen nachfolgen, wohin sie vor mir fliehen. Wollen sie aber gelassen mit sich reden lassen, so sollen sie sehen, daß ich mein Recht nicht mißbrauchen will.
Ich werde sie niemals anders gebrauchen, als ihnen zu dienen. Ich scheine nur darum sein Freund, um desto sichrer der ihrige zu seyn. Befehlen sie, was soll ich ihnen von ihm auswirken. Wenn es auch die allerausschweiffendste Sache von der Welt wäre.
Ich verlange nichts ausschweiffendes, und ich will ihnen für nichts verbunden seyn. Wenn sie nur die geringste Hochachtung für mich weisen wollen: so verhindern sie das Unrecht, das mir mein Mann anthut, anstatt es zu befördern. Stellen sie ihm vor, wie unbillig die Lebensart ist, die er von mir verlangt, überführen sie ihn, daß eine Frau keine Sklavin und keine Gefangne ist, und lehren sie ihn, meine Liebe besser zu erkennen.
Alles das, Madame, könnte sich mit der Zeit geben; Ich will noch mehr thun; Ich will ihnen selber das Mittel sagen, wie sie alles von ihm erhalten, wie sie von ihm angebetet werden, wie sie alles unter ihre Herrschaft zwingen können.
Wie will ich so viel erhalten, da ich durch alle meine Zärtlichkeit nicht den geringsten Theil davon habe erlangen können.
Ja! ich, ich, ich rede mit ihnen, als ein guter Freund. Ein Mann ist nun einmal ein Geschöpf, das betrogen seyn will. Die wahre Zärtlichkeit einer Frau scheint in seinen Augen viel zu matt und zu kaltsinnig. Er glaubt, einen recht ausserordentlichen Eifer zu verdienen. Man muß alle Wahrscheinlichkeit überschreiten, wenn er glauben soll, daß er genug geliebet wird. Eine Frau, die nicht ihre eignen kleinen Absichten hat, giebt sich die Mühe nicht, eine so große Leidenschaft anzunehmen. Sie glaubt, ihr Mann soll mit der wahren Gestalt ihres Herzens zufrieden seyn. Eine kluge Frau aber darf sich nur recht hitzig und eifrig anstellen, so kann sie übrigens thun, was sie will. Er wird mit sehenden Augen blind seyn. Also glauben sie mir, Madame, betrügen sie ihren Mann, stellen sie sich ganz unglaublich zärtlich an. Wenn wir allein sind, so wollen wir ihn dafür auslachen. Sie sind nicht die erste Frau, der ich den Rath gegeben habe, und sie werden auch nicht die erste seyn, die sich dabey wohl befunden hat.
Ich bitte sie, mein Herr, behalten sie den Rath für andre Frauen, die ihn besser als ich gebrauchen wollen, und brechen sie ihren Besuch ab.
Nein! ich kann sie nicht verlassen, schönste Juliane, bis sie versprechen, mich weiter zu hören. Lieber will ich zu ihren Füßen sterben. Kniet nieder.
Ruffen sie nur! ruffen sie nur! ich bin so in Verzweiflung, daß ich nichts darnach frage, wenn mich alle Welt vor ihren Knien liegen sähe. Ich schwöre es ihnen, ich will nicht aufstehen.
Halt! ich höre jemand. Ich muß aufstehen, das ist eine verzweifelte Frau. Im Weggehen sachte. Ich will nun meinen Kaufmann suchen. Der verfluchte Kerl könnte mir einen Streich machen, der alle meine Liebeshändel unterbräche.
Nein! ich kann nicht länger schweigen. Soll Nicander meinen Mann ungestraft gegen mich verhetzen können, und ich, ich soll seine Absichten noch verbergen helfen. Ich muß meinem Manne endlich die Augen eröfnen. Er wird mir glauben müssen; denn wenn habe ich ihm Ursache gegeben, zu denken, daß ich Unwahrheiten rede. Horch! mein Mann redet sehr heftig. Ist das nicht mit Cathrinen? Mich dünkt sie läuft nach diesem Zimmer. Ich will mich wegmachen. Ich muß sie doch anhören.
Ich habe ihr noch nichts gesagt. Ich habe ihr das Geld gegeben, daß sie mir schenkten, weil ich mehr Menschlichkeit, als sie habe, und weil es mich verdroß, daß sie nur gegen ihre Frau sparsam, und gegen andre verschwendrisch sind. Aber ich habe es ihr als ein Geschenk von ihnen überbracht, und ihr nur gesagt, daß sie ihr verböthen, dafür zu danken.
Wie sollte sie es nicht glauben? Sie ist schon gewohnt, so bald sie nur ihren Mann nennen höret, gar nicht weiter zu vernünfteln, und alles zu glauben.
Hätte ich doch kaum gehoffet, daß ich das überkluge Mädchen, die Juliane, zu einer so guten und einfältigen Frau machen könnte. Aber ganz recht, Madame, ehe ich sie heyrathete, haben sie mich regiert, ich hätte närrisch werden mögen. Nun ist die Reihe an mir, und mein Regiment wird länger währen, als das ihrige gewährt hat.
Cathrine, weil du mich nicht verrathen hast: so sehe ich doch, daß du eine ehrliche Haut bist. Ich vergebe dir den Streich der Erfindung wegen. Komm her! laß dich umarmen.
Du mußt die närrische Liebe ablegen, die du zu meiner Frau hast Ich weiß nicht, warum du sie beklagst. Was fehlt ihr denn, was thue ich ihr denn zuwider? Sie ist allezeit misvergnügt, bloß weil ich es billiger finde, daß sie sich nach meinem Eigensinne richten soll, als mich nach ihrem zu richten. Du mußt die närrische Liebe ablegen, die du zu meiner Frau hast, und in eine andre verwandeln, du mußt mich lieben.
Ach! mein Herr! ich habe nun einmal den Fehler, wen ich lieb gewinne, den kann ich nicht wieder aufhören zu lieben.
Das ist ein liebenswürdiger Fehler. Liebe nur mich; so soll dir der Fehler zu großen Verdiensten gereichen. Ich muß einmal für allemal jemanden um meine Frau haben, der auf sie Achtung giebt, und der mir von allen ihren Reden und Handlungen Nachricht geben kann. Eine Frau verstellt sich allemal gegen ihren Mann. Sie traut ihm nicht, und sie läßt ihn also selten ihre wahren Gedanken wissen. Die muß man zu erforschen suchen. Man muß auf sie Achtung geben lassen: Sie ist jung, sie kann sich leichtlich vergehen. Sie muß sich nicht rühren, sie muß nichts sagen, ja sie muß nichts denken, ohne daß ich es weiß. Siehst du Cathrine, zu einer so wichtigen Sache habe ich dich bestimmt. Ich kann dir aber nicht anders glauben, ich müßte denn versichert seyn, daß du mich liebtest.
