Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Horch, Geräusch, sie ist es! In der Abwesenheit ihrer Eltern wußte ich schlau unter fremdem Namen ihre Liebe zu gewinnen; nun kehrten sie zurück und kündigten ihr an, daß ihre Hand versprochen sei. Ich bewog sie, ihrem Herzen zu folgen und mit mir zu fliehen. Haha, armes Mädchen, dein Herz hat dich garstig betrogen! Er geht ab nach links und kehrt mit Janthe zurück.
Ach, die Angst hat mich entkräftet. Sie sinkt in seine Arme. Erst nach Mitternacht konnte ich das Haus verlassen. Die Zubereitungen zum festlichen Empfang des Lord Mersey, der morgen mit dem Frühesten erwartet wird, beschäftigten Vater, Mutter und das ganze Haus bis spät in die Nacht.
O so war es die höchste Zeit! Morgen schon wärst du auf ewig für mich verloren gewesen. Du, die Braut eines andern! Du, die mein Herz so zärtlich, so unsäglich liebt, du, die Frau eines andern! Ha, der Gedanke könnte mich zum Wahnsinn führen.
Ach, hätte ich meinem Vater deine Liebe geschildert, ihm gesagt, wie gut du bist, wie sehr mein Herz an dir hängt; ach, auch er ist ja so gut, er hätte mir gewiß verziehen und meine Liebe zu dir gebilligt. Warum hattest du mir auch verboten, gleich bei der Zurückkunft meiner Eltern der freudigen Regung meines kindlichen Herzens zu folgen.
Kannst du mir die Besorgnis meiner Liebe zum Vorwurf machen? Er, der geschworene Feind meines Hauses, nie hätte er in den Bund unsrer Herzen gewilligt, und seine Weigerung wäre mein Todesurteil gewesen.
Du kennst ihn nicht; kein Haß steht so fest in seinem Herzen, daß ihn die Liebe zu seiner einzigen Tochter nicht entwurzelt hätte. Ach, und heimlich konnte ich ihn verlassen, mit Thränen wird er am Morgen sein Kind suchen und nicht finden. Sie wendet sich weinend von ihm.
Ist denn nirgends ein Ausweg zu finden? Er kommt von links. Ein freier Platz ist hier, aber nach welcher Seite wende ich mich nun?
Welche Stimme? Er steht nun Ruthwen ganz nahe. Was seh' ich! Täuscht des Mondes matter Schimmer mein Auge nicht, so bist du Ruthwen!
Nein, menschliche Hilfe kommt zu spät – und doch – Aubry – wenn ich je dein Freund war – leiste mir einen wichtigen Dienst.
O rede, was kann ich für dich thun? Du warst einst der Retter meines Lebens, o daß ich dir vergelten, daß ich mein Leben für das deine opfern könnte.
So rede denn, was ist's! Was kann ich für dich thun? Welch seltsame Unruhe in deinem ganzen Wesen – lebt irgend jemand, um den du besorgt bist? Drückt irgend eine schwere Schuld dein Gewissen? – Rede, was ist's?
Nichts von allem – ich bitte dich nur – Aubry – leite mich hinauf auf jene Felsen Er zeigt nach dem Steinlager über der Höhle. und lege mein Gesicht so – daß die Strahlen des Mondes – mir in die Augen dringen.
Seltsam – und was soll? Von einem Gedanken erfaßt. Ha, welche Ahnung! Man sagt, daß jene fürchterlichen Geschöpfe –
Halt ein, Unglückseliger, vollende nicht! In jener Stunde, da ich dein Leben rettete, gelobtest du, für mich zu thun, was ich von dir verlangte. Wohl, so erfülle jetzt, um was ich dich bat, und schwöre mir zuvor, alles, was du von mir weißt, oder noch erfahren, oder auch nur ahnen magst, zu verschweigen.
Und verflucht seist du in den Abrund der Hölle, alle Strafe des Meineids laste zehnfach auf deiner Seele, wenn du den Schwur brichst! verflucht seist du, und wer dir angehört! verflucht sei, was du liebst, und was dich liebt! Schwöre mir!
Ah! – So – nun will ich ruhig mein Schicksal erwarten. – Leite mich hinauf. Er erhebt sich mühsam unter Aubrys Beihilfe.
Abends spät kam ich in Schellborn an, mein Pferd war so entkräftet, daß es die drei Meilen bis hierher nicht mehr machen konnte, da entschloß ich mich, die Nacht durch zu gehen, um heute der erste zu sein, der dir seinen herzlichen Glückwunsch zu deinem Geburtsfeste mit dem frühesten Morgen darbringt.