Ich habe aber einmal ihre Frau Gemahlin lieb gewonnen; und es ist gleichwol bey der heutigen verderbten Welt nicht möglich, zugleich des Mannes und der Frau ihr guter Freund zu seyn.
Laß dir rathen, Cathrine. Du kennst mich nunmehr alzuweit. Du kannst leichtlich begreifen, daß kein Mittel für dich ist: Entweder du mußt mir wirkliche Proben geben, daß du meine Partey ergreifst, oder du mußt dich entschliessen, von meiner Frau, die du so lieb hast, Abschied zu nehmen. Du hast nur diesen Augenblick zu wählen. Willst du mich lieben oder nicht?
Nein! ich habe nichts gehört. Cathrine, wenn man euch nöthigen wollte, mich zu verlassen, wolltet ihr es wol thun?
Glauben sie nicht etwa, gnädige Frau, daß ich zu ihnen komme. Ich suche meinen Rival, den Nicander hier.
Weil ich aber einmal gegenwärtig bin: so geben sie mir wenigstens einen förmlichen Abschied. Ist das nicht grausam, mich durch ein Cammermägdchen abweisen zu lassen. Wenn sie noch die Höflichkeit gehabt hätten, mir mit ihrem eigenen Munde zu sagen: Mein Herr, ich kann sie nicht leiden. Gehn sie zum Teufel, oder so was dergleichen: so wäre es doch ein Trost für mich gewesen. Ich hätte zuletzt noch meine Augen recht satt an ihnen gesehen. Ich hätte noch einen kleinen Kuß von ihrer Hand mit auf den Weg genommen. Küßt ihre Hand.
Mein Herr, sie führen sich gerade auf, wie ein Medicus, der lustige Schwänke vorbringt, wenn seine Patienten mit dem Tode ringen.
Eine Kleinigkeit: Sie hat dem Herrn Agenor und mir zugehört, da er Lust bezeugte, ihr untreu zu seyn.
Ueber eine Untreu werden sie böse? gnädige Frau. Wenn es noch die Untreu eines Liebhabers wäre. Aber die Untreu eines Mannes ist gar nichts. Denn wo keine Liebe ist: da ist auch keine Untreu.
Eine Untreu von einem Manne ist nichts anders als ein kleiner Scherz. Ueber einen Scherz muß man niemals böse werden; sondern ihn allemal auf gleiche Art beantworten. Was meynen sie, wenn wir ihn mit einander beantworteten?
Nichts, als eine Untreu. Ich kann nicht begreifen, wie das einer erbaren Frau nahe gehen kann. Pfuy! das läßt so eigennützig.
Seine Untreu ist das wenigste, was mich kränket, aber meine Zärtlichkeit, als eine Einfalt auszulachen, und doch gleichwol Mistrauen in mich zu setzen, sich zu freuen, daß er mich so biegsam und willig gemacht hat, selber zu gestehen, daß er mich aus Vorsatz quälet, und mich noch dazu der Aufsicht meiner Bedienten unterwerfen zu wollen, ist das nicht schmerzlich und fürchterlich genug für mich?
Ich glaube, sie wissen, Madame, daß mein Herz an dem Theil nimt, was sie angehet Das ist schmerzlich genug, aber vielleicht ist es so fürchterlich nicht, als es aussieht.
Er will alles wissen, was ich thue, was ich rede, sogar was ich denke, nur um mir ein Verbrechen daraus zu machen. Was sagen sie dazu?
Um des Himmels willen! kommt denn schon wieder der Liebhaber zum Vorschein. Lassen sie den Freund reden. Denn der Liebhaber hat schon seinen Abschied.
Als ein guter Freund muß ich ihnen sagen, daß es Leute giebt, die eben so mit der Bosheit prahlen, die sie nicht haben, wie andre mit guten Eigenschaften. Sie wollten gern für so Herzhaft angesehen seyn, daß sie den Leuten mit Vorsatz Uebels thun könnten. Sie zwingen sich dazu, sie zu quälen, wenn es ihnen gleich sehr leid thut, und sie suchen mit aller Gewalt, die Ehre, grausam zu seyn. Wenn sie gleich gehört haben, Madame, daß sich ihr Mann etwas darauf zu gute thut, sie zu beleidigen, so glauben sie es nicht.
Um als ein Freund zu reden. Was ich meyne, gnädige Frau, ist, daß sie sich rächen sollen. Sie sind ihrem Geschlechte schuldig, wenigstens die Gleichheit, wo nicht die Herrschaft der Frauen zu behaupten. Ihr Mann hat sie beleidiget: sie müssen ihn wieder beleidigen.
Versprechen sie mir wenigstens, wenn sie den Einfall jemals bekommen, daß sie niemand als mich zum Werkzeug ihrer Rache machen wollen.
Was wollen sie aber mit dem Versprechen machen. Nehmen sie Abschied. Wissen sie, daß sie mich nicht wieder sehen sollen.
Nein! auf ewig leben sie wohl. Ich muß zu meinem Manne gehen. Er verlangt mich zu sehen. Himmel! was werde ich ihm sagen?
Erlauben sie mir, ihnen zu sagen, mein Herr Hilaria, daß sie eine recht wunderliche Rolle spielen. Ich weiß nur nicht, wie es kömmt, daß sie mit ihrer possirlichen Liebe noch gelitten werden.
Eben das poßirliche ist die Würze der Liebe. Und unter
Das weiß ich nicht. Das aber weiß ich, daß ich bald nicht mehr hier seyn werde, und, daß er bald allein hier seyn wird, wenn wir nicht geschwind Anstalten machen.
Wir wollen uns hernach sprechen. Die Sache hat Eil. Ein Kaufmann sucht Nicandern, und will ihn wegen eines Wechsels in Verhaft nehmen.
Ja! so gehen sie, helfen sie ihm. Ich werde mir selber helfen müssen, oder der Himmel mag mir helfen.
Was? Du eben, der du mein Feind seyn solltest, bist mein Schutzengel. Ohne dich hätte der verzweifelte Kaufmann mich um einer solchen Kleinigkeit willen wahrhaftig in Arrest setzen lassen, und der Henker mag wissen, wie ich aus seinen Klauen heraus gekommen wäre. Laß dich doch umarmen, mein liebster Philinte. Könnte ich mich dir nur dankbar erweisen. Sage mir, was hat dich bewegen mir beyzuspringen.
Die Freundschaft? Sage mir, wie soll ich die verdienen. Ich weiß, du liebst Julianen. Ich habe bisher ihren Mann den Grübelkopf wider dich aufgehetzt. Ich will dich selber wieder in seine Gunst setzen. Ich will sie dir gänzlich abtreten.
Ich erweise eine Freundschaft, nicht um belohnet zu werden. Oder, meynst du, daß ich ein Herz sonst nicht erobern könnte, wenn ich es dir nicht abkaufte.
Ich glaube dir gerne. Aber ich will dir an Großmuth nichts nachgeben. Du sollst sehen, daß die Freundschaft bey mir weit über die Liebe geht. Ich wollte dich auf meinen Schultern zur Juliane
Die kann ich dir leichtlich sagen. Aber wenn ich dir selber rathen soll, so wähle dir Juliane, sie ist das Kleinod von allen.
Die kannst du mir aber nicht geben, denn sie ist nicht in deiner Gewalt. Aber was sagst du von der Leonore.
Nicht viel. Sie ist ein einfältig Ding. Man kann unmöglich länger als eine halbe Stunde bey ihr ausdauern.
Mit Vergnügen. Aber geh behutsam. Sie ist eine Betrügerin. Sie verspricht viel, wenn sie Geschenke fordert, und hält nichts, wenn sie sie bekommen hat.
O! Dank dazu, wenn du sie nehmen willst. Aber, wenn ich dir als ein Bruder rathen soll, nimm sie ja nicht.
Der Teufel selber. Sie hat alle Tage zehnerley Eigensinn. Sie keifft, so bald du in ihr Zimmer trittst. Sie sagt ihre Schmeicheleyen in eben demselben Thon, wie man Schimpfwörter sagt. Sie stößt Flüche statt der Seufzer aus, und sie wird nicht eher freundlich, als bis du weggehest, damit du ein andermal wiederkommen, und dich von neuen quälen lassen sollst.
Alle bis auf ein kleines artiges Mägdchen, das diesen Abend mit mir speisen soll. Nun! wen wählest du?
Keine! ich bedaure dich, Nicander. Ich habe geglaubt, was du für ein Held wärest. Aber ich finde deine Göttinnen gar nicht anbetenswürdig.
Ich nehme die Leute, wie sie sind. Es ist nicht allemal unangenehm, eine lächerliche Person zu lieben. Wenn das Herz dabey gleich nicht viel zu thun hat: so hat doch der Verstand keine lange Weile dabey, denn man belustigt sich auf ihre Unkosten. Wirst du mich aber was bessers kennen lehren, so wirst du mich verbinden.
Dir die Wahrheit zu gestehen, Philinte, ich liebe dich zu sehr, daß ich dich oder deine Schwester betrügen wollte.
Nein! ich bitte dich, laß mich sie nicht sehen. Ich muß dir es sagen. Ich bin sonst ein ehrlicher Kerl bis auf einen Punkt. Ich darf ein Frauenzimmer kaum sehen, so bin ich in sie verliebt. Und wenn die Liebe mich einmal eingenommen hat, so bin ich der größte Bösewicht von der Welt. Ich verhetze die Frau gegen den Mann, den Mann gegen die Frau. Die Schwester gegen den Bruder. Ich verderbe die Gemüther der Frauenzimmer auf beständig. Ich mache sie hochmüthig, eigennützig, wunderlich, boshaft, wenn ich nur dadurch zu meinem Zwecke kommen kann.
Genug! ich will dich mit ihr bekannt machen. Sie wird noch diesen Abend bey Julianen einen Besuch ablegen. Was geht mich meine Schwester an? Es ist ihre Sache, wenn sie sich betrügen läßt.
Du meynst vielleicht, ich bin im Stande sie zu heyrathen. Ich muß dir aber zwey Dinge vertrauen, die hier an diesem Orte noch unbekannt sind und bleiben sollen. Das erste ist, ich habe binnen zehen Jahren ein grosses Vermögen ganz und gar durchgebracht, und habe nicht einen Schilling mehr. Das andre ist noch ärger. Ich bin verheyrathet.
Aber warum hast du sie denn verlassen? Weil du mir einmal alles vertrauest: so entdecke mir doch, was hatte sie dir gethan?
Nichts in der Welt. Ich hatte sie nur einen Tag zu früh geheyrathet. Denn den Tag darauf besann ich mich, daß es besser wäre, wenn ich meine Freyheit behalten hätte. Ich nahm also bey der ersten Gelegenheit meine Freyheit wieder.
Das ist mir nicht einmal eingefallen. Unter uns gesagt. Ich thue mir selber Gerechtigkeit. Worüber sollte sich eben eine Frau grämen, die mich verliert. Sie behielt genug zu leben. Denn ich fragte damals den Henker nach ihrem Gelde. Sie ward durch meine Flucht zu einer Art von Witwe, und wenn ich jemals ein Frauenzimmer
Hör nur, mein lieber Philinte. Ich will dir diesen Abend meine ganze Historie erzählen. Willst du diesen Abend mit meinem hübschen Mägdchen mit mir speisen. Ich will itzo zum Agenor gehen, und dein bestes reden.
Daran liegt mir nichts. Ich bitte dich nur Julianens ihr bestes zu reden. Ich will keine Unordnung in den Ehen stiften. Ich will die Männer nur in aller Stille – – –
Ja! ja! auf den Abend. Es ist gut, daß ich nicht eifersüchtig bin. O! wenn manche Frau sich so verkleiden könnte, was würde sie nicht zu hören kriegen! Du kömmst gleich zu rechter Zeit, meine liebe Cathrine. Ich habe dir tausend schöne Neuigkeiten zu sagen.
Nun hat Juliane alle Hofnung verloren, jemals eine glückliche Frau zu seyn, und ich habe die Hofnung zur Treppe hinunter geworfen zu werden.
Mein Herr ist eigensinniger, als sich jemand eingebildet hätte. Meine Frau verliert endlich alle Gedult, und sie streiten schon eine halbe Stunde, ohne ausgemacht zu haben, wer nachgeben soll.
Du hast ja meine Frauenskleider in deiner Kammer. Komme dahin, und hilf mich anziehen. Ich will mich ihm in meiner eignen Kleidung zeigen. Vielleicht fängt er von neuen an mich zu lieben, ohne zu wissen, daß ich seine Frau bin. Vielleicht habe ich alsdenn Gelegenheit, ihm zu zeigen, daß es kein schweres Joch ist, eine Frau zu lieben. Der größte Grund der Liebe ist die Uebereinstimmung der Gedanken. Wenn er findet, daß ich recht nach seinem Sinn denke, wenn er Hochachtung genug für mich gefaßt hat: alsdenn
Ach! Cathrine. Ich bin so vergnügt über mein eignes, daß ich fast nichts gehört habe, was du mir gesagt hast. Komm! wir wollen nachsinnen, wie ich meinen Mann, und Juliane den ihren wieder bekommen kann.