O Edgar, ich bin so froh! Mein Vater spricht seit einiger Zeit mit so viel Achtung von dir. Seit du das für ihn so wichtige Geschäft in London über alle Erwartung glücklich beendet, sieht er in dir nicht mehr den unbedeutenden Jüngling, für den er dich hier immer hielt. Noch vor einigen Tagen sagte er: »Schade, daß mir nicht ein solcher Sohn geworden, er würde den Glanz des alten Hauses Davenaut erhalten!«
Ach, Malwina, ich sehe darin nur die Sorge um den Glanz seines alten Hauses; nur daß ich mit diesem weitläufig verwandt bin, giebt mir in seinen Augen einigen Wert. Glaube mir, nie wird er mir, dem unbedeutenden Jüngling, die Hand seiner einzigen Tochter geben.
Nein, ich fürchte nun nichts mehr; ich glaube, er ahnt unsere Liebe und billigt sie. Bedeutungsvoll haftet oft sein Blick auf mir, und er scheint mein Geständnis zu erwarten. Als du ihm die Nachricht sandtest, daß die großen Besitzungen der Grafschaft Schellborn nun unangefochten sein Eigentum blieben, küßte der sonst so strenge Vater meine Stirn, und gerührt und voll Liebe sprach er zu mir: »Dich glücklich zu sehen, meine Tochter, sei jetzt meine einzige Sorge«.
Ach, nur Rang und Reichtum ist sein Glück, und
O trübe nicht durch deinen Zweifel meine frohe Hoffnung. Noch heute, an meinem Geburtstage, wenn mein Vater wie gewöhnlich mir die Gewährung jeder Bitte verspricht, will ich ihm zu Füßen sinken und das Geheimnis unsrer Liebe entdecken. – Still, er kommt!
Sir Aubry, seid mir herzlich willkommen! Er reicht Aubry die Hand. Einen wichtigen Dienst habt Ihr dem Hause Davenaut geleistet. Doch was Ihr thatet, fällt auf Euch selbst zurück.
Denn auch Ihr seid ein Sprosse dieses erlauchten Hauses, und je größer Glanz und Reichtum des Lords, je mehr Ruhm und Ehre für alle Glieder des Stammes. Doch fühl' ich mich Euch sehr verpflichtet, nehmt meinen Dank und Euer Glück sei künftig Eures Vaters Sorge.
Meine Tochter! Er umarmt sie feierlich und führt sie etwas nach links hinüber. Wohl habe ich oft gemurrt, daß mir kein Sohn geboren, daß der Name Davenaut, seit Jahrhunderten einer der edelsten in Schottland, mit mir aussterben soll. Komm an mein Herz, geliebte Tochter! Der Tag, der dich mir heut' vor achtzehn Jahren gab, er wird auch heut' durch dich mir einen Sohn geben, wert meines Hauses, deiner Liebe wert.
Ich habe längst bemerkt, was mir dein Mund verschwiegen; besorglich schien dein scheuer Blick mich oft zu fragen, soll ich allein dastehn, wenn mich mein Vater einst verläßt? Erraten hab' ich deinen Wunsch, und deiner Bitte komme ich zuvor, ich grüße dich als Braut.
Glaubt Ihr, ich wolle Euer Schuldner bleiben? Zwar seit Ihr meinem Hause nur fern anverwandt, doch Ihr seid ihm verwandt, dieses genügt mir, und ich versprach, für Euer Glück zu sorgen. Edelmut ist die angeerbte Tugend jedes hochländischen Edelmanns und der Name meines Schwiegersohns, er sei Euch Bürge, daß er stets in meinem Geiste handeln wird: Es ist der Graf von Marsden!
Der Bräutigam kam noch nicht an; er wird sich auf Davenaut verspätet haben, meine Tochter ist ihm entgegen gegangen.
Was ist das, du siehst ja so traurig aus, Emmy? Eine Braut muß fröhlich sein. Er spricht leise mit ihr weiter.
Ei nun, er wird schon kommen! Du weißt, daß heute des Fräuleins Geburtstag war, und da konnte der arme Junge gewiß nicht so zeitig fortkommen.
So ein vornehmes Fräulein möchte ich sein, Vater; da ließ mich George gewiß nicht warten. Sie geht mit Perth zurück und beobachtet nach links, ob George kommt.
Er wird schon kommen, sag' ich euch. Eine Braut ist wie eine volle Flasche Wein, die vergißt man nicht.
Green erzählt eben, die Tochter des reichen Berkley, drei Stunden hinter Davenaut, sei vergangene Nacht durch einen Vampyr umgebracht worden.