Aus meinem Hause, du Undankbare, aus meinem Hause. Du sollst nicht einen Augenblick mehr hier seyn. Meine Frau soll nicht ein Wort mehr von deiner verfluchten Natterzunge hören. Trage deine Bosheit anderwärts. Suche anderswo Frauen, die du ihren Männern aufsätzig machen kannst. Aus meinem Hause fort.
Wir sind itzo hier allein. Sie werden doch nicht meynen, daß ich schon vergessen habe, was sie mir vorhin sagten, und da uns niemand hört, so weiß ich nicht, warum sie sich die Mühe nehmen, unter uns beyden so viel Unwahrheiten zu sagen. Sie dürften nur gerade heraus reden: Cathrine, du willst mir nichts zu gefallen thun. Du bist eine unnütze Sache in meinem Hause. Also geh.
Aus meinem Hause, sage ich, oder du wirst nicht auf den Füßen über die Schwelle kommen. Meine Frau muß sehen, was es ihr hilft, Leute gegen mich in Schutz zu nehmen.
Um des Himmels willen, Agenor, lassen sie sich nur die Zeit, zu sich selber zu kommen. Wozu ist denn das grausame Lärmen nöthig? Sind sie nicht Herr? Dürfen sie nicht bloß reden?
Wenn sie wüßten, Herr Nicander, was mein Herr für Eigensinn, für List und Bosheit in seinem Kopfe hat, sie würden sich darüber verwundern; wenn sie gleich nicht viel besser sind, als er.
Ey! schämen sie sich doch, Herr Agenor. Was doch der Zorn den allerwohlerzogensten und scheinehrbarsten Leuten für niederträchtige Reden eingiebt, zumal wenn sie wissen, daß sie unrecht haben.
Halten sie ihn ja auf, Herr Nicander, daß er nicht in meine Kammer kömmt. Sonst könnte ein entsetzliches Unglück vorgehen.
Es ist freylich so arg nicht. Aber man muß bey Kleinigkeiten Lärmen machen. So fürchtet sich meine Frau, was großes zu thun. Und kurz – – –
Nein! nein! das verdrüßt mich eben, daß die gottlose Bestie nicht eigennützig ist. Sie schafft noch dazu meiner Frau Geld, und ich will nicht, daß meine Frau Geld haben soll.
Kein Geld? Du hast Unrecht. Ein Mann, der einer Frau ihre kleinen Ausgaben entzieht, setzt ihre Tugend auf einen sehr geringen Preiß.
Und ich sollte das Mägdchen nicht aus dem Hause jagen. Nein! eben weil meine Frau sie behalten will: so liegt meiner Ehre daran. Ich? ich? sollte Unrecht haben.
Nein! ich will allemal Recht behalten. Da kömmt sie. Nun sollst du sehen, wie ich meine Rechte zu behaupten weiß.
Madame, weil sie ihre Schuldigkeit nicht wissen wollen: so habe ich sie für sie verrichtet, und Cathrinen aus dem Hause gehen heissen.
Ja, ja, in seiner Gegenwart, und ich wollte es in Gegenwart der ganzen Welt sagen. Alle Welt würde finden, daß ich Recht habe.
Eben vor ihm will ich es sagen. Er soll urtheilen, wie gut sie mit mir umgehen. Urtheilen sie einmal, Nicander.
Mit vielem Vergnügen. Ich urtheile von nichts lieber, als von Ehesachen. Man sollte dergleichen Sachen niemals in der Stille abthun. Es dient zum Nutzen und zum Vergnügen der ganzen Welt, sie zu wissen.
Verantworten sie sich doch, Madame. Verantworten sie sich. Ich will es ihnen erlauben. Ich will von meinen Rechten so viel nachgeben. Reden sie. Sehen sie, Nicander, nicht ein Wort weiß sie zu antworten.
Was sollte ich antworten. Bey allem Lärmen, daß sie schon seit einer Stunde machen, weiß ich noch nicht, was sie mich beschuldigen.
Sie wollten gern unschuldig seyn. Darum wollen sie nichts wissen. Da ich ihnen sagte: Cathrine bringt ihnen gewiß Geschenke von ihren Liebhabern unter meinem Namen, hätten sie so ruhig seyn, und die Sache nicht weiter untersuchen sollen.
Verbothen? Es ist wahr, ich verboth ihnen, die Sache zu untersuchen. Aber ich verboth ihnen nicht, Cathrinen ohne Untersuchung den Abschied zu geben. Wozu war die Untersuchung auch nöthig. Ich sagte es. Sollten sie es nicht auf mein Wort für wahr halten? Was antworten sie darauf?
O! beschämen sie mich. Ein Mann, wie ich, ist so leicht nicht zu beschämen. Beschämen sie mich, wenn sie können.
Am wenigsten aber hätte ich gern wissen wollen, was für eine Freude sie darüber haben, mich ihre Herrschaft recht fühlen zu lassen, und wie sie – – –
Was wollen sie damit sagen? Was hat ihnen Cathrine für Mährchen erzählt? Und ich sollte sie einen Augenblick länger leiden.
Wenn sie sich an der Person rächen wollen, die mir das gesagt hat: so müssen sie sie ganz anderswo suchen.
Es mag seyn, wer es will. Die Person ist ein Lügner, ein Verräther, ein Friedensstörer. Wer ist es? sagen sie es? Ich wäre fähig, denjenigen zu ermorden – – –
Sie wollen sie ja vor der ganzen Welt hören lassen. Die Aufsicht, der sie mich untergeben wollen – – –
Dir die Sache kurz zu sagen: Meine Frau hat mich mit ihrem Kammermägdchen in Verdacht; deswegen macht sie so viel Geschrey.
Und damit sie sehe, wie sehr ich den Frieden liebe, und wie gern ich ihr die geringste Ursache zu klagen benehme: so ist es am besten Cathrinen fortzuschaffen. Findest du das nicht billig, Nicander?
Ich bitte sie, machen sie mir darüber kein Compliment. Wenn sie sie auch behalten wollten, so soll sie nicht da bleiben. Nein! sie soll ihnen keinen Verdruß weiter verursachen. Nicander findet es billig. Geben sie sich zufrieden. Ich will selber gehen, und ihnen eine Person suchen, die ich kenne, und die ihnen gewiß nicht die geringste Ursache zur Eifersucht geben soll.
Bleib unterdessen bey ihr, Nicander. Stelle sie zufrieden, Ins Ohr. und gieb Achtung, daß sie nicht unterdessen neue Anschläge mit Cathrinen und Philinten machet.
Es ist schon überlegt, denn es ist schon beschlossen. Ich kenne eine Person, die sich in allen Stücken für sie schickt, und die so klug ist, daß sie ihr guten Rath geben kann.
Ich weiß nicht, wie du dich so verändert hast. Du mußt deinen Verstand verpachtet haben, weil du mir nicht Beyfall giebst. Mache, wenn du mein Freund bist, daß mir Juliane gehorcht.
Nein! sagen sie mir nur nichts. Ich habe genug gehört, wie schlecht alle meine Zärtlichkeit angewandt ist. Es ist gut; weil sie nicht erkannt wird, so will ich mich davon los machen. Ich will Eigensinn mit Eigensinn vertreiben. Mein Mann soll finden, daß ich auch einen Willen habe.
Weil man sieht, daß Cathrine mir getreu ist, daß ich Vertrauen zu ihr habe; so will man mir sie nehmen. Ich soll ganz verlassen seyn, damit man mich recht quälen könne. Aber ich will sehen, wer mich zwingen soll. Ich will sie meinem Mann zum Trutz behalten.
Verzagt? Verzagt? Ich wollte nur abwarten, wie weit seine Tyranney gehen würde. Ist das nicht grausam? Indem ich ihn überführe, daß er ungetreu ist, daß er mich beleidigt hat, daß er aus Vorsatz übel mit mir umgehet, so kehret er das alles selber um, und misbrauchet es, um dadurch zu seinem Zwecke zu kommen.
Sagen sie nichts. Ich kenne sie zu wohl. Ich weiß, wie gern sie meinen Mann und mich verhetzet sähen; Aber sie können sicher ihm alles erzählen, was ich sage. Sie können mit gutem Gewissen noch mehr dazu setzen. Denn sie können nicht zuviel sagen, wie erbittert ich gegen sein unanständiges Bezeigen bin.
Glauben sie doch, Madame. Ich bin gar nicht mehr derjenige, für den sie mich halten. Es ist wahr, vor einer Stunde hätte ich allen möglichen Vortheil aus dieser Zwistigkeit zu ziehen gesucht. Aber nun – – –
Wenn Agenor durch meine Zärtlichkeit nicht zu erweichen ist: so wird mein Trutz ihn noch mehr verhärten.
Also ergeben sie sich nur in ihr Schicksal. Ihr Mann wird sie schon wieder mit einer Person versorgen, die ihnen noch dazu manchen guten Rath geben wird. Denken sie, was für eine weise Aufseherin er ihnen zugedacht hat, und ob es der Mühe werth ist, Cathrinen dafür zu behalten.
Wenn ja ihr Mann von seinem Vorsatze nicht ablassen will. Könnte man ihnen nicht ein andres Mägdchen geben, das Cathrinen an Treue nichts nachgäbe. Wollen sie mir erlauben, mich mit Cathrinen darüber zu berathschlagen.
Komm hierher, Cathrine. Könnte man nicht deinen guten Freund, Philinte, in eine Frauensperson verkleiden, und zu ihrem Kammermägdchen machen? Er hat ein so hübsches Gesichtchen, daß ich glaube, der größte Kenner sollte ihn unter dem Frauenzimmer verlieren.
Was? was? was? Sind sie närrisch. Ach! wenn sie gehört hätten, gnädige Frau, was der gottlose Mensch für Anschläge giebt Pfuy! gehen sie mit ihrem guten Rathe.
Nun! nun! verstelle dich nur nicht, Cathrine. Ich merke bald, daß ich es getroffen habe, weil du dich so ungeberdig stellest.
Vor allen Dingen, Herr Nicander. Darf ich sie bitten, das bischen Aufrichtigkeit, das sie etwa noch in ihrem ganzen Leibe haben, zusammen zu nehmen, und mir zu sagen, ob sie von unsern Freunden, oder meines Herrn sein Spion sind.
Ich kann versichern, ich bin so sehr Philintens sein Freund, daß ich für ihn, für deine Frau, für dich, und für alles, was er liebt, ins Feuer gehen wollte.
Können sie das wohl – – – Ja so, Leute, wie sie, machen
Ich bitte sie nur, uns weiter keinen Schaden zu thun. Hülfe wird man von ihnen nicht erwarten können. Sorgen sie nichts, gnädige Frau. Machen sie sich meinetwegen gar keine Ungelegenheit. Sagen sie lieber, daß ihnen nichts an mir liegt. Ich will sehen, ob ich meiner wenigen Person allein durchhelfen kann. Und wenn ich zu einem Fenster hinaus geworfen werde: so giebt es zur Noth ein andres, durch das ich wieder herein kommen kann.
Bey einem Haare hätte ich es vergessen, daß hier ein fremdes Frauenzimmer ist, das ihnen einen Besuch geben will. Sie ist Philintens seine Schwester, und erst angekommen.
Augenblicklich sind sie dazu nicht im Stande, gnädige Frau. Befehlen sie, daß ich sie unterdessen unterhalte?
Thun sie es nur. Thun sie es. Sie ist im Zimmer hier darneben. Ich will es ihnen sagen, wenn sie sie hereinführen sollen. Kommen sie, gnädige Frau. Suchen sie sich unterdessen zu erholen, so gut sie können.
Bedenken sie, Madame, wie gefährlich es für mich ist, daß ich bey so viel Schönheit und bey so viel Verstand auch noch so viel Uebereinstimmung in unsern Meynungen sehen lasse.
So ist es möglich? Madame. Sind sie das einzige Frauenzimmer, das da glaubt, man müsse die Liebe mit der Freyheit verbinden.
Ich glaube, daß keine andre Liebe seyn sollte, und daß
Sie dürfen zwar das nicht fürchten. Aber gesetzt ein Mensch wäre von so übelm Geschmack, daß er aufhören könnte, sie zu lieben: Sollte nicht seine Schuldigkeit – – –
Was für Schuldigkeit? Die Liebe kann niemals eine Schuldigkeit seyn. Man kann nichts lieben, als was man angenehm findet. Wie kann man einer Person die Schuldigkeit auflegen, etwas angenehm zu finden. Kann man denn jemanden befehlen, etwas weiß oder süsse zu finden, wenn es auch die Wahrheit wäre. Wer den Gebrauch seiner Sinnen hat, der wird schon sehen oder schmecken, was weis oder süsse ist: Und wer den verlohren hat, dem kann keine Schuldigkeit und kein Befehl seine Sinnen wiedergeben.
Ich habe einen gehabt, und alles, was ich beklage, ist, daß ich ihn eher verloren habe, ehe ich ihm meine Gedanken recht habe entdecken können.
Ich hätte gar nicht von ihm verlangt, mich zu lieben. Hätte ich ihm zeigen können, daß ich es verdiente, so würde er mich auch wider seinen eignen Vorsatz haben lieben müssen.