Nicht anders; ich war heute Morgen dort. Die Tochter war Braut, heute sollte die Hochzeit sein. In der Nacht, Glock' zwölf Uhr, vermißt der Vater die Tochter, alles wird gleich aufgeboten, sie zu suchen! Endlich findet man sie tot in der Vampyrhöhle.
Ja, was hilft das, so ein Geschöpf ist ja nicht umzubringen! Sticht man's heute tot, so steht es morgen wieder lebendig auf!
Nein, Gott sei Dank! Aber ich habe mir sagen lassen, sie sollen totenblaß aussehen, und ihre Opfer am liebsten im Mondenschein aufsuchen, weil dieser eine heilbringende Kraft für sie hat und sie unter seinem besonderen Schutze stehen.
Ach, seid Ihr es, Mylord? Freilich kenne ich Euch. Ihr seid der Bruder unsers verstorbenen Herrn, und jetzt
Auch kann ich nur wenige Stunden hier verweilen, ein Geschäft führte mich nach Davenaut. Ich hörte dort von deiner Tochter Hochzeit, und komme, die Feier durch meine Gegenwart zu verschönern. Die treuen Dienste, welche du meinem Hause geleistet, erfordern meine Dankbarkeit. Ich will, daß die Hochzeit auf meine Kosten gefeiert werde, und so glänzend als möglich. Betrachte den herrschaftlichen Keller heute als den deinigen.
Laß sogleich den großen Saal erleuchten, dort will ich selbst Zeuge der heiligen Handlung sein, und der Braut den Myrtenkranz ins Haar flechten.
Ach, so verzeiht, gnäd'ger Herr, daß ich vorhin bei Eurem Anblick so erschrocken bin, aber wir hatten gerade ein schauerliches Märchen erzählt, als Ihr so unvermutet zu uns kamt.
Hier, schöne Braut, nimm diesen Ring zur Vergütung des Schrecks, den ich dir verursacht habe. Er steckt ihr den Ring an.
Als Hochzeitsgast muß ich dir doch wohl ein Geschenk machen! Ich werde überdies für eine Ausstattung für dich Sorge tragen, und wenn du willst, deinen künftigen Mann auf meinen Gütern anstellen.
Ich werde mich indes mit der Braut über die künftige Versorgung beraten. Wenn alles in Ordnung ist, laß mich rufen, daß ich den Tanz mit der schönen Emmy eröffne.
Durch deine Schönheit, liebe Emmy, die mich bei dem ersten Anblick so sehr für dich einnahm, durch deine Liebenswürdigkeit, die mich immer mehr und mehr zu dir hinzieht.
So ist's recht, mach' du mir noch Vorwürfe! Aber das ist schön, daß du hier im Mondenschein mit fremden jungen gnäd'gen Herrn scharmierst, dir die Hand drücken, dich um den Leib fassen und am Ende gar küssen läßt? Nicht wahr, das ist schön?
Ach, das war ja unser neuer gnäd'ger Herr! Und er will uns versorgen! Sie zeigt den Ring an ihrem Finger. Sieh nur den kostbaren Ring, den er mir schenkte. Er ist so gut, so liebreich, so herablassend, so –
Wie du nun wieder bist. Ich bin ja bloß deinetwegen freundlich gegen ihn, damit er dich recht vorteilhaft anstellt.
So? Abweisend. Meinetwegen! Glaubst du, ich habe nicht bemerkt, wie du ihn immer angesehen hast? So freundlich, so zärtlich, so wie du niemand ansehen solltest als mich. Selbst wie ich vortrat, konntest du keinen Blick von ihm verwenden. Er zeigt auf seine Pistolen. Siehst du die Pistolen hier? Ich habe sie mitgenommen, weil man mir sagte, der Weg sei nicht sicher. Mit denen schieß ich mich tot, wenn du ihn noch einmal so ansiehst.
Sei doch nicht so wild, lieber George, er geht ja noch heute wieder fort – Mit einem unwillkürlichen Seufzer. und wer weiß, ob ich ihn jemals wiedersehe. Sie geht an ihm vorüber nach rechts.
Ja, er muß noch heute zurück nach Davenaut, er soll unser Fräulein heiraten. Aber die ist nicht so wie du. Sie liebt den jungen Herrn Aubry und war nicht so freundlich gegen den Grafen. Mit Thränen hat sie ihren Vater gebeten, den gnäd'gen Herrn wieder wegreisen zu lassen.