Warum hätte ich ihn dazu zwingen sollen? Ich hätte ihn beklagt, daß er zu einem beständigen Umgange mit einer Person verbunden wäre, für die er nicht gemacht zu seyn glaubte. Er hätte in allem seine Freyheit haben sollen. Ich hätte ihn so wenig als möglich fühlen lassen, daß er verheyrathet wäre.
Das versprechen sie mir? Wo ist nun alle ihre Klugheit? Können sie denn was versprechen, das nicht in ihrer Gewalt stehet? Können sie mir versprechen, daß ich immer angenehm und liebenswürdig seyn soll? Können sie sich denn versprechen, mich immer
Das ist was anders. Man kann versprechen, einer Person das Leben so leicht, als möglich, zu machen, ihr alle Gefälligkeit zu erweisen, und ihr mit aller äusserlichen Hochachtung zu begegnen. Aber eine Person ewig zu lieben, das kann man mit allen Schwüren von der Welt nicht versprechen.
So? ich rede nur überhaupt, und gar nicht von ihnen, und sie fangen gleich an, von mir persönlich zu sprechen.
Ja, persönlich, Madame, und zwar so persönlich, daß ich noch mit keiner Person in der Welt mit der Empfindung geredet habe, wie ich mit ihnen rede.
Wie wollen sie aber verlangen, daß ich sie wieder lieben soll? Sie wissen ja noch nicht, ob ich sie lieben kann? und ich weis es selber noch nicht.
Stille! stille! sie sind noch nicht glücklich. Denn ich zweifle, ob sie mich so lange lieben werden, daß es die Mühe verlohnt, sie wieder zu lieben.
Versuchen sie es nur. Sie können ja ihre Liebe wieder zurück nehmen, wenn ich sie nicht verdiene. Geben sie mir nur Gelegenheit, sie zu verdienen. Erlauben sie mir wenigstens, sie noch heute wieder zu sehen.
Aber wie soll ich das Glück haben, sie wieder zu finden. Juliane wird nun bald erscheinen, und so wird die glücklichste Unterredung unterbrochen seyn, die ich in meinem Leben jemals gehabt habe.
Holen sie mich in einer halben Stunde hier ab. Darf ich sie unterdessen bitten, meinen Bruder aufzusuchen.
Haben sie was zu befehlen: so bin ich der nächste dazu, dem sie es auftragen können. Es wird niemand ihre Befehle mit größerm Vergnügen verrichten.
Nun gut! Sie möchten meinen Bruder nicht finden, sie möchten es übel nehmen, daß ich ihnen so wenig Vertrauen bezeige.
Ich eile, ihren Befehl zu erfüllen. Leben sie wohl, und denken sie unterdessen darauf, mich zu lieben.
Ja, er liebt mich wieder. Ich will es wagen. Es ist mir unmöglich, mich länger zu verstellen. Meine Briefschaften sollen ihm entdecken, wer ich bin. Aber wie wird es ablaufen. Wird seine Liebe auch wohl wieder aufhören, wenn er merkt, daß er sie gegen seine eigene Frau gewendet hat. Mein Herz zittert schon zum voraus. Juliane kömmt. Ach! wenn sie doch ihrem Glücke eben so nahe wäre, als ich.
Ich sehe es schon, Madame, sie gehören zu den gutherzigen Seelen, die mit vieler Zärtlichkeit von einer Person auf ewig Abschied nehmen, und in einer halben Stunde sie schon vergessen haben.
Philinte! o Himmel! Philinte! Was fangen sie an? Wer hätte sie so nicht verkennen sollen? Aber was wollen sie? Was soll diese Verkleidung?
Sie verbiethen mir den Zutritt, Madame, und ich sollte nicht Mittel finden, allen neugierigen Augen zu Trutz, und wider ihren eignen Willen bis zu ihnen zu kommen.
Aber ich kann sie nicht meiden, das wissen sie auch. Ich muß sie sehen, und wenn es mein Leben kosten sollte. Ich kann nicht ruhig seyn, bis ich ihnen wider einen hochmüthigen Mann Hülfe geschaft habe, und sollte es mein eignes Verderben seyn.
Machen sie nicht durch ihren ohnmächtigen Beystand mich selber noch unglücklicher. Muß es seyn, daß sie mich sehen. Kommen sie lieber in ihrer eignen Kleidung. Ich will mich lieber den
Fassen sie Muth. Werden sie nur nicht schüchtern. Ich will meine Verkleidung schon bis zu Ende ausführen.
Bemühen sie sich nicht, Madame. Ich bitte, bemühen sie sich nicht. Sie sollen mich gewiß nicht begleiten. Sie sind nicht wohl. Sie sollen meinetwegen nicht einmal vom Stuhle aufstehen.
Ist das ihr Herr Gemahl. Der Himmel behüte ihn. Es erfreuet mich, daß ich die Ehre habe, ihn zu sehen. Die ganze Stadt sagt so viel Gutes von ihm. Der Himmel behüte ihn! daß ich wünschen will, daß nur die Helfte wahr seyn mag.
Aber es wird nicht geschehen. Ich lasse mich nicht anrühren. Ich habe meine Hand noch keiner Mannsperson gegeben. Wer wollte das thun?
Nein! Herr Agenor, ich weiß gar zu wohl, daß mit ihnen nicht zu spassen ist. Lassen sie sich doch einen Fußfall thun. Ich bekenne, daß ich eine Närrin, eine Rasende, kurz, daß ich alles bin, was sie mich vorhin nennten, bloß weil ich mein Glück nicht eher bedacht habe. Aber erlauben sie mir nur, Abschied von ihnen zu nehmen, und sie um Verzeihung zu bitten, daß ich gar zu ehrlich gewesen bin, ich will es nicht mehr thun.
Was soll man aber machen, Herr Agenor. Sie wissen ja selber wohl, daß ein ehrlich Mägdchen mit dem Wohlstande geplagt ist, und sich erstlich eine Weile wehren muß. Ach! wie übel sind doch wir armen Mägdchen daran. Wenn man augenblicklich ja sagt, so macht man sich verächtlich: und wenn man sich zu lange weigert, so giebt es Leute, die uns unrecht verstehen, und nicht warten wollen, bis wir uns ausgeweigert haben. Ich weiß doch am besten, Herr Agenor, ob ich es meiner Tugend oder ihrer Ungeduld zu danken habe, daß ich so über Hals und Kopf ins Elend wandern muß.
Wenn ich dir auch glauben wollte, Cathrine, so ist es nun zu spät. Es ist geschehen. Ich kann nichts weiter für dich thun.
Ich verlange auch nichts weiter, als die Erlaubniß, nur noch den Abend hier zu bleiben, und ihnen einen recht guten Dienst zu thun. Ich kann sie unmöglich unversöhnt zurück lassen. Ich will ihnen erst eine Probe geben, daß ich gar nicht auf ihrer Frau Gemahlin Seite bin. Hernach können sie mich gern wegjagen. Vielleicht wird sie hernach mein Abschied dauern, und wenn ich ihnen zu gefallen eine Schelmerey begangen habe, so sollen sie mir noch nachsagen: Cathrine war ein ehrlich Mägdchen.
Kommt herein! Frau Agathe. Hier! meine Frau, will ich ihnen eine Person zeigen, auf die ich sehr viel Vertrauen setze.
Sie sind Herr über ihr Vertrauen, wenn sie nur nicht verlangen, daß das meinige allemal mit dem ihrigen zugleich gehen soll.
Das kann ich doch mit vielem Rechte verlangen. Denn das ist eine Person, die ich ausgesucht habe, ihnen inskünftige Gesellschaft zu leisten.
Es ist die Frau Agathe, eine Frau, die ich vollkommen kenne, zwar von geringem Stande, aber von sehr grosser Erfahrung.
Wie? ist das Madame Agathe? So habe ich die Ehre, sie vor meinem Ende noch kennen zu lernen. Erlauben sie, Madame Agathe, daß ich ihnen die Hand küsse, bloß aus Hochachtung für ihre so sauer erworbene Erfahrung. Das ist also, gnädige Frau, die berühmte Madame Agathe, von der sie oft gehöret haben werden.
Das können sie leichtlich schliessen, Madame, wenn sie bedenken, daß die Tugend allezeit gelästert wird.
In der That, Madame, ich kann Bürge seyn, daß sie eine überaus kluge Frau ist. Eine gute Rathgeberin ist ein grosser Schatz für eine junge Frau, wie sie, die die Welt nicht kennet. Und Madame Agathe kennet die Welt.
Kurz, sie werden meinen Absichten gemäß handeln, wenn sie ihrem Rathe in allen Stücken folgen, und ihre Gesellschaft liebgewinnen.
Ja! gnädige Frau! ich bin die erste Frau in der Welt, um Gesellschaft zu leisten. Ich bin ganz unermüdet im Gesellschaftleisten, und ich getraue mich zu sagen, daß ich statt aller Gesellschaft dienen kann.
Wenn man der Madame Agathe ihre Erfahrung nicht kennte, so sähe man sie daraus, weil sie alles so fein zu sagen weiß. Madame Agathe hat Verstand wie ein Engel.
Cathrine redet nicht unrecht. Sie werden es finden, Madame, wenn sie sie weiter sprechen, und ich verlasse sie, damit sie sich mit größrer Freyheit besprechen können.
Sie werden es noch nicht wissen, Madame, und man kann es ihnen nicht zumuthen; sie haben sich in der Welt die Zeit noch nicht gelassen, darauf Achtung zu geben. Man pflegt sonst in seinem Hause sich nicht eher niederzusetzen, bis man andre ehrbare Leute zum Sitzen genöthiget hat. Setzt sich nieder.
O! diese Frau weiß zu leben. Ich wollte mich gern auch setzen. Es verdrüßt mich nur, daß hier kein Cannapee ist.
Hört, meine Tochter, wer giebt euch die Freyheit zu reden. Ihr dürft darüber gar nicht spotten, daß ich über meine Ehre halte.
Da hat sie Recht. Die Leute müssen am meisten über ihre Ehre halten, die am wenigsten davon zu verlieren übrig haben.
Gnädige Frau, es verräth eine Herrschaft von schlechtem Verstande, wenn die Bedienten die Freyheit haben, mitzusprechen.
Meine gute Frau, sie ist hier im Hause noch nicht bekannt. Will sie mit mir kommen. Ich will es ihr zeigen. Sie wird insonderheit die Treppe und die Hausthüre merkwürdig finden.
Gut! ich gehorche ihnen, Madame. Ich gehe gerade aus ihrem Hause. Glauben sie nicht, daß ich mich bey ihrem Herrn Gemahl beklagen werde. Aber wundern sie sich nicht, wenn sie sich seinen Unwillen zuziehen. Vielleicht wird man mich hier bald wieder im Triumph einholen.
Nein! das übersteigt meine Geduld. Ist das alles, was man davon trägt, eine Person zu lieben. Ein Mensch stellt sich von uns eingenommen, er sucht sich gefällig zu machen, er seufzt, er bittet, man glaubt ihm endlich, man liebt ihn, man ergiebt sich ihm, man heyrathet ihn, und wenn man die Früchte seiner Liebe zu sehen hoffet: so ist dieses die Erfüllung seiner Versprechungen. Ich habe meinen Mann aus Liebe geheyrathet, und ich fühle, daß ich ihn noch liebe. Ohne Liebe wäre mir das unmöglich auszustehen. Und ich weiß nicht was eine Frau thun muß, die ohne Liebe geheyrathet hätte, und alles das ausstehen sollte.
Redet mir nicht für ihn. Er redet schon allzusehr für sich selber. Was sage ich? O! wenn mein Mann einen Theil von seinem Gemüthe hätte! Ach! es ist wahr. Es ist eine Pflicht, einen Ehemann zu lieben. Aber haben die Männer denn keine Pflichten? Haben sie denn bloß ihren Willen, und wir allein unsre Schuldigkeit zum Gesetze. Himmel! da ist Philinte.
Ja! wenn man von der Versuchung redet, so ist immer der Teufel nicht weit. Das ist gut – – – Nun kömmt es darauf an, ob meiner Frau zu helfen ist, oder nicht.
Nun wollen wir unser Vorhaben ausführen. Thu nun, Cathrine, was wir verabredet haben; führe ihren Mann her.
Es war eine Furie, die mein Mann recht ausgesucht hatte, mich zu quälen. Ich habe es zugelassen, daß Cathrine sie aus meinem Zimmer geschaft hat, und ich zittre, wenn ich denke, wie mein Mann wüten wird, wenn er es erfährt.
Verfolgen sie mich nicht mehr mit ihren Vorstellungen. Ich habe sie ja schon beantwortet. Was für Vergnügen haben sie denn davon, eine Frau zu quälen, die ihre Martern fast aller Vernunft berauben.
Was für Ruhe? Was für Ruhe können sie mir schaffen. Hören sie auf. Ihre Liebe bringt meine Unruhe vollends aufs äusserste. So wenig ich mir vorzuwerfen habe, so bin ich in Angst, daß man sie entdecken möchte. Wie würde mich nicht mein Mann bloß darüber verfolgen, weil sie mich lieben.
Können sie denn durch meine Liebe unglücklicher werden, als sie sind? Sie haben sich nichts vorzuwerfen, und müssen doch zittern, und ich zittre an ihrer statt, so lange sie in der Gewalt ihres Mannes sind, und so lange ich sie in Gefahr vor allen den Unmenschlichkeiten sehe, die ein Tyrann in seinem Hause begehen kann.