Ja. Dir ist's wohl nicht recht? Du könntest vielleicht selber noch eine gnäd'ge Frau werden, nicht wahr? Das ist doch dein höchster Wunsch! O ich Dummkopf! Um dir eine Freude zu machen, weil ich wußte, daß du es gern hast, wenn es recht vornehm bei unsrer Hochzeit hergeht, bitte ich den gnäd'gen Herrn, hierher zu kommen. Deine Freundlichkeit gegen ihn muß er aber schon geahnt haben; kaum sage ich ihm, daß es hier eine Hochzeit giebt, so springt er auf, läßt ein Pferd satteln, nimmt kaum Abschied von unserm alten Herrn und sprengt im Galopp hierher. Ich Esel keuche hinterdrein, um die Freude zu haben, zuzusehen, wie er meine Braut küßt.
Himmel, verleihe meinen Worten Kraft, sein Herz zu rühren. Retten muß ich sie, und sei der Preis mein Leben! Können meine Bitten ihn nicht bewegen, von seinem Vorhaben abzustehen, mein Entschluß ist gefaßt, so eile ich zum alten Lord zurück, breche den fürchterlichen Schwur, und entdecke ihm das schreckliche Geheimnis, möge daraus entstehen, was da wolle.
Ja, überall hin werde ich dir folgen, alle deine Schritte bewachen, überall dich bitten und beschwören, den entsetzlichen Gedanken aufzugeben: überall dir drohend entgegentreten, dir mit Gewalt dein Opfer entreißen. Ruthwen, ich liebe Malwina, ich werde von ihr wieder geliebt! Wenn noch ein Gefühl von Menschlichkeit in deinem Herzen zurückblieb, so laß ab von ihr, morde nicht das Glück zweier Menschen. Er kniet. Hier auf meinen Knieen beschwöre ich dich, weiche von ihr zurück, ich will zu dem Er steht auf.
Verschwende nicht unnötige Worte, thörichter Knabe! Mich treibt mein fürchterliches Schicksal. Zürne, tobe, rase gegen den ewigen Kreislauf der Natur! Kannst du ihn stillstehen heißen? Kannst du das Dasein der ganzen Schöpfung in ein leeres Nichts zurückwerfen? Thu's! Ha, auf meinen Knieen will ich dir danken! Ohnmächtiger, geh! Laß ab von mir.
Wenn Ihr doch den gnäd'gen Herrn bereden könntet, mit Euch nach Davenaut zurückzukehren. Er zerstört mir meine ganze Hochzeitsfreude, er ist immer um meine Braut, spricht und tanzt beständig mit ihr; und sie thut auch, als wenn ich gar nicht auf der Welt wäre, und ist so freundlich gegen ihn, als wäre er der Bräutigam. Die jungen Burschen foppen mich schon damit, allen Hochzeitsgästen diene ich zum Gespötte; ich ertrage es nicht länger!
Unglücklicher! Und du verließest sie? Kehre
Frage nicht, geh' schnell hinein zu ihr! Ich eile nach Davenaut zurück! Gott! Gott! wie wird das enden!
Siehst du, ich habe auch eine bei mir – und zwei hab' ich noch in der Tasche; denn Trinken, Bruder, siehst du, Trinken, das ist: Trinken! Es giebt viel Annehmlichkeiten in der Welt, aber doch nur drei Hauptvergnügungen.
Du bist ein guter Christ, aber du hast's nicht getroffen. Siehst du, Bruder, das erste ist: Trinken! und das Zweite ist: Trinken! und das dritte ist: Trinken!
Hahaha! Nicht wahr, ich habe recht? Denn seht: Singen? Singen ist gut, ich singe auch, aber man kann doch nicht immer singen, man kriegt's satt. Und Weiber? O ja! o ja! – Aber – na, davon wollen wir nicht reden, das weiß ich und meine Suse am besten. Aber Trinken? Seht ihr, Trinken, das ist: Trinken!
Vergebens sinne ich hin und her, kein Mittel zeigt sich mir, die schreckliche That zu verhüten! Malwina
Ach, umsonst habe ich meinen Vater mit Thränen gebeten, den Gedanken an jene verhaßte Verbindung aufzugeben; vergebens ihn beschworen, mir nur Aufschub zu gewähren; fest beharrt er auf seinem Sinn, fühllos gegen meine Leiden. Die Gäste sind versammelt, die Kapelle geschmückt, nur die Rückkunft des Grafen wird erwartet, um mein Unglück durch Priestersegen zu heiligen. Sie wendet sich ab und weint bitterlich. Vor der Kapelle steht der Wagen des Grafen, um sogleich nach der Trauung –