Mahlen sie mir das nur nicht vor Augen. Ich weiß es schon ohne das. Wer weiß, was mir noch diesen Abend begegnen kann, da ich die schändliche Aufseherin vertrieben habe, die er mir aufdringen wollte.
Wie? sie lieben mich? und ich sollte mich ihrer Anführung nur einen Augenblick anvertrauen? Schweigen sie! was mir auch begegnet: so habe ich nicht so viel Gefahr in meines Mannes Händen zu befürchten, als in den ihrigen. Er ist ein Feind meiner Ruhe, und sie sind ein Feind meiner Tugend.
Das sollte sie schon itzt thun. Aber mein Unglück, meine Verzweiflung geben ihnen schon itzt so viel Muth, und würden ihnen hernach noch mehr geben.
Ich will mir weder ihr Unglück noch ihre Verzweifelung zu Nutze machen. Ich schwere ihnen, daß ich nicht ein Wort von meiner Liebe sprechen will, ehe sie in Sicherheit und wieder beruhiget sind. Mein Bezeigen, meine Aufmerksamkeit, meine Aengstlichkeit sollen ihnen allein sagen, wie heftig ich sie liebe. Sie sollen sehen, was für ein Unterschied zwischen einem Menschen ist, der durch Tyranney Kniend. darum. Ich werde für Unruhe sterben, wenn sie länger in den Händen eines tyrannischen Mannes bleiben.
Schweigen sie doch, Philinte. Wenn ich glauben soll, daß sie mein Freund sind: so trösten sie mich, an statt mich zu verfolgen. Stehen sie auf, sonst muß ich nicht vor meinem Manne, sondern vor ihnen fliehen. Um des Himmels willen! stehen sie auf.
Ich kann nicht länger zuhören, ungewissenhafter Verführer, ich will deinen verrätherischen Anschlägen ein Ende machen.
Lassen sie ihn nur loß. Erstechen sie mich nur, Agenor. Erstechen sie mich, wenn es ihnen Ehre macht, ein Frauenzimmer zu erstechen.
Hier körnt gleich jemand, der am besten wissen kann, von was vor einem Geschlecht ich bin. Kommen sie Nicander, sagen sie
Ein Frauenzimmer. Ja! ich weiß es am besten. Ein Frauenzimmer das alle Frauenzimmer in der ganzen Stadt für sich allein haben will.
Nur Geduld! der Beweiß ist leicht. Nicander, haben sie die Briefschaften, die ich sie bat, von meinem Kaufmanne abzuholen.
Nun! Warum stecken sie die Hände in die Tasche. Wollen sie nicht todtstechen, Herr Agenor. Geben sie mir ihren Degen. Sie muß sterben, nur darum, weil sie ein Frauenzimmer ist. Wie? ein Frauenzimmer will meinen Herrn – – – Wenn es noch eine Mannsperson wäre. Ein Frauenzimmer soll sich unterstehen, meiner Frau von Liebe vorzusagen. Wenn die arme Frau sich nun hätte bereden lassen, wie grausam wäre sie nicht betrogen worden. Nein! das schreyt um Rache! Weg! weg! aus dem Wege! sie muß sterben.
Nun! hör auf mit deinen Possen, Cathrine. Sehen sie nun bald aus diesen Papieren, wer ich bin, Nicander. Wird man mich bald für ein Frauenzimmer erkennen?
Hilaria, Himmel, Hilaria. Ists möglich? Sind sie es, die mir heute so viel Freundschaft erwiesen hat. Sie haben meine Beleidigungen mit so viel Gütigkeit belohnt. Sie haben sich meinetwegen so viel Mühe gegeben. Sie können einen Mann, der sie verlassen hat, nach zehen Jahren noch lieben. So viel habe ich nicht verdient.
Sagen sie das nicht. Ich habe Gelegenheit gehabt, unter dieser Verkleidung ihr Herz zu kennen. Ich urtheile nicht so parteyisch, daß ich sie darum nicht liebenswürdig finde, weil sie mich nicht lieben.
Ja, ich liebe sie, Hilaria. Und ich bedaure die Zeit, da ich sie nicht geliebet habe. Alles, was ich ihnen vorhin gesagt habe, Auf den Knien. Aber können sie mir meine Ausschweiffungen verzeihen.
Wissen sie, Herr Agenor, daß sie mir viel Dank schuldig sind. Ohne mich würde ihr übles Bezeigen und meines Mannes Liebe gegen Julianen ihnen leichtlich einen Streich gespielet haben, den man mit dem Degen in der Faust zwar rächen, aber nicht wieder gut machen kann. Nehmen sie sich künftig besser in acht. Ihr hartes Verfahren ist für sie selber sehr gefährlich. Eine Tugend mag so fest seyn, als sie will, sie muß endlich weichen, wenn sie zugleich von Liebe und von Kummer bestritten wird. Diejenige Person, der sie weichen könnte, möchte nicht allezeit als ein Frauenzimmer befunden werden, und ihren Sieg besser gebrauchen, als ich.
Ich habe meine Frau um Verzeihung gebethen. Willst du meinem Exempel nicht folgen. Du hast doch sehr unrecht. Ich kann dich versichern, deine Frau verdient sehr viel Hochachtung, und es hat an mir nicht gelegen, daß sie nicht etwas weniger verdiente.
Ich erkenne es selber, Juliane, und ihre Unterredung mit ihrem vermeynten Liebhaber, ihre Klagen und auch ihre Zärtlichkeit gegen mich, haben mich übezeugt, daß ich bisher nicht den rechten Weg gegangen bin, um vergnügt mit ihnen zu leben. Ich bitte um Verzeihung.
Vergessen sie, daß ich nicht mehr Vertrauen in sie gehabt habe. Ich schaffe die Aufseherin ab, die ich ihnen habe geben wollen.
Behalten sie Cathrinen zum Zeugen bey sich, daß ich ihre Treue und ihre Zärtlichkeit inskünftige besser verehren will.
Nein! Juliane, es steht ihnen inskünftige alles zu Diensten, was sie zu ihrem Vergnügen verlangen können.
Sie können ihre Gesellschaft, ihre Ausgaben, alles nach ihrem eignen Gefallen einrichten. Sie können über alles, über mich selbst gebiethen.
Sie werden mich entschuldigen. Nicander, sie haben ein kurzes Gedächtniß. Haben sie mich nicht diesen Abend auf ein hübsches Mägdchen zu Gaste gebeten.
O! das klingt galant! Nun glaube ich es bald selber. Ihr Herren Ehemänner, ihr mögt so wild oder so ausschweiffend seyn, als ihr wollt. Eine gute Frau findet schon Mittel, euch wieder zurechte zu bringen